Elfi Loth

Hilfe, fast 40!


Скачать книгу

      “Okay, gib her, ich unterschreibe. Aber nur, wenn auch wirklich alles so wird, wie du es mir versprochen hast.“

      “Na klar, ich will doch, dass du dich hier wohl fühlst – mit mir!“

      Ich nehme ihm den Mietvertrag aus der Hand und fange an zu lesen. Die Miete ist wirklich ein Schnäppchen! Nur 340 Euro warm für 55 m² ! Wasser und Strom kommt natürlich noch dazu. Das hebt meine Laune ein wenig an. In Gedanken versuche ich das Wohnzimmer einzurichten, aber es gelingt mir nicht.

      “Wann legen wir los?“, möchte ich wissen und gebe ihm den unterschriebenen Mietvertrag zurück. Ich habe es getan! Unsere erste gemeinsame Wohnung! Ich liebe ihn, zusammen schaffen wir das!

      Er strahlt bis über beide Ohren.

      “Wir können gleich in den Baumarkt fahren und Tapeten aussuchen. Ich freue mich so. DANKE, DANKE, DANKE!“

      Eine Woche lang renovieren wir jeden Abend unsere Wohnung . Es ist schön geworden. Am Wochenende will Martin noch die letzten „Schönheitsfehler“ beheben und dann könnten wir einziehen.

      Über meine Zweifel habe ich nicht mit ihm reden können. Er freut sich so.

      Ich packe gerade meine Sachen aus Dieters Haus in Umzugkartons. Er hat mehrmals versucht, mich umzustimmen. Wenn ich doch nur wüsste, dass ich mit Martin glücklich werde. Wie heißt es so schön? Was man hat, das kennt man, was man bekommt, das weiß man nicht. Plötzlich kommen mir die Tränen. Bitte, kann mir denn keiner eine Garantie geben, dass Martin der Richtige für mich ist? Mein Mister Right?

      Meine Zweifel sind mit einem Mal so stark, dass ich mein Handy nehme und Martin eine SMS schreibe.

       Ich kann nicht mit dir in diese Wohnung ziehen. Bitte gib sie wieder ab. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob das mit uns das Richtige ist. Ich schmeiße dir den Schlüssel in den Briefkasten und will dich nicht mehr sehen. Akzeptiere meine Entscheidung! Ich hoffe du findest dein Glück, ich bin es nicht!

       Marina

      Ich drücke auf „senden“ und breche weinend zusammen. Was ist nur los mit mir? War das alles zuviel in letzter Zeit? Ging es mir zu schnell? Ja, zu schnell, eindeutig!

      Wo soll ich jetzt hin? Bei Dieter kann ich auch nicht bleiben. Oder doch?

      Als Dieter am Abend nach Hause kommt, bin ich noch wach. Ich schildere ihm die Situation und lasse mich von ihm trösten.

      “Bleib, solange du willst“, meint er nur, und ich sehe die Hoffnung in seinen Augen.

      Nein, auf Dauer geht das nicht. Es tut ihm nur weh. Mit Dieter wird es nichts mehr werden. Ich empfinde nichts mehr für ihn.

      Mein Handy klingelt. Ich sehe auf dem Display Martins Nummer. Oh Nein! Jetzt ruft er mich an. Ich drücke den Anruf weg, schalte das Handy aus und gehe schlafen. Morgen sieht die Welt ganz sicher anders aus, besser.

      Am nächsten Morgen steht Martin vor der Praxis und wartet auf mich. Ich sehe ihn schon von Weitem. Verdammt! Warum gibt es keinen Hintereingang? Kurz spiele ich mit dem Gedanken, mich einfach umzudrehen und zu verstecken. Was kann ich tun? Meine Chefin anrufen und mich krank melden? Das geht schlecht, sie ist auch meine Hausärztin. Da muss ich jetzt wohl durch. Zögernd gehe ich, mit gesenktem Kopf, auf den Eingang der Praxis zu. Mir ist nicht wohl in meiner Haut.

      Nur noch ein paar Schritte und ich muss ihm gegenübertreten, schießt es mir durch den Kopf. Ich gehe betont langsam, aber er bleibt einfach da stehen. Geh weg, flehe ich innerlich, ich will nicht mit dir reden.

      “Marina, bitte warte“, höre ich da auch schon seine Stimme. Er klingt verzweifelt. Ich schaue hoch und geradewegs in seine wundervollen Augen. Hat er geweint? Er sieht total fertig aus. Was habe ich ihm nur angetan? Ich liebe ihn doch!

