Stephane Rambicourt

ZU HASS ERZOGEN - rebelliert - IN LIEBE AUFGENOMMEN


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in Frankreich studieren.

      Aus Sicht von Onkel Wendel:

      Onkel Wendel, wusste genau was sein Bruder in Deutschland alles auf dem Kerbholz hatte, der dort unter dem falschen Namen Weber mit seiner Familie unbehelligt lebte.

      Er hat sich mit Oma Else deshalb darauf verständigt, dass Alexandre Meijer weiterhin in Frankreich bleiben sollte, weil dies das Beste für den Jungen war, der ihm sehr am Herzen lag. Mit seiner Nachbarin, der Landeshauptfrau Bulthaupt, einer promovierten Rechtswissenschaftlerin und führenden Landespolitikerin der Steiermark, hatte sich Onkel Wendel von Beginn an intensiv beraten und abgestimmt, so dass auch sie über Alexander informiert war und in Österreich schützend die Hand über ihn halten konnte. Sie unterstützte Wendel wo und wie sie nur konnte. Sie wusste von Alexandre’s neuer französischen Identität und auch von seinem unbändigen Gerechtigkeitswillen.

      Wendel verschwieg deshalb auch seinem Bruder, dass er wusste wo Alexandre sich aufhält. Andererseits wunderte er sich, dass sein Bruder sich nicht sonderlich bemühte seinen Sohn zu finden, aber das war Wendel auch ganz recht so.

      Mit Else hatte er Alexandres Urlaub per Brief abgestimmt und jetzt freute sich die ganze Familie auf den Besuch von Alexandre im steirischen Deutschlandsberg.

      Oma Else hatte auch Onkel Wendel darüber informiert, dass Alexandre wenige Wochen zuvor mitten in einer Studentenrevolte in Strasbourg gelandet war und dort „ordentlich“ auf Seiten der Studenten mitgemischt hatte, so dass er von der Polizei, bis zur Abholung durch Oma Else und Geddel Marie, eingesperrt werden musste.

      Als Onkel Wendel dies im Brief las, musste er lauthals lachen.

      „Wenn das mein Bruder wüsste, der würde durchdrehen“, lachte er, „und genauso wie auch die französische Polizei. Denn wenn die wüssten, wen sie da kurz eingesperrt hatten und vor allem wer der Vater ist, das hätte bestimmt einen ordentlich Wirbel gegeben.“

      „Sei nicht so gehässig, Wendel“, beschwichtigte Tante Maria ihren Mann, „ich freu mich wenn der Junge da ist. Ilse und Resi freuen sich auch schon. Und Bärbel und Anita fragen auch schon die ganze Zeit nach ihm.“

      „Ja, ja. Mich würdet ihr nicht vermissen, aber Alexandre“, lästerte Wendel lachend.

      „Du bist ja auch immer da, er nicht“, grinste Maria.

      „Na gut. Also er kommt in 2 Tagen an, das kannst du ja den Mädchen sagen, und denk bitte dran die Mädchen nochmals darauf hinzuweisen, dass Alex der Brieffreund von Ilse ist. Er wird einige Wochen bei uns bleiben. Er hat gerade seine Matura vorzeitig gemacht und mit Auszeichnung bestanden. Ein schlauer junger Mann mit einem sehr hellen Kopf. Else will ihn in Strasbourg Jura studieren lassen. Ich finde die Idee gut“, sagte Onkel Wendel mit ein wenig Stolz in der Stimme.

      „Er könnte aber auch mit Anita, die hat auch die Matura gerade erst bestanden, für ein Jahr nach Iowa in die USA gehen. Dann wäre er noch weiter von deinem Bruder weg“, überlegte Maria laut.

      „Ich glaube nicht, dass Else damit einverstanden wäre. Und jetzt freuen wir uns auf den Jungen. Mal sehen, was er diesmal mit den Mädels so alles anstellt“, lächelte Onkel Wendel süffisant.

      „Versprich mir aber bitte, dass Ilse nicht wieder alles abbekommt. Alexandre muss auch für seine Fehler einstehen“, bat Tante Maria ihren Ehemann, der nur versonnen nickte.

      „Ich glaub ich nehme ihn auch mal auf meine Baustelle in Gams mit. Da kann er bestimmt noch etwas für sein Leben lernen“, erwiderte Wendel.

      „Mach das, aber lass ihn nicht auf einem Kran herumturnen, sonst bricht er sich noch alle Knochen“, warnte Maria.

      „Nein. Aber er kann lernen wie man Beton anmischt, mauert oder auch die Vermesser unterstützen. Wer weiß, vielleicht macht es ihm ja auch Spaß?“ antwortete Wendel.

