ein wenig schuldbewusst, weil er sie so lange allein gelassen hatte. „Aber“, fügte er gleich hinzu, „ich denke, ich habe einen guten Weg gefunden.“ Er sah sie mit verheißungsvollem Blick an und lächelte ihr zu. Elisabeth sah ihn überrascht an. „Wirklich?“ „Ja, ich bin ganz zuversichtlich“, sagte Matthew bestimmt und umfasste ihre Taille, um sie mit sich fortzuziehen. „Lass nur, das Pferd kann Jonathan in den Stall bringen. Komm mit, ich muss dir alles erzählen.“ Elisabeth ließ die Zügel los und folgte ihrem Mann ins Haus.
Nachdem sie sich sorgsam vergewissert hatten, ob sie niemand beobachtete, verschwanden sie im Schlafzimmer und versperrten die Tür. „Jetzt komm schon, erzähl“, sagte Elisabeth aufgeregt. Matthew grinste über das ganze Gesicht und sagte leise: „Du wirst es mir nicht glauben, was ich vorhin erlebt habe. Bestimmt erinnerst du dich an die Truhe in Myrddins Versteck oder?“ Elisabeth nickte. „Klar kenne ich die. Aber die Sachen hast du doch bis jetzt noch nie benutzt oder?“ „Ja, bis heute“, sagte Matthew bedeutungsvoll. „Na komm schon, spann mich nicht auf die Folter, Matt, erzähle!“, sagte Elisabeth sichtlich gereizt. Sie hoffte so sehr, dass Matt einen Weg gefunden hatte, sie vor Paymon zu schützen. Andernfalls hatten sie sehr bald schon das nächste Problem. Aber sie wusste noch nicht, wie sie es Matthew am schonendsten beibringen konnte. Sie wusste sehr genau, dass es momentan nicht sinnvoll war, ihn abzulenken. Deshalb hatte sie beschlossen, es ihm noch nicht zu sagen und auf einen günstigeren Zeitpunkt zu warten. Sie schwieg gespannt, als Matthew zu erzählen begann. „Also hör zu“, begann er, „ich habe dir doch erzählt, dass ich von Myrddin geträumt habe. Er hatte einige Dinge darin erwähnt, die ich heute versucht habe herauszufinden. Anfangs war es ein wenig seltsam, aber ich habe nach mehrmaligen Versuchen mit seinem Ring herausgefunden, dass er mir bestimmte Ereignisse aus der Vergangenheit zeigen kann.“ Elisabeth starrte ihn ungläubig mit großen Augen an. „Wirklich?“ „Oh ja. Ich war selbst sehr überrascht, weil ich mit so was nie gerechnet hätte, aber es lässt sich nicht anders erklären, was ich gesehen habe, als ich ihn trug.“ Er erklärte ihr ganz genau bis ins Detail, was sich zugetragen hatte. Elisabeth bemerkte, dass er seit langer Zeit wieder voller Hoffnung war. Das gab auch ihr neuen Mut und Hoffnung, dass doch noch alles gut werden würde. Sie war sehr froh über diese Neuigkeiten. „Ich bin zuversichtlich, dass ich jetzt einen Weg finden werde, uns aus dieser grässlichen Misere zu befreien, Schatz“, beendete Matthew seinen Bericht. „Das hoffe ich sehr Matt. Aber komm jetzt, du musst etwas essen, du Zauberlehrling“, meinte sie scherzhaft und zwinkerte ihm belustigt zu. „Pah, von wegen Zauberlehrling“, antwortete Matthew und spielte mit unterdrücktem Lächeln den Beleidigten „ich werde dir schon noch beweisen, dass ich viel mehr kann als du denkst.“ „Aber das weiß ich doch Schatz, ich wollte dich doch nur aufziehen damit“, lachte sie. Sie zog ihn mit sich in die Küche und richtete ihm sein Abendbrot. Es war schon spät geworden und Matthew hatte vor lauter Wissbegierde nicht einmal bemerkt, wie sehr sein Magen nach Nahrung verlangte. An diesem Abend schliefen sie eng umschlungen ein und Matthew fand seine verdiente Ruhe.
Das laute Geschrei einer Krähe riss ihn früh morgens aus dem Schlaf. Er rieb sich müde die Augen und bemerkte, dass Elisabeth noch schlief. Ganz leise, um sie nicht aufzuwecken, zog er sich eilig an und schloss hinter sich die Tür. Er schrieb ein paar Zeilen auf ein Blatt Papier, damit sie sich keine Sorgen zu machen brauchte, wenn sie erwachte. Im ganzen Haus war es noch still und so huschte er leise in die Küche, aß eine Kleinigkeit und machte sich auf den Weg zum Stall. Sunday begrüßte ihn leise schnaubend und rieb ihre Nüstern an seinem Hals. „Na, meine Gute, hast du dich gut ausgeruht?“ Er tätschelte ihren schlanken Hals, sattelte sie und führte sie aus dem Stall. Gekonnt schwang er sich auf ihren Rücken und trieb sie an. Sunday glitt auf leisen Hufen dahin, sodass niemand mitbekam, dass er Mangeniohood verließ. Bestimmt war Elisabeth nicht erfreut, dass er schon wieder weg war, aber sie wusste ja auch warum. Sunday galoppierte in hohem Tempo durch die Wälder. Kein Mensch war um diese Zeit unterwegs und so erreichten sie ungesehen den Felsen.
