John Etter

JOHN ETTER - Korrupt


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vielen Seiten Chats übereingekommen, dass sie sich dort am Mittag begegnen. Ich werde dich immer direkt informieren, was in der Zwischenzeit weiter zwischen den beiden läuft. Hier hast du den Link zu der Seite, in der ich die Chatverläufe zwischenspeichere. Ich liebe dich kommt schon jetzt recht häufig auf beiden Seiten des Chats vor.“

      Sie reichte Jorge einen Stick.

      „Susanne, ich muss John wirklich recht geben, du bist die allerbeste aller Perlen, die in seinem Team sind. Wobei, ich bin natürlich auch nicht schlecht“, ergänzte er mit einem schelmischen Lächeln.

      „Stimmt. Also, in diesem Hotel warst du letztes Jahr auch schon tätig. Hast du deine Beziehung zum Personal noch oder müssen wir versuchen, dieses Zimmer einen oder zwei Tage vorher zu mieten?“

      „Ich melde mich in einer Stunde bei dir. Wir werden wohl ohne diese Kosten auskommen, so bleibt mehr Budget für die reine Überwachung. Wir wollen ja unsere Kundinnen befriedigen.“

      Susanne sah kurz über den Brillenrand und schmunzelte. „Jaja, du und deine Doppeldeutigkeiten“.

      Jorge stand auf und ging in sein Büro, um sich auf den Fall vorzubereiten.

      Zwei Stunden später stand er wieder vor Susanne.

      „Alles wie schon mal gehabt. Ich treffe mich noch heute mit einem Zimmermädchen, das den dritten Stock unter sich hat. Mal wieder Glück gehabt. Kostet nur einen Drittel des Zimmerpreises, wenn sie die Wanze und die Kamera anbringt.“

      „Du bist gut, Jorge. Noch was, ich bin mir bei der Betrügerin nicht sicher, was sie wirklich will und ob sie vielleicht in diesem Zimmer ihren Rückzug durchgeben will.“

      „Wieso, was ist passiert?“

      „Sie hat sich gleichzeitig mit diesem Techtelmechtel auf einer Partnervermittlungsseite eingeloggt und sucht aktiv nach Männern. Aber viel läuft noch nicht. Habe nur kurz nachgesehen, als sie die Bestätigung und die ersten E-Mails erhielt. Merkwürdige Geschichte, wenn man den Chatverlauf und die „große Liebe“ so mitliest und dann das erfährt. Ich kann mir im Moment keinen Reim darauf machen. Es kommt mir irgendwie verzweifelt rüber.“

      „Ja, das überrascht mich jetzt auch, nachdem ich die Chats überflogen habe. Na ja, ich mache dann mal meinen Job. Am 23. Mai werde ich das Equipment frühmorgens übergeben und mich dann auf die Lauer legen. Ich bräuchte noch etwas Bargeld, die Zimmerdame will bar entschädigt werden.“

      Er vermied es, den Namen zu nennen.

      Susanne drehte sich auf ihrem Stuhl elegant um, öffnete den kleinen Tresor hinter ihr und drückte Jorge vier Hunderternoten in die Hand.

      „Das sollte für einige Tage Spesen reichen. Bitte hier quittieren.“

      Das Übliche

      Kurz nach siebzehn Uhr war die Aktion schon vorbei. Nachdem sie sich ihre Liebe noch und noch geschworen hatten, verabschiedete sich der Mann von seiner Geliebten. Nach einer richtig hemmungslosen Beziehung sah es für Jorge nicht aus. Aber vielleicht brachte er ihn auch einfach nicht besser hoch und war froh, sich mit den Entschuldigungen zurückziehen zu können, die er bereits im Voraus per WhatsApp abgegeben hatte. Er könne nicht länger bleiben, hatte er geschrieben.

      „Komischer Kerl, liebt eine Frau und findet trotzdem keine Zeit für sie“, dachte Jorge und schüttelte den Kopf.

      „Wenn schon, dann doch richtig, mit allem Drum und dran und nicht diese schnelle Möchtegern-Nummer mit viel Blabla und etwas Schmus.“

      Jorge, der mehr als eine Teeniezusammenkunft als Beweis für die betrogene Ehefrau erwartet hatte, drückte den Stopp-Button und fuhr zurück ins Büro.

      „Was, schon da?“, meldete sich Susanne aus dem Hinterzimmer.

      „Ich habe bemerkt, dass kein Ton mehr aus dem Zimmer kam, habe kurz die Bilder angesehen und das leere Zimmer erspäht. Ich war der Ansicht, die sind essen gegangen, bevor es zur nächsten Nummer und so richtig zur Sache geht“.

      „Nein, da muss ich dich enttäuschen, früher gehen, hieß in diesem Fall wirklich früher gehen und nicht mehr und auch ohne Nummer, wie du es nennst. Ich mache meinen kurzen Bericht, füge ein paar eindeutige Fotos einer „Verbindung“ bei und einige Mitschnitte der Gespräche. Aber, no Sex. Danach hänge ich mich in die wohl noch folgenden Chats rein. Das mache ich von zu Hause aus. Vielleicht gibt es bald wieder ein Tête-à-Tête mit noch mehr Munition für die betrogene Frau.“

      „Ja, mach das, ich gehe jetzt auch nach Hause zu meinen Tête-à-Tête.“

      „Ja, lass sie grüßen. Du hast wirklich eine tolle Partnerin.“

      „Danke, werde ich ihr sagen. Ich bin froh, dass ich seit unserem letzten Geschäftsanlass nichts mehr verheimlichen muss.“

      Susanne fuhr den Computer herunter, stand auf, packte Jacke und Tasche und verließ froh gelaunt das Büro.

      Jorge setzte sich auf seinen Platz und begann mit dem Rapport.

      Er achtete darauf, dass nicht allzu freizügige Fotos den Weg in den Bericht fanden und beließ es bei Beschreibungen des Beobachteten. Er wusste ja, dass eine betrogene Frau diese Berichte lesen würde und er wollte sie nicht noch mehr verletzen, als sie es schon war.

      Bevor Jorge das Büro verlassen wollte, checkte er das aktuelle Chatprotokoll und kopierte einige