Arno von Rosen

Der Bestseller


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von Blanke wies auf Datenaustausch im Profi Bereich hin, und das machte Pavel stutzig.

      War Blanke ein Profi wie er, nur stationär?

      Jedenfalls arbeitete Karl Blanke nicht für dieselbe „Firma“ wie er, also galt es herauszufinden, was die mögliche Gegenseite wusste. Fehler konnte er sich keine erlauben, da zuviel auf dem Spiel stand, nicht zuletzt seine Reputation.

      Zu gegebener Zeit würde er einen Hausbesuch machen, und wenn es dann etwas zu finden gab, würde er es schon entdecken.

      Dafür war aber noch Zeit, bis er einen persönlichen Kontakt hergestellt hatte. Im besten Falle jagte er allen Beteiligten einen Schrecken ein, und verschwand dann auf nimmer Wiedersehen.

      Die zeitweise Rückversetzung in den Außendienst bescherte ihm wieder dieses heiße Kribbeln im Nacken, das er am Anfang seiner Karriere als stimulierend empfunden hatte, aber ihn heute eher zum Nachdenken nötigte, und das war es auch, was er mit der Versetzung in den Innendienst eigentlich hatte verhindern wollen. Es würde sowieso keine Rolle spielen, was er dachte, sondern nur was gut fürs Geschäft war.

      Pavel wischte alle Gedanken beiseite, stieg in den blauen, unscheinbaren Golf ein, und machte sich auf den Weg nach Köln, um Fakten zu schaffen.

       9. Kapitel

      Karl erwachte einigermaßen erholt in seinem Hotelbett.

      Zu dieser Zeit in Düsseldorf oder Köln ein Zimmer zu bekommen, während der Messe-Hochsaison, hatte den Verlag bestimmt eine Stange Geld gekostet.

      Das Hotel war nichts besonderes, aber das Zimmer war sauber, der Fernseher funktionierte, und wenn das Frühstück ebenfalls noch passte, stand einem entspannten Gespräch nichts mehr im Wege.

      Er schaltete den Fernseher ein, und sah sich die neuesten Entwicklungen der Wirtschaftskrise an, aber ohne wirkliches Interesse. Viel mehr wollte er wissen, ob das Wetter für die Heimreise gut war, oder ob sich etwas zusammenbraute.

      Da sich der Bericht in die Länge zu ziehen schien, entschied er sich zuerst für eine kalte Dusche, um die Lebensgeister zu wecken, notfalls konnte er dann den Wetterbericht online abzurufen, um danach das Frühstücksbuffet zu stürmen.

      Erst jetzt merkte er, dass er richtigen Hunger hatte. Wahrscheinlich war ihm der Trubel um das verdammte Buch auf den Magen geschlagen, denn seit gestern Mittag hatte er nichts mehr gegessen. So beeilte er sich im Bad, zog sich schnell an, und ging mit noch nassen Haaren in den Frühstücksraum, im Erdgeschoss des Hotels.

      An der Rezeption holte er sich den Beleg fürs Buffet, da er gestern erst spät eingecheckt hatte, und fragte, ob jemand Nachrichten für ihn hinterlassen hätte. Es waren keine hinterlegt worden, und eigentlich hatte er auch nicht damit gerechnet, dass Groth oder Ben etwas am ursprünglichen Ablauf ändern wollten.

      Auf dem Weg zum Frühstücksbereich wurde er von einem Mann im Anzug und einem großen Koffer angerempelt, der schnell ein „Tschuldigung“ murmelte und Richtung Ausgang verschwand.

      Typisch Messebesucher, dachte Karl. Gestern war der Kerl wahrscheinlich noch in irgendeiner Kneipe in Köln oder Düsseldorf versackt, und heute wollte er schnell auf die Messe, um noch Geschäfte zu machen, bevor es wieder zurück zu Frau und Kindern ging.

      Viele Aussteller und Besucher freuten sich auf die kleine Abwechselung im Berufsalltag, konnte man doch mit Kollegen oder Geschäftspartnern ab und zu am Abend die Sau raus lassen, in einem der vielen Restaurants, Bars und Strip Clubs der Umgebung.

      Auch er war früher regelmäßig auf diesen Ausstellungen gewesen, und hatte gerne ein kleines Restaurant in Düsseldorf aufgesucht, in dem es eine köstliche, ungarische Küche gab. Er überlegte kurz, ob er nach dem Termin mit Groth noch beim Csikôs vorbeifahren sollte, entschied sich aber dagegen. Er wollte Ben heute noch treffen, bevor dieser in der Nacht nach Süditalien fuhr, um sich die vakante Behausung anzusehen.

