Ana Marna

Spurensucher


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stöhnte. „War ja wieder klar. Gibt es dafür nicht so Büro-Heinis, die endlose Tabellen und Stammbäume verwalten?“

      „Äh, mag sein, aber soweit ich weiß, gibt es keinen Hinweis auf Auroras Vater. Nur auf ihren Geburtsort, und der ist nicht Oregon.“

      „Sondern?“

      „Irgendwo in Utah. Aber dort haben sie nie gewohnt. Ihre Mutter stammt allerdings aus Colorado und hat dort zumindest bis einige Monate vor der Geburt auch gelebt, und ich schätze mal, dass sie da auch geschwängert wurde.“

      „Fuck.“ Der Chief stieß ein entnervtes Schnauben aus. „Ausgerechnet.“

      Connor überlegte, ob er nachfragen sollte. Aber wenn er nach Colorado reiste, sollte er besser wissen, ob es da gerade Schwierigkeiten gab. Er räusperte sich.

      „Ähm, muss ich da was wissen?“

      „Nicht wirklich. Aber Dean Stout nervt gerade total. Ständig muss man bei ihm die Feuerwehr spielen, weil er seine Kids nicht im Griff hat. Das Team vor Ort hat schon mit Streik gedroht.“

      Connor grinste. Dass Kriegerwölfe alles andere als begeistert waren, hinter meuternden Jugendlichen her zu rennen, konnte er sich sehr gut vorstellen. Die Kids taten ihm dagegen leid. Von Kriegern verfolgt zu werden, war keine angenehme Erfahrung. Da konnte man nur hoffen, dass sie daraus lernten. Auch wenn er sie sehr gut verstand.

      Er selbst war als Jugendlicher mehrfach abgehauen. Im Endeffekt war er deshalb tatsächlich bei den Rangern gelandet. Die Kerle hatten ihn zutiefst beeindruckt und in ihm den Ehrgeiz geweckt, genauso gut zu werden.

      Im Nachhinein eine echt blöde Idee.

      „Haben die Kids wenigstens einen Grund?“, fragte er nach.

      „Stout ist ein Arsch!“

      Okay, das war einer. Half aber nichts. Stout war Rudelführer und damit im Recht.

      Der Chief starrte grübelnd in die Luft. Schließlich nickte er.

      „Na gut. Prinzipiell habe ich nichts dagegen. Du kannst ja schon mal damit anfangen. Allerdings hast du auch noch ein anderes Programm zu absolvieren.“

      Das versetzte Connor sofort in Alarm, was dem Chief natürlich nicht entging.

      Er grinste ihn spöttisch an.

      „Nicht nur ich habe den Eindruck, dass du nicht mehr so richtig in Form bist. Ein bisschen Aufbautraining schadet da sicher nicht.“

      Connor entglitt ein frustriertes Stöhnen.

      Aufbautraining war ein harmloser Begriff für das, was ihm da bevorstand. Sein Letztes lag zwei Jahre zurück, und er hatte es noch ungut in Erinnerung.

      „Wann muss ich denn los?“

      „In ein paar Wochen fährt Morgan ins Camp. Bis dahin kannst du meinetwegen schonmal mit deiner Suche beginnen. Aber beschwer dich bloß nicht, wenn noch andere Aufträge für dich anfallen.“

      Nun gut, an dem Training kam er sowieso nicht vorbei, und der Chief hatte ihn schon immer gerne mit Arbeit zugeballert. Also sollte er seine Zeit wohl möglichst effektiv nutzen.

      „Ähm, kann ich Freaky ab und zu beanspruchen?“

      „Soll ich dir vielleicht noch eine Sekretärin stellen?! – Ach was soll‘s. Meinetwegen. Falls du nach Colorado reist, melde dich in Evergreen.“

      „Wer ist denn da gerade stationiert?“

      „Frag Betty.“

      Damit war er entlassen.

      Sein erster Weg führte ihn zum Computergenie der Ranger.

      Martin Hicks, genannt Freaky, grinste ihm fröhlich entgegen.

