Arno von Rosen

Der Bestseller


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machte, was hin und wieder vorkam, wenn sein Elternhaus auf dem Weg von oder zu einer Party lag, um sich zu stärken, die Klamotten zu wechseln oder nach zusätzlichem Taschengeld zu fragen.

      Ein beneidenswertes Alter. Fast keine Verantwortung und Spaß ohne Ende, wenn man wusste wie.

      So stieg Ben kurze Zeit später in seinen Wagen, und der Diesel schnurrte kaum merklich, als er die Auffahrt vor den Garagen verließ, um sich auf den Weg nach Italien zu machen.

      Das Haus verschwand hinter der nächsten Biegung aus seinem Blickfeld und er fuhr durch das verschlafene Marburg in Richtung Autobahn. Das Wetter war genau richtig. Fast keine Wolken, kein Verkehr und Regen war nicht in Sicht. Italien konnte kommen.

       15. Kapitel

      „Verdammte Scheiße!

      Haben die keinen anderen Idioten, den sie am Freitagnachmittag durch die halbe Stadt schicken können?

      Um was geht es überhaupt?“

      „Mord“, antwortete die Blondine, ohne mit der Wimper zu zucken.

      Grundsätzlich hätte niemand vermutet, dass Sarah Koenig als Kommissarin bei der Düsseldorfer Mordkommission arbeitete. Im Gegenteil. Hätte sie behauptet als Model tätig zu sein, hätte das jeder der 1,76 Meter großen, blonden Erscheinung abgekauft.

      Die meisten Kollegen beneideten Frank Kremer um diese Partnerin, selbstverständlich ausgenommen Frank Kremer selbst. Nicht weil Sarah besonders ehrgeizig war, oder clever, und er dadurch Angst um seinen Job hatte.

      Clever war die 32 jährige bestimmt, und außerdem sehr intuitiv und zielstrebig, aber er hielt seine Situation nicht für besonders beneidenswert, da ihn jeder damit verscheißerte, sich diese Kollegin an Land gezogen zu haben, was natürlich völliger Unsinn war, aber gegen Gerüchte ist nun mal kein Kraut gewachsen.

      Tatsächlich hatte der Polizeipräsident seine Finger persönlich im Spiel gehabt, da Sarah einen sehr einflussreichen Vater hatte, der wollte, dass seine Tochter in guten Händen war, wenn sie schon unbedingt bei der Polizei arbeiten wollte.

      Man konnte Hauptkommissar Kremer einiges anlasten. Unbeherrschtheit, bis hin zum Choleriker, Genauigkeit die an Pedanterie grenzte, und vor allem hatte er wenig Sinn für übertriebene Diplomatie, aber er war ein unschlagbarer Bulle, wenn es um seinen Job ging.

      Aus seinem Team war noch niemand in Gefahr geraten, und seine Erfolgsquote lag nahe bei 100 Prozent. Kurz um, wenn es heikel wurde oder die Kacke am dampfen war, und sich niemand freiwillig meldete, kam sein Name ins Spiel. So war es auch diesmal.

      „Warum passierte das auch ausgerechnet am Freitag, wenn alle Straßen überfüllt sind, und ich mein erstes freies Wochenende seit vier Wochen habe“, brummte er zornig in sich hinein.

      Frank nahm einen letzten Schluck aus der Kaffeetasse, und knallte diese auf seinen Schreibtisch. Die knapp sieben Kilometer vom Präsidium bis zum Messegelände führten direkt an der Altstadt vorbei, und das war bei der Tageszeit am Freitag kein Selbstgänger.

      Sie würden sicher über eine halbe Stunde brauchen bis sie dort ankamen, und erfahrungsgemäß waren bis dahin alle Zeugen und Verantwortlichen schon ungeduldig, egal ob sie etwas zu berichten hatten, oder nur für den Fortlauf der Veranstaltung sorgen wollten. Als ob nur ein Eimer Wasser umgefallen wäre.

      Er konnte die Filmschinken kaum ertragen, in denen die Polizisten immer in zehn Minuten am Tatort waren, und man sehen konnte, wie diese mit Vollgas durch die Stadt brausten, und alle Verkehrsteilnehmer sofort Platz machten, egal ob in New York, Paris oder sonst wo auf der Welt.

      Kein Schwein kümmerte heutzutage ein Zivilfahrzeug mit Blaulicht, vor allem nicht an Kreuzungen und Ampeln im Freitagnachmittag Feierabendverkehr in Düsseldorf.

      Frank schwor sich, bei der nächsten Gelegenheit dem Polizeipräsidenten mitzuteilen, wo er sich die Personaleinsparungen hin stecken konnte.