      “Bitte erklär es mir! Du kannst doch nicht einfach eine SMS schreiben und das war’s? Ich habe gestern in der Wohnung alles fertig gemacht, als deine Nachricht kam. Was habe ich falsch gemacht? Rede mit mir!“

      “Martin“, stammle ich, “Ich kann einfach nicht mit dir in diese Wohnung ziehen. Ich weiß auch gar nicht mehr, ob ich DICH will. Ich weiß im Moment gar nichts mehr. Ich bin so durcheinander und habe Angst, dass ich diese Entscheidung bereuen werde. Es liegt nicht an dir! Ich bin die mit dem Vogel Ich weiß nicht, was ich will. Bitte, kannst du das nicht einfach akzeptieren? Es tut mir leid.“

      “Aber das kann doch nicht sein! Ich liebe dich und du liebst mich! Okay, ich gebe die Wohnung ab, aber bitte, gib uns noch eine Chance. Du bist die Frau meines Lebens!“

      “Martin! Ich bin 4 Jahre älter als du! Schau dich an, du kannst jede haben. Warum suchst du dir so eine Gestörte wie mich aus, die nicht weiß was sie will? „

      “Ach komm, jetzt auf einmal sollte mein Alter ein Problem sein? Ich will nur dich! Deine Macken sind mir egal, mit denen kann ich leben. Lass es uns ganz langsam noch einmal versuchen. Ich gebe zu, es ging alles sehr schnell. Ich habe dich überfordert, aber ich war einfach so glücklich mit dir. Ich wollte dich doch nur für mich alleine haben. Nur für mich!“

      Wo soll das alles hinführen? Ich muss in die Praxis! Ich komme zu spät!

      “Okay Martin, ich denke noch mal darüber nach. In diese Wohnung zieh ich trotzdem nicht mit dir. Jetzt muss ich arbeiten. Lass uns heute Abend noch einmal darüber reden. Ich komme nach der Arbeit bei dir vorbei.“

      Traurig lässt er die Schultern hängen.

      “Na gut, dann heute Abend, ich warte auf dich.“

      Er hält mir die Tür auf und ich verschwinde im Inneren des Gebäudes. Natürlich bin ich zu spät! Frau Dr. Fitz erwartet mich schon und tippt mit dem Zeigefinger ungeduldig auf ihre Armbanduhr. Ja, ich weiß es, ich bin 5 Minuten zu spät. Die soll sich mal nicht so haben. Ich war noch nie zu spät!

      Ich murmle eine Entschuldigung und gehe mich umziehen.

      Zum Glück ist heute so viel los, dass ich gar nicht erst zum Nachdenken komme. Doch je später es wird, desto ungeduldiger werde ich. Es ist doch schon alles gesagt. Wenn ich zu Martin fahre, überlege ich es mir wahrscheinlich wieder anders und gebe ihm eine zweite Chance. Ich kenn mich doch.

      Feierabend! Ich fahre zu Martin. Er steht schon vor der Haustüre und wartet auf mich. Ich parke ein. Mir rutscht das Herz in die Hose. Jetzt muss ich mich entscheiden. Eigentlich weiß ich doch, dass ich mir mein Leben anders vorgestellt habe. Ich möchte wieder meine eigenen Entscheidungen treffen. Bisher hat Dieter mir das immer abgenommen. Natürlich war es bequem und eine gewisse Zeit auch gut so für mich, aber jetzt bin ich bald dreißig und habe noch nichts erreicht. Ich möchte Kinder! Ja Kinder! Wie sagt meine Mutter immer so schön? “Kinder muss man bekommen, solange man noch jung ist!“ Das hatte ich vor, aber irgendwie habe ich nie den Mann meiner Träume getroffen, mit dem ich mir das vorstellen konnte. Kann Martin dieser Mann sein? Er ist erst 25 Jahre alt, wahrscheinlich noch zu jung dafür.

      “Hallo, schön dass du gekommen bist. Ich habe, ehrlich gesagt, nicht daran geglaubt.“, höre ich ihn sagen, als er mich begrüßt.

      Wir gehen hoch in sein Zimmer. Martin setzt sich auf seine Couch und schaut mich an. Ich stehe da, wie bestellt und nicht abgeholt. Er sagt keinen Ton, er schaut mich nur an. Verdammt, sag was! Irgendwas! Er erwartet eine Erklärung, wo fange ich bloß an?

      “Ähm…ich weiß, du verstehst mich gerade nicht, ich verstehe mich ja selber nicht. Alles was ich zu sagen habe stand in meiner SMS gestern. Was soll ich noch dazu sagen? Ich weiß gerade nicht, was gut für mich ist. Vielleicht bist du der Mann meiner Träume, mein Mister Rigth, vielleicht aber auch nicht.“ Ich rede einfach drauflos und rede und rede… Er hört mir einfach nur zu. Ich versuche eine Gefühlsregung in seinem Gesicht abzulesen, aber da ist nichts. Wie kann man nur so regungslos dasitzen?

      “Ich habe Träume“, rede ich weiter, “Träume, die ich noch verwirklichen möchte. Ich wünsche mir Kinder, zumindest erstmal eins! Ich will einen Mann, der mich wirklich liebt und zu mir steht! Heiraten! Ich möchte meine