John Etter

JOHN ETTER - Virus


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wird er nicht tun, solange seine Kinder klein sind. Wegen Versicherung und so. Du bohrst schon lange genug an ihm rum – erfolglos.“

      * John-Etter: Lottosechser ** John-Etter: Stummer Schrei

      „Leider“, fügte John hinzu.

      „Ist noch was Interessantes für mich da? Ich bin sonst arbeitslos in der eigenen Firma.“

      „Nein, leider kein interessanter Auftrag für dich, aber gestern kurz vor Büroschluss hat ein Fahrradkurier ein größeres Couvert gebracht. Persönlich. Für dich.“

      „Na dann zeig mal her.“

      „Liegt vor deiner Nase auf deinem Pult“, meinte Susanne schnippisch lächelnd, nahm Johns leere Tasse und verließ das Büro. Sie wusste, was John brauchte, um morgens in die Gänge zu kommen.

      Eine Minute später rief John sie laut zu sich: „Susanne komm sofort her.“

      So hatte Susanne John noch nie gehört. Wenigstens nicht, wenn er ihren Namen rief.

      „Was ist? Ist etwas falsch gelaufen?“

      „Wer war der Fahrradkurier? Wie sah er aus? Kannst du dich an den Namen der Firma, die ihn schickt, erinnern. Irgendetwas, was mir hilft, ihn zu finden?“

      „Ich – ich weiß nicht genau. Er war groß, trug dunkle Sportsachen, einen weißen Helm, blaue Fahrradschuhe, solche mit Klick unten dran und die Tasche, aus der er das Couvert herausklaubte war gelb. Sein Gesicht war durchschnittlich. Er war sehr jung. Vielleicht so zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre alt. Aber an den Firmennamen erinnere ich mich gerade nicht. Vielleicht fällt mir später noch was ein, gib mir etwas Zeit. Ich habe natürlich nicht daran gedacht, darauf zu achten. Warum, so wie du reagierst, läuft da etwas gewaltig schief?“

      Susanne sah ihn an und wiederholte die letzten Worte: „Gewaltig schief.“

      Sie sah John an, dass sie mit ihrer Vermutung richtig lag. So angespannt sah sie ihn sehr selten. Wenn sie darüber nachdachte, war es wirklich zum ersten Mal. Auch seine Antwort kam nicht so schnell, wie sie es sich sonst gewohnt war.

      „Sieh dir das mal an.“

      John war aufgestanden, holte aus dem Pult zwei Latex-Handschuhe heraus und war mit dem Inhalt aus dem Couvert zum Besprechungstisch gelaufen.

      Nachdem er sich die Handschuhe übergezogen hatte, legte er vorsichtig einige Fotos auf den Tisch und klaubte noch einen Brief aus dem Couvert.

      „Die Männer auf den Fotos kenne ich. Allesamt Polizisten. Alle noch im Dienst.“

      Susanne setzte sich hin und schaute sich die Fotos an. Eine der abgebildeten Personen erkannte sie. Es war der Polizist, der an diesem ominösen Virus verstorben war. Ein Onlinemagazin hatte das Bild bereits unerlaubterweise veröffentlicht. Und dann war da auch noch Bruno Bär, der wohl beste Freund von ihrem Chef.

      Sie schaute John an, der sich wieder dem Brief gewidmet hatte.

      „Da läuft etwas ganz Merkwürdiges. Was habe ich mit dieser Sache zu tun. Ich bin schon viele Jahre nicht mehr bei der Polizei und jetzt das…“

      „Was?“, fragte Susanne erschrocken.

      John nahm vorsichtig den Brief und drehte ihn so, dass Susanne ihn lesen konnte. Gleichzeitig nahm er das Handy heraus und rief Bruno Bär an.

      Opferfotos

      Bruno stellte um 8.15 Uhr das Radio in seinem Büro aus, denn er konnte es einfach nicht mehr hören. Egal ob im Fernsehen oder Radio, überall sprach man darüber. Auf der einen Seite wusste er nicht, wie er damit umgehen sollte und auf der anderen Seite hatte er Angst. Einfach Angst.

      Wer der Eingeweihten hatte das nicht, in diesen Tagen.

      Adem Aslan, Frank Dörig und Caspar Blattmann saßen zusammen auf einer Bank in einem Besprechungszimmer. Sie versuchten, sich darauf zu konzentrieren, den Fall so zu klären, ohne Angst davor zu haben, dass es sie selbst treffen konnte. Bruno verließ den Raum, um sich die letzten Informationen zu holen.

