M. C. Steinweg

Safe!


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links unter ihrem Balkon befand und so aussah, als wäre er in den Felsen hinein gemeißelt worden.

      Unter ihrem Balkon befanden sich noch drei weitere terrassenförmig angeordnete Balkone, bevor der nächste Quergang zu dem darunter liegenden Zimmertrakt kam. Wenn jemand versuchen sollte in ihr Zimmer einzudringen, dann würde das sicherlich von der vorderen Zimmertüre aus geschehen. Doch heute, so schätze sie, wäre sie noch einigermaßen sicher. Ab Morgen musste sie damit rechnen, dass sie ungebetenen Besuch bekam. Zeit also, sich vorzubereiten.

      Mit den anderen Touristen wartete Eve kurz vor zehn Uhr in der Hotellobby auf die Ankunft des Shuttlebusses nach Puerto de Mogan, dem nächsten Ort. Fast pünktlich ächzte dieser zwei Minuten nach zehn den Berg hinauf zum Hoteleingang. Ihre Handtasche fest im Griff, stellte sie sich brav in die Schlange der Touristen, um in den Bus zu steigen.

      ***

      Marcus Whitburn beobachtete Eve von seinem Lieblingsplatz in der Lobby. Er hatte Recht mit seiner Annahme behalten, dass seine schöne Unbekannte sich heute auf den Weg in den nächsten Ort machte. Er beobachtete sie, wie sie ein wenig abseits von der Gruppe der übrigen Touristen auf den Bus wartete. Als dieser schließlich vor dem Hoteleingang hielt, stand er von seinem Platz auf und schloss sich den Touristen im Bus an.

      Er beobachtete sie, er konnte schlichtweg einfach seine Augen nicht von ihr lassen. Als sie ihm morgens am Pool begegnet war, hatte sie ihn mit ihrem scheuen Lächeln fast den Atem geraubt. Peinlicherweise spürte er, wie er trotz des kühlen Wassers in eindeutiger Weise auf sie reagierte. Dadurch dass sie so schnell an ihm vorbei geeilt war, konnte sie seine Reaktion nicht sehen.

      Auch wenn er sich gerne mit ihr unterhalten hätte, wäre ein Rückzug in den Pool und damit ein Verbergen des optischen Auswuchses seiner Begierde von Nöten gewesen. Obwohl er mit seinem Schwimmpensum eigentlich durch war, musste er noch einige Runden schwimmen, um ohne Aufsehen zu erregen aus dem Wasser steigen zu können. Das war ihm seit seiner Zeit als Teenager nicht mehr passiert. Anschließend hatte er sie im Restaurant gesucht und leider nicht gefunden. Er beglückwünschte sich selber zu der guten Idee, sein Glück in der Lobby zu versuchen. Während er in den Bus stieg, suchte er die Sitzreihen ab, bis er sie fand. Schmal und übernächtigt saß sie an einem Gangplatz.

      ***

      Hinter der Ausstiegstür im Heck des Busses setze sich Eve auf einen freien Zweiersitz. Dabei blieb sie auf der Gangseite sitzen und legte demonstrativ ihre Tasche auf den Fensterplatz neben sich. Die Botschaft war offensichtlich, sie wollte alleine bleiben. Zu ihrer Überraschung stieg ihr Libidobeschleuniger, wie sie ihren unbekannten Chippendale heimlich nannte, ebenfalls in den Bus.

      Sie sah seinen Blick über die Sitzreihen gleiten. Einen Wimpernschlag lang blieben seine blauen Augen auf ihr liegen. Oh ja, diese blauen Augen waren definitiv wie der Rest des Mannes dazu geschaffen, sich als Frau willenlos unter ihn zu legen und sich hemmungslos verwöhnen zu lassen. Sie beobachtete leicht amüsiert, wie er zielstrebig durch den Bus nach hinten lief und sich direkt neben ihr auf der gegenüber liegenden Fahrzeugseite ebenfalls auf dem Gangplatz setzte.

      Nur der schmale Durchgang zwischen den Sitzen trennte sie voneinander. Eine unerwartete Hitzewelle schoss in Eve hoch. Ihr Herz klopfte bis zum Hals hoch und in ihrem Bauch legte ihre Libido die nächste Runde Stepptanz ein. Peinlich berührt von der verräterischen Reaktion ihres Körpers, versuchte sie ihn möglichst nicht zu beachten. Angestrengt sah sie aus dem Fenster, hektisch darum bemüht, ihm Desinteresse vorzugaukeln, während sie verzweifelt versuchte, ihre Emotionen wieder unter Kontrolle zu bekommen.

      ››Geht es Ihnen inzwischen etwas besser?‹‹, fragte er sie mit einer angenehm klingenden Stimme. Er sprach lupenreines Englisch, was dem erotischen Klang seiner Stimme überhaupt keinen Abbruch tat. Herrje, dieser Mensch war auch noch Sex für die Ohren!

      ››Ähh, wie bitte?‹‹, fragte Eve in dem schlechtesten Englisch seit ihrer 5. Schulklasse zurück.