      Sarah hingegen, war mehr als glücklich über die Zuteilung ihres Partners gewesen, galt Frank Kremer zwar als schwierig, aber auch als einer der Besten, den die Kripo in Deutschland zu bieten hatte. Und sie wollte auf jeden Fall mit den Besten arbeiten.

      Sie hatte noch nie nein zu Überstunden, oder außergewöhnlichen Arbeitsmethoden gesagt. Außerdem kam sie ohnehin mit der direkten Art von Frank gut zurecht, weil sie ähnlich gelagert, aber etwas umgänglicher war, wenn es galt diplomatisch zu sein.

      Eine Lektion, die sie schon von ihrem Vater gelernt hatte, der ein großes Unternehmen im Import und Export Bereich besaß. Er pflegte gute Kontakte nach China, lange bevor jemand in Deutschland oder den USA auf die Idee gekommen wäre, mit den Chinesen Geschäfte zu machen.

      Karl Koenig hatte durch seine Verbindungen in die Politik erreicht, dass Sarah zumindest beim Besten seines Faches unterkam, auch wenn es ihm lieber gewesen wäre, dass Sarah in seiner Firma gearbeitet hätte, zumal die Kosten für die Universitäten im In- und Ausland ein kleines Vermögen verschlungen hatten.

      Sarah zog die Augenbrauen hoch, und rezitierte die bekannten Fakten, als ob sie von einem Blatt ablesen würde.

      „Auf der „Caravan“ wurde ein Mann tot in einem Luxus Wohnmobil aufgefunden. Das ist jetzt 25 Minuten her. Der Tatort ist bereits von Sicherheitskräften der Messeorganisation abgesperrt, und alle Mitarbeiter und Kunden sind noch vor Ort.“

      In einem sehr viel jovialeren Tonfall fragte Frank.

      „Wie kommst du drauf, dass es sich um Mord handelt?“

      Mit einem süffisanten Lächeln erwiderte Sarah.

      „Das muss an dem Einschussloch im Brustkorb des Opfers liegen, und daran, dass er sich wahrscheinlich nicht selbst in die Service-Klappe des Wohnmobils gelegt hat.“

      Eigentlich wusste Oberkommissar Kremer den leichten Sarkasmus seiner Partnerin zu schätzen, aber in diesem Fall würde das bedeuten, dass sie beide heute nicht nach Hause fahren würden, und er das Wochenende vergessen konnte.

      Seine Ex würde toben, da er an diesem Wochenende einen Ausflug mit seinem Sohn machen wollte, den er schon zweimal zuvor abgesagt hatte. Das Verhältnis zu seiner Ex-Frau war eigentlich ganz OK, wenn man davon absah, dass die Beziehung schon vor Jahren in die Brüche gegangen war, weil er ausschließlich mit seiner Arbeit verheiratet war.

      Birgit und er hatten zwar Waffenstillstand vereinbart, aber wenn sie heute wieder Theater machte, konnte er es verstehen, denn sein Sohn würde sehr enttäuscht sein, auch wenn er einen väterlichen Freund im neuen Mann seiner Ex gefunden hatte, der als Architekt mehr Zeit erübrigen konnte, als Frank für seinen Sohn aufbringen konnte. Er wischte seine Gewissensbisse beiseite und konzentrierte sich auf den Fall.

      „Weiß man, wer das Opfer war?“

      „Nein, er hatte keine Ausweispapiere bei sich“, antwortete Sarah. „Ich hab’ bereits die Jungs von der Spurensicherung angerufen, und die sind schon auf dem Weg.“

      „Gut gemacht“, beruhigte sich Frank langsam wieder, und überließ jetzt seinem Gehirn wieder die Kontrolle über seine Handlungen.

      „Bitte sag’ noch der Forensik bescheid, dass sich jemand bereit hält. Am gesamten Wochenende.“

      „Hältst du das wirklich für notwendig Frank? Du weißt, dass die Überstunden alle begründet werden müssen.“

      Einen Moment sah es so aus, als ob Frank die Frage nicht gehört hatte. Er zog die Stirn in Falten, und starrte aus dem Fenster auf den stockenden Verkehr vor dem Polizeigebäude.

      „Weißt du Sarah, ich hab ein sehr ungutes Gefühl bei der Geschichte. Eine Leiche auf einer Messe, und das mitten am Tag. Wenn es nicht um eine unmittelbare Beziehungstat geht, haben wir ein weites Feld zu bearbeiten, und dann brauchen wir jeden verfügbaren Mann, vor allem die Forensik.“

      Sarah hakte die Sache damit ab, denn wenn Frank ein ungutes Gefühl hatte, war meistens mehr dran, als