      „Klar, aber denk dran. Auf deiner Baustelle ist auch der Mucki und der hat noch immer einen guten Draht zu deinem Bruder“, wandte Maria ein.

      „Oh ja, stimmt. Hätte ich fast vergessen. Ich glaub dann lassen wir es besser“, erwiderte Wendel nachdenklich, „aber ich frag den mal, ob es was Neues von meinem Bruderherz gibt.“

      „Sei aber vorsichtig, nicht dass der Mucki misstrauisch wird“, sagte Maria vorsichtig.

      Wendel nickte mit dem Kopf.

      3

      Am folgenden Tag setzte Oma Else ihren Alexandre in Strasbourg in den Orientexpress, der eine direkte Verbindung über München bis nach Graz hatte und dann weiter bis Belgrad fuhr.

      „Warum kommst du nicht einfach mit?“ fragte Alexandre leise und traurig.

      „Du weißt doch. Das geht nicht. Wer kümmert sich sonst um unsere Tiere und die Felder?“ lächelte Oma Else.

      „Kann das nicht Geddel machen, wenn du ein paar Tage nicht da bist?“ wandte Alexandre ein.

      „Nein, mein Großer. Das geht nicht. Aber danke, dass du mich gerne mit dabei haben möchtest“, sagte Else leise und gab ihm einen großen Korb mit seinen Lieblingsleckereien und selbst gemachte Limonade mit. Sie umarmte ihn, dann verabschiedete sie sich schnell mit einer kleinen Träne in den Augen von ihrem „Sohn“.

      Auch Alexandre hatte ein sehr flaues Gefühl im Magen und kleine Tränen in den Augen.

      Während er seinen Platz im Zug aufsuchte sah er, wie seine Oma die Zugschaffnerin herzlich begrüßte und sich mit ihr unterhielt.

      „Woher Oma die Schaffnerin denn schon wieder kennt?“ dachte Alexandre während er seinen Platz einnahm und das Fenster öffnete um seiner Oma zum Abschied zu winken.

      Gott sei Dank hatte Oma Else dafür gesorgt, dass er zumindest vorläufig alleine in einem Zugabteil sein konnte und auch die Schaffnerin hatte immer ein Auge auf den jungen Mann, zumindest bis München. Der Zug fuhr los und Alex winkte was das Zeug hielt, er freute sich zwar auf seinen Onkel, aber Abschied von Oma Else fiel ihm doch sehr schwer.

      Als sich der Zug seiner Geburtsstadt Karlsruhe näherte, zog er die Vorhänge vor das Fenster, zog eine Decke, die ihm Oma Else mitgegeben hatte, über den Kopf und versuchte die Gedanken, die ihm kamen zu verdrängen. Plötzlich wurde die Abteiltüre geöffnet. Die Schaffnerin kam zu ihm ins Abteil. Sie zog auch den Rollo des Fensters und die Vorhänge zum Flur zu, hängte das Schild „reserviert“ an die Abteiltür und ging wortlos wieder raus.

      Allerdings blieb sie direkt vor seinem Abteil stehen und schickte die zugestiegenen Fahrgäste unwirsch weiter, wenn sie in Alexandre’s Abteil wollten.

      Minuten später öffnete die Schaffnerin die Abteiltür und flüsterte ihm zu:

      „Ich schließe kurz ab, damit du deine Ruhe hast und ich den Zug abfahren lassen kann. Bin gleich wieder bei dir.“

      Während der Zug noch stand, überlegte Alexandre:

      „Was würde passieren, wenn plötzlich seine Erzeuger oder seine Geschwister im Abteil stehen würden? Nichts, weil das Abteil abgeschlossen ist und ein Reservierungsschild davor hängt. Also keine Panik Alter. Es wird nichts passieren. Außerdem würden die mich bestimmt nicht mehr erkennen.“

      Endlich fuhr der Zug wieder los und die Schaffnerin öffnete sein Abteil.

      „Alles in Ordnung, Junge. Else hat mir genaue Anweisungen gegeben. Brauchst du etwas?“ fragte die freundliche Schaffnerin.

      „Nein, danke. Ich habe alles was ich brauche. Alles in Ordnung“, lächelte Alexandre.

      „Oma hat wohl alles im Griff“ flüsterte er leise, als die Schaffnerin wieder weg war.

      Er nahm sein Buch von Siegfried Lenz und begann zu lesen. Durch das gleichmäßige rappeln des Zuges wurde er schnell müde und schlief ein. Die Schaffnerin schaute immer wieder nach ihm, ohne dass er es bemerkte. Er erwachte