Скачать книгу

stimmt – leider! Die können uns doch alle besuchen kommen. Unsere Wohnung müssten wir natürlich aufgeben, unsere Möbel nehmen wir mit. Ist ja alles neu. Ich dachte, wir suchen uns dort eine Wohnung, wenn es uns gefällt. Schatz, ich verdiene da so viel, vielleicht werden wir irgendwann ein kleines Haus haben können. Die Preise dort sind nicht so hoch wie hier.“

      Ein Haus? Ein eigenes, kleines Haus? Das könnten wir uns hier nie leisten!

      Plötzlich fällt mir mein Traum wieder ein. Habe ich von unserem Haus geträumt? Das kann nicht sein!

      Schon seit meiner Kindheit habe ich hin und wieder Träume, die sich erfüllen. Nur meine Schwester weiß darüber Bescheid. Bei mehreren Versuchen, es meiner besten Freundin zu erzählen, musste ich feststellen, dass sie mir nicht glaubte. Um nicht als verrückt abgestempelt zu werden, rede ich nur mit meiner Schwester darüber.

      Lange Zeit glaubte sie mir nicht, bis ich ihr eines Tages von einem Traum erzählte, in dem mein gerade gekauftes Auto geklaut wurde. Ich träumte, dass man mir noch vor Jahresende mein Auto vom Parkplatz stehlen würde, wo ich es am nächsten Tag wieder finden würde und was alles kaputt wäre. Für diesen Traum erntete ich nur ein müdes Lächeln von ihr. Das ganze Jahr über passierte nichts. Ich hatte schon fast meinen scheußlichen Traum vergessen. Bald war Silvester. Wir feierten bei mir. Mein Auto stand auf dem Parkplatz. An diesem Tag lief ich alle paar Minuten zum Fenster und sah nach meinem Auto. Zehn Minuten vor Mitternacht schaute ich zum letzten Mal. Es war weg! Wie vom Donner gerührt stand ich da und meine Schwester sagte nur:

      “Das gibt es nicht!“

      Silvester war für uns gelaufen! Wir verbrachten die halbe Nacht auf der Polizei. Das Auto war nicht aufzufinden. Am nächsten Tag fuhren wir dann zu einem Supermarkt in der Nähe. Es stand genau da, wo ich geträumt hatte. Ich wusste sofort was alles kaputt war. Mein Traum hatte sich mal wieder bewahrheitet und das neue Jahr fing schon mit Ärger an!

      “Schatz, woran denkst du?“ Martin wedelt mit seiner Hand vor meinem Gesicht herum.

      “Ach nichts, lass uns eine Liste mit Dafür und Dagegen machen, und mit deiner Mutter und deiner Oma reden. Mit meinem Vater würde ich auch gerne sprechen, bevor wir etwas entscheiden.“

      “Ja gut, das machen wir.“ Martin drückt mich an sich und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

      Nach langen Gesprächen mit der Familie und dem Bequatschen des Für und Wider, wollte ich dann doch sehen, was auf uns zukommen würde. Meine Chefin ist über meinen Urlaubsantrag nicht gerade begeistert. Den Grund dafür verschweige ich ihr. Ich kann Urlaub machen, wo ich will! Sie rechnet fest damit, dass ich nach der Babypause wieder an meinem Platz in der Praxis sitze. Eine Woche Urlaub! Eine Woche, die unser ganzes Leben verändern kann.

      Nächste Woche werden wir nach Österreich fahren. Ich bin gespannt! Berge, wir kommen!

      Auch Bilder können täuschen

      Die 800 km ziehen sich in die Länge. Das Baby drückt mir andauernd auf die Blase, sodass wir immer wieder anhalten müssen. Acht Stunden im Auto zu sitzen, macht eindeutig keinen Spaß!

      Als ich aufwache, verkündet Martin mir, dass wir schon bald da sind. Ich bin eingeschlafen! Auch das noch, jetzt kribbeln meine Beine, die gerade aufwachen. Ich will hier raus, raus aus diesem engen Auto!

      Ich sehe mich um, betrachte die Landschaft, aber was ist das? Hier sieht es aus wie bei uns. Wo sind denn die Berge geblieben? Ich hatte mich auf das Bergpanorama gefreut und gedacht, hier sieht es aus, wie auf den Bildern aus den Alpen. Hier müssen wir falsch sein!

      “Schatz wo sind wir denn?“ Ich schaue mich immer noch um und hoffe, dass hinter der nächsten Kurve eine Bergspitze hervorblinzelt. Nichts als Wald!

      Wir Deutschen stellen uns, wenn wir von Österreich hören, immer Berge mit schneebedeckten Gipfeln vor. Zu Österreich gehören Berge, wie zum Meer das Wasser!