      Connor hatte ihn noch nie schlecht gelaunt erlebt, was für einen Kriegerwolf schon sehr ungewöhnlich war. Irgendjemand hatte mal die These aufgestellt, dass Freaky seine Pubertät nie hinter sich gelassen hatte und er eigentlich kein Krieger, sondern nur ein zu großer Normalo sei. Letzteres hätte sogar sein können, da Hicks tatsächlich eher zu den kleineren Kriegerwölfen gehörte. Doch wer ihn einmal beim Training erlebt hatte, zweifelte sicher nicht mehr an seiner Zugehörigkeit.

      „Hi Streuner“, grüßte er. „Was kann ich für dich tun?“

      „Ich suche einen Wolf.“

      „Haha. Der war gut. Geht’s ein klein wenig genauer?“

      Sie brauchten eine knappe Stunde, bis Connor wusste, wo er seine Suche beginnen musste. Immerhin konnte er vorerst die Polizei in Oregon meiden. Freaky war wirklich genial, wenn es darum ging, an behördliche Dokumente zu gelangen, die nicht für die allgemeine Öffentlichkeit zugänglich waren.

      Silvy Weast, Auroras Mutter, stammte tatsächlich aus Colorado. Und bis zu ihrem achtzehnten Lebensjahr lebte sie in der Nähe von Markestown. Also ganz in der Nähe des Colorado-Rudels. Ob das Zufall war, würde sich herausstellen müssen.

      Eine gelungene Ablenkung

      

       Jackson, Mississippi

      Die zurückliegenden Tage und Wochen gestalteten sich anstrengend, aber durchaus abwechslungsreich. Alle paar Tage tauchte ein Riese in Ravens Wohnung auf und beanspruchte einige ihrer Stunden für sich. Und niemand hielt sich mehr zurück.

      Immerhin kamen sie selten zu zweit, doch auch so war es jedes Mal anstrengend genug. Zu Ravens Erleichterung kam kein neues Gesicht dazu. Und von sechs Männern im Bett beglückt zu werden, daran musste sie sich erst einmal gewöhnen.

      Es fiel ihr überraschend leicht. Prüde war sie nie gewesen und One-Night-Stands hatte sie schon etliche genossen. Eine feste Beziehung hatte sich nie ergeben und vermisst hatte sie es nie. Aber gleich sechs ... Nun, während ihrer Straßenarbeit hatte sie schon eine Menge ungewöhnliche Lebensweisen kennengelernt, die auf die üblichen Konventionen keine Rücksicht nahmen. Und Vielweiberei war in manchen Kulturen ja immer noch verbreitet. Warum also auch nicht Vielmännerei? Das war zwar anstrengend, aber auch abwechslungsreicher. Auf jeden Fall nicht langweilig.

      Ein paar Mal versuchte sie einige Tage Auszeit zu nehmen, indem sie neue Trainingsmöglichkeiten und Kletterparks testete. Doch das klappte nicht annähernd.

      Meistens wurde sie trotzdem aufgespürt und dann wurde es umso anstrengender, da die Männer anscheinend ihren Spaß daran hatten, sie sportlich an ihre Grenzen zu bringen. Die Kerle waren harte Trainingspartner und ihr haushoch überlegen. Aber sie beschwerte sich nicht. Ihre eigene Fitness steigerte sich spürbar und das gefiel ihr.

      „Ihr seid echt wie Kletten“, beschwerte sie sich trotzdem bei Liam.

      Sie lagen in ihrem Wohnzimmer auf dem Teppich und versuchten beide, die Oberhand zu gewinnen. Als Raven schließlich auf ihm saß, war klar, dass er nachgegeben hatte, aber das war nicht wichtig.

      „Du bist halt unwiderstehlich“, lächelte er und umfasste mit festem Griff ihre Hüften. „Ich hab‘ übrigens wieder einen Job für dich.“

      Sie verzog das Gesicht.

      „Ich habe bereits ’nen Job. Der reicht mir!“

      Er schob sie langsam tiefer, bis sie aufkeuchte.

      „Sieh es als Nebentätigkeit an!“

      „Aber ...“

      „Morgen Abend. Wir brauchen ein wenig Ablenkung, und eine junge hübsche Frau ist wie geschaffen dafür.“

      Raven stöhnte leise. Nicht nur aus Verzweiflung. Er richtete sich auf und bewegte langsam ihre Hüften, bis sie keuchend auf ihm zusammensackte.

      Sie mochte Liam. Von den sechs Männern war er derjenige, der am sanftesten mit ihr umging, was nicht hieß, dass sie keinen