„Merlinus ostende mihi secretum! Notam fac mihi viam, et aperuerit mihi aditus! Aperi mihi, quid in occulto! Solve velum!“ Matthew hob die Arme und der Felsen gab ihm abermals den Weg frei. „Lux!“ Begleitet von dem magischen Licht aus seiner Hand, stieg er die Treppe hinunter. Die Fackeln entzündeten sich und spendeten ihm Licht, als er in der Halle ankam. Schnurstracks ging er auf Myrddins Raum zu, hob seine Hand und rief: „Occulta te ostium apertum in me! Ostende mihi, secretum!“ Die Tür öffnete sich ächzend und gab ihm den Weg frei. Matthew öffnete mit dem Zauberspruch wie gehabt die Truhe, und nahm den Ring und den Mantel an sich. Er warf den Mantel über seine Schultern und schloss die goldene Spange, die am Kragen angebracht war. Dann wartete er gespannt ab. Aber nichts geschah, außer dass er diese unbändige Kraft wieder verspürte, die der Mantel barg. Er versuchte es mit einem Zauberspruch. „Dona mihi praesidium! Dona mihi magicae potentiae tuae!“ Matthew sah sich um und konnte keine Veränderung erkennen. „Seltsam“, dachte er. Etwas irritiert steckte er den Ring auf seinen rechten Ringfinger. Plötzlich riss ihn etwas fort und er fand sich unmittelbar in Pembroke vor den Steinen hockend wieder. „Was in aller Welt“,…er konnte nicht erkennen, was genau passiert war, da er die mächtige Magie des Mantels noch nicht wirklich begriff. Bis jetzt hatte er ja nur in der Vision von Myrddin gesehen, dass dieser damit plötzlich verschwunden war, ohne auch nur ein Wort auszusprechen. Er besah die Steine, die reihum vor ihm lagen, und grübelte. Der Ring hatte ihm die Vergangenheit gezeigt, aber mit dem Mantel konnte er offenbar selbst dorthin reisen. Schnell wurde ihm klar, dass der Mantel in Verbindung mit dem Ring, ihm Möglichkeiten eröffnen würde, an die er nicht einmal im Traum gewagt hatte zu denken.
Theoretisch konnte er nun an jedem erdenklichen Ereignis im Lauf der Geschichte teilnehmen. Matthew dachte da vor allem an seine eigene Familiengeschichte. Auf diese Weise konnte er sicherlich bei Weitem mehr herausfinden, als er je gehofft hatte.
Er versuchte nun, das zweite Tor zu erreichen, in dem er die drei Männer verschwinden hatte sehen. Er sprach den Zauberspruch nach, den auch sie benutzt hatten. „Et incipit occultatum viam tuam. Tres enim sunt duo duo unum sint, sicut!“ Kaum ausgesprochen, riss ihn abermals etwas fort und zog ihn mit heftiger Kraft in eine dunkle Kammer aus Stein, die weit unter der Erde zu liegen schien. Er sah absolut nichts, in dieser abgrundtiefen Dunkelheit, sodass er sein magisches Licht benötigte, um etwas erkennen zu können. „Lux!“ Der Lichtkegel, der seiner Hand entsprang, beleuchtete hell die Kammer, und sein Blick fiel sofort auf ein Zeichen, das ihm wohlbekannt war. Es war dasselbe, welches er oben bei den Steinen gesehen hatte. Dieses merkwürdige X mit einem kleinen Haken an der rechten Seite. Was es bedeutete, wusste er jedoch nicht zu sagen. Es prangte in roter Farbe an der Wand gleich am Eingang, wenn man den Raum betrat. Sein Blick schweifte durch den kleinen Raum, der sehr grob behauen war. Langsam schritt er durch den Bogengang, der weiter nach hinten führte. Er mündete in einem weiteren, etwas größeren Raum, in dem nichts zu sehen war, als die kahlen Steinmauern. Verwundert sah Matthew sich um und stand vor der Wand am Ende des Raumes. Was nun? Nirgends waren Anhaltspunkte zu entdecken, dass es hier noch eine weitere Tür oder andere Räume gab. Er drehte sich zur Wand und legte instinktiv seine Hand darauf.
Plötzlich schob sich vor ihm die steinerne Wand zur Seite und eröffnete ihm den Weg in eine große Kammer. Matthew trat hindurch und sah überrascht, dass hier verteilt auf vielen Holzregalen, die unterschiedlichsten Gewänder aus verschiedenen Epochen, fein säuberlich geordnet lagen. Man hatte fast den Eindruck, als wäre man in die Requisitenkammer eines Theaters gelangt. Aber wozu hatte man diese Sachen hier gesammelt? Waren es nur Überbleibsel aus den verschiedenen Zeitaltern? Oder hatte es damit eine ganz besondere Bewandtnis?
Matthew trat an eines der Regale näher heran und musterte eingehend, die glänzend silberne Rüstung, die hier lag. Auf dem Brustpanzer war noch ein roter Löwe zu erkennen, der schon ein wenig verblasst war. Daneben lagen alte, schwere, eiserne Waffen, die auch schon bessere Tage gesehen hatten. Als er nach einem langen Schwert mit einer seltsamen Inschrift greifen wollte, hörte er plötzlich Stimmen. Matthew erschrak fast zu Tode. Er versteckte sich blitzschnell hinter einem der Regale, das bis obenhin voll mit Gewändern bepackt war. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals und sein Blut pochte wild in seinen Adern. Er wusste, dass er keine Möglichkeit hatte, hier ungesehen zu entkommen.
„Hole uns die Kleidung der Templer, Namtar! Und beeile dich! Wir müssen sofort wieder