      Das bisher einzige Indiz, dass es sich um ein Verbrechen handelte, war ein Zettel, der Bruno Bär in einem unscheinbaren Couvert an seine private Adresse gesendet worden war.

      Es werden noch einige folgen , stand unter dem Namen des ersten Opfers. Die Untersuchungen an Couvert und Papier blieben ergebnislos. Auf dem Papier waren keine Spuren erkennbar und das Couvert enthielt nur gut sichtbare Abdrücke des Postboten sowie von seiner Frau Nina und Bruno Bär. Alle anderen Abdrücke waren verschmiert und undeutlich. Es gab keine weiteren Hinweise mit Ausnahme des Poststempels. Abgestempelt wurde der Brief in einem Vorort Zürichs, was den Täterkreis nicht wirklich eingrenzen konnte.

      Ihr Kollege und Gruppenführer, Konrad von Gunten, war schon zwei Tage krank. Er lag mit Darmgrippe im Bett. Sicherlich hatte Konrad auch von den Vorkommnissen gehört. Frank wollte heute bei ihm vorbeigehen, doch das war nicht mehr nötig, da dieser plötzlich vor ihnen stand.

      „Konrad? Hey was machst du denn hier?“, fragte Frank.

      „Du solltest im Bett liegen“, machte sich Adem Sorgen.

      „Ich fühle mich wieder gut, wirklich. Das könnt ihr mir glauben und der Arzt hat mir bestätigt, dass ich keine Anzeichen von einem komischen Virus habe. Einfach eine Magen-Darm-Geschichte“, meinte Konrad, der immer noch etwas glasige Augen hatte.

      Seine Kollegen schauten ihn an. Adem legte den Kopf etwas schräg zur Seite, um zu untermauern und Konrad wortlos mitzuteilen, dass er es ihm nicht abnahm.

      „Glaubt mir das doch bitte. Hier ist eine Bestätigung vom Arzt. Ich komme so spät, weil ich noch bei ihm war“, betonte Konrad nochmals und legte ein Blatt Papier auf den Tisch.

      „Bruno, können wir das riskieren“, fragte Adem und sah Frank an, „der ist ja weiß wie ein Bettlaken.“

      „Mir geht’s wirklich gut“, wiederholte Konrad.

      „Na, gut Konrad. Aber sobald du dich nicht gut fühlst, gehst du wieder dahin, wo du hergekommen bist“, drohte Dörig mit ernster Stimme.

      „Ja Papa, das werde ich machen“, meinte Konrad mit einem süffisanten Lächeln.

      „Was gibt es Neues vom Virus? Haben sie endlich herausgefunden, worum was es sich handelt? Und wer ist verstorben? Ich habe es in den Nachrichten gehört“, fragte Konrad nach.

      „Nein, nichts Neues. Es sind bisher vermutlich zwei oder jetzt sogar drei Polizisten daran erkrankt. Einer ist, wie du scheinbar schon weißt, gestorben“, klärte ihn Frank auf.

      „Wer ist gestorben“, wollte Konrad wissen, da der Name noch nicht genannt wurde.

      „Nick Singer“, sagte Caspar leise.

      „Nick? Der Nick, der erst geheiratet hat und Papa geworden ist“, fragte Konrad weiter.

      „Ja, genau der“, meinte Aslan nachdenklich.

      Konrad nahm es äußerlich mit Fassung, aber ihm war nicht wohl. Nicht nur bei diesen Gedanken, auch seine Gesundheit war noch nicht ganz so gut, wie er es seinen Kollegen vormachte. Doch das wollte er seinen Kameraden nicht mitteilen. Er wollte mithelfen, das Virus zu stoppen und einen möglichen Täter zu fassen.

      Bär kam wieder dazu, nickte Konrad grüßend zu und zeigte dem Team, zwei ausgedruckte Dokumente.

      Er legte das erste Blatt Papier auf den Tisch. Es handelte sich um ein offizielles Papier, wie es in der Dienststelle gebräuchlich ist.

      „Das sind die zurzeit infizierten Polizisten“, bemerkte Bär und übergab das Blatt Konrad.

      „Nick Singer ist auch noch drauf. Den müssen wir leider von der Liste nehmen. Ich nehme an, ihr alle wisst es schon.

      Seine Leute nickten zustimmend und ließen die Köpfe etwas hängen.

      „Dieses Blatt Papier ist noch viel unangenehmer. Ich