      Das wirkte jetzt nicht sehr intelligent, aber mehr fiel ihr in dieser Situation nicht ein. Plötzlich fühlte sie sich unendlich schüchtern. Sie war sich sicher, dass ihr Körper, dieser miese Verräter, ihre Gesichtsfarbe deutlich ins Rötliche färbte.

      ››Ob es Ihnen inzwischen besser geht. Sie sahen gestern ziemlich fertig aus.‹‹, wiederholte er seine Frage langsam und musterte Evelyn dabei mit diesen hochgradig beunruhigend blauen Augen.

      ››Ja, ich schätze schon.‹‹, antwortete sie nahezu wahrheitsgemäß zurück. Was sollte sie auch schon großartig sagen? Wenn er wüsste vor was oder vielmehr vor wem sie weggelaufen war, hätte dieser Traum von einem Mann die längste Zeit neben ihr gesessen und sich mit ihr unterhalten.

      ››Ich heiße übrigens Marc. Eigentlich Marcus, Marcus Whitburn, aber meine Freunde sagen Marc zu mir.‹‹

      Stellte er sich vor und streckte Eve seine braun gebrannte gepflegte Hand herüber. Der Typ war wandelndes Viagra für Frauen. Was um Himmels Willen wollte er ausgerechnet von ihr? Evelyn wollte nicht unhöflich sein, schließlich hatte er ihr ja nichts getan und für sein Aussehen konnte er nichts. Also ergriff sie seine ausgestreckte Hand.

      ››Mein Name ist Evelyn Dexter. Meine Freunde sagen Eve zu mir.‹‹, stellte sie sich nun ihrerseits vor. Seine Hand fühlte sich kräftig und warm an, sehr angenehm.

      Er schenkte ihr erneut ein Lächeln, das einen Teil seiner schönen weißen Zähne zeigte und Evelyn an die Existenz einer bestimmten Muskelgruppe im Bauch erinnerte.

      ››Lag es an dem Flug?‹‹ Marc beobachtete innerlich amüsiert, ihr Bemühen, ablehnend zu wirken.

      ››Was?‹‹

      Das Wort war draußen bevor sie über eine Antwort nachgedacht hatte. Spätestens jetzt musste der Kerl, Marc, sie für reichlich unterbelichtet halten. Doch selbst wenn es ihm so erging, bemerkte sie davon nichts. Er schenkte ihr noch ein weiteres hinreißendes Lächeln. So sündig wie Schokolade aber kalorienfrei.

      ››Lag es am Flug, dass es dir gestern nicht so gut ging?‹‹ Wie gerade schon, wiederholte er seine Frage in einem langsamen und besser verständlichen Englisch. In Eve versteifte sich bei der Erinnerung an den gestrigen Tag alles. Krampfhaft schluckte sie die aufkommende Übelkeit herunter. Nein, am Flug lag es definitiv nicht.

      ››Ja.‹‹ Hörte sie sich selbst antworten.

      ››Turbulenzen?‹‹ Marc drehte sich in seinem Sitz in ihre Richtung.

      ››Hmmh.‹‹ Dabei nickte sie unbestimmt. Marc war wirklich hartnäckig.

      ››Tut mir leid, ich wollte dir nicht zu nahe treten. Es geht mich ja auch nichts an!‹‹ Verlegen zog er sich zurück. Anscheinend hatte Marc die Wirkung seiner Charmeoffensive überschätzt. So sehr wollte er sich nicht aufdrängen. Auf der anderen Gangseite tat Eve ihre ablehnende Haltung leid. So hatte sie das nicht gemeint.

      ››Nein, nein, du brauchst dich wirklich nicht entschuldigen. Es ist ... einfach ... etwas kompliziert und ich möchte nicht drüber sprechen.‹‹, stotterte Sie verlegen und errötete dabei.

      Der Blick aus seinen unglaublich blauen Augen löste bei ihr das Gefühl aus, ein unreifer Teenager zu sein. Er gefiel ihr – sogar sehr, wie sie vor sich selbst zugeben musste. Das Denken fiel ihr in seiner Gegenwart schwer, vom Sprechen ganz zu schweigen und kaum heftete sich sein Röntgenblick auf sie, hatte sie nichts Besseres zu tun als zu erröten. Himmel, so schüchtern war sie doch gar nicht.

      ››Ah, ich verstehe.‹‹ Marc verstand gar nichts. Wieso war an einem Flug etwas kompliziert? Ist sie auf dem Kopf stehend nach Gran Canaria geflogen oder hatte die Fluggesellschaft lediglich einen fliegenden Teppich zur Verfügung gestellt? Nein, es fehlte ihm ehrlich gesagt an der Vorstellungskraft, die er mit seiner Aussage soeben vorgegeben hatte. Aber wenn man keine Ahnung hatte, sollte man wenigstens so rüberkommen, als wüsste man tatsächlich Bescheid.

      Eve schaute ihn an und wunderte sich. Ach tatsächlich? Er konnte diese unbestimmte Aussage verstehen? Was konnte denn an einem Flug wohl