      Schließlich wollten sie keine weitere Zeit verschwenden, und der Käufermarkt für Immobilien war noch nie so günstig wie gerade jetzt. Das würde aber nicht lange so bleiben. Jeder der Geld hat, sollte in schlechten Zeiten Immobilien kaufen, da der spätere Gewinn meistens beträchtlich war, auch wenn sie nicht vor hatten wieder zu verkaufen. Sie suchten etwas für das Alter, oder ein schöneres Arbeiten im Winter, und natürlich für die Familie.

      Jetzt strebte er aber erstmal auf die Leckereien zu, um sich für den Tag mit Speck, Eiern, Brötchen und vielem mehr zu stärken.

      Das Frühstück war allerdings nicht ganz so gut, wie er es erhofft hatte, aber es gab Schinken mit Rührei und Würstchen, und dazu Literweise guten Kaffee. Marmelade oder Obst brauchte er nicht am Morgen. Es tat auch ein ordentliches Steak. Süßigkeiten waren ihm eher ein Graus, und von ihm aus könnte es auch drei warme Hauptmahlzeiten am Tag geben.

      Trotzdem wog er gerade einmal 82 Kilogramm bei 1,87 Meter Körpergröße, während viele seiner Altersgenossen, so wie Ben, eher schon die 100 Kilo überschritten hatten. Musste wohl am Stoffwechsel liegen, oder an seinen guten Genen. Jedenfalls konnte er ständig ohne Hemmungen reinhauen, ohne ein Gramm zuzunehmen.

      Er hatte zwar schon ein paar graue Haare, aber nicht mal den Ansatz von Haarausfall, was beim weiblichen Geschlecht sehr gut ankam, sehr zum Leidwesen seiner Lebensabschnittsgefährtin, wie es so schön im Neudeutsch hieß.

      Das eine oder andere Mal hatte er sich schon auf Affären eingelassen, war aber immer sehr diskret gewesen, obwohl ihm Ben öfter Vorhaltungen darüber gemacht hatte, seine Beziehung zu gefährden und ähnliches mehr.

      Sicher hatte Ben Recht, aber er sah nun mal verdammt gut aus, und dauernd zu widerstehen war einfach nicht sein Ding.

      Er ging nach der Stärkung noch schnell auf sein Zimmer, packte seine sieben Sachen in den Koffer, und suchte seine Haarbürste, die er eigentlich im Bad vermutet hatte, die sich aber neben dem Fernseher befand. Wahrscheinlich hatte er sie dort liegen lassen auf dem Weg nach unten. Auch er konnte ja mal etwas vergessen.

      Die junge, geschäftig wirkende Dame am Empfang hatte bereits seine Garagenkarte gestempelt. Die Rechnung war bereits vom Verlag bezahlt, sodass die Abfertigung zügig ablaufen sollte.

      Karl grinste das Mädchen mit seinem jungenhaften Charme an, und bekam sofort ein Lächeln zurück, mit der Frage, ob man sonst noch etwas für ihn tun könne.

      Es juckte Karl in den Fingern etwas zu sagen wie, nur wenn sie mit mir essen gehen wollen, oder so was in der Art. Es ist erstaunlich, wie oft so etwas funktioniert, wenn man das gewisse „Etwas“ hat, aber heute hatte er beschlossen keine Zeit für solche Freuden zu verschwenden, und so sagte er einfach, nach einem kurzen Blick auf ihr Namensschild.

      „Nein danke Viola, vielleicht ein anderes Mal.“

      Eine Antwort kam prompt zurück.

      „Wir würden sie gerne jederzeit hier wieder empfangen“, versehen mit einem vertraulichen Augenzwinkern.

      Sicher würdest du das, kleine Viola, dachte er bei sich.

      Geschmeichelt, und ein ganz kleines bisschen enttäuscht, verließ er wegen der verpassten Möglichkeit das Hotel, und fuhr mit dem Auto aus der Tiefgarage in Richtung Messegelände. Karl hing dabei noch seinen unkeuschen Gedanken nach.

      Den blauen Golf, der ihm vom Hotel aus folgte, bemerkte er nicht im dichten Berufsverkehr. Schließlich wollte er sich in einer knappen Stunde mit Groth treffen, und das Navi zeigte eine Restdauer von fast 43 Minuten an, wenn er in diesem Schneckentempo weiter fahren sollte.

       10. Kapitel

      „Inge!“, rief Reiner nach seiner Assistentin, obwohl diese schon hinter ihm stand.

      „Was ist den Chef?“, antwortete diese mit süffisanter Stimme, kannte sie doch die Stressanfälligkeit des Lektors, wenn es um schwierige Fälle ging. Den Autor des Bestsellers des Jahres zum Outing zu bewegen, war bestimmt in diese Kategorie einzuordnen.