      “Martin, halt an! Du sagst, wir sind gleich da? Willst du mich veräppeln? Wo sind die Berge?“

      Er lächelt mich von der Seite an und fährt unbeirrt weiter.

      “Das ist schon richtig so, mein Schatz. Wir sind gleich da. Willkommen im Waldviertel! Wie der Name schon verrät, gibt es hier viel Wald. Österreich hat nicht nur Berge!“

      Waldviertel? Dass es so etwas gibt! Das fängt ja schon lustig an. Ich bin auf Berge eingestellt, stattdessen Wald, Wald, Wald!

      Das sind sie wieder, diese „bösen“ Überraschungen. Das hätte er mir auch vorher sagen können. Hatte er Angst, ich käme dann nicht mit? Ich hätte ihn ja auch nach der Landschaft fragen können. Wer rechnet schon damit, nicht in die Berge zu kommen, wenn es heißt, wir fahren nach Österreich!

      Meine innere Stimme ermahnt mich: “ Marina, jetzt gib dem Ganzen doch mal eine Chance! Was bitte ist an Wald schlecht? Pilze sammeln, spazieren gehen an frischer Waldluft. Das ist doch toll.“

      “Ach sei doch still, hast ja recht.“, antworte ich in Gedanken und beschließe ganz unvoreingenommen an die Sache ranzugehen. Schließlich geht es um unsere Zukunft!

      Ich betrachte die vorbeiziehende Landschaft. Ist doch eigentlich ganz hübsch hier. Viele Felder, viel Freiraum, nicht alles so zugebaut wie in Deutschland. Hier kann man sich noch entfalten, hat Raum zum Luft holen. Die immer mehr aus dem Boden schießenden Gewerbegebiete in Deutschland, verschandeln nur die Landschaft. So ist das leider, wenn nur der Profit im Vordergrund steht. Wie viele Supermärkte und Einkaufsparks brauchen wir denn noch? Es hat doch keiner das Geld, um sich das alles kaufen zu können. Da kann man nur in die Schaufenster glotzen und sich ärgern, dass man sich nichts leisten kann, bei den Hungerlöhnen. So was ist deprimierend.

      Martin fährt schon wieder um eine Kurve. Ich hasse Kurven, da wird mir immer schlecht. Warum können die Strassen nicht einfach immer nur geradeaus gehen? Hier scheint es viele kurvige Strecken zu geben. Mir wird übel. Hoffentlich sind wir gleich da.

      Die Landschaft wird immer ländlicher, genau wie die Luft. Ich muss mein Fenster schließen. Ich hatte schon von der „guten“ Landluft gehört, aber das stinkt ja bestialisch. Dörfchen um Dörfchen reiht sich aneinander.

      Endlich sind wir da. Martin parkt, steigt aus, nimmt meine Hand und führt mich zu einem Gasthaus. Wo ist denn nun die Firma, von der er mir erzählt hat. Wir können auch erst essen gehen. Das ist mir recht, ich habe Hunger.

      “Schatz, das ist aber lieb, dass wir erst essen gehen. Super Idee von dir“, flöte ich. Mit der Aussicht auf Essen verbessert sich meine Laune schlagartig.

      “Essen?“ Martin sieht mich verständnislos an.

      “Du hast Hunger? Na mal sehen, ob die Mutter von meinem zukünftigen Chef, etwas zu essen für dich hat.“

      Na toll, er tut ja gerade so, als wäre die Entscheidung schon gefallen. Die Mutter? Ach, die kocht hier in dem Gasthaus? Gehört bestimmt der Familie.

      Martin hält mir die Tür auf und ich betrete den Gasthof. Mein erster Blick fällt auf die gähnend leere Schank. Hier drinnen ist ja nichts los? Ich sehe mich um. Was ist das? Überall Tische und Bänke, wie in einem Gasthaus. Genauso hatte ich mir ein kleines, gemütliches, österreichisches Gasthaus vorgestellt, aber was machen diese vielen Computer hier?

      Ein netter junger Mann, in Martins Alter, kommt auf uns zu und begrüßt uns.

      “Schatz, darf ich dir Günther vorstellen? Das ist einer meiner Chefs.“

      Einer seiner Chefs? Langsam dämmert es mir. Das ist die Firma! Ich reiche ihm artig die Hand und Martin stellt uns vor. Ich stehe wie angewurzelt da und bekomme keinen Ton heraus. Wie peinlich! Was sollen die denn von mir denken? An den Tischen sitzen noch vier Angestellte und bearbeiten fleißig die Computertastaturen.

      “Freut mich, dass ihr da seid“, höre ich Günther sagen.

      “Ihr habt bestimmt Hunger? Kommt, meine Mama erwartet euch schon.“

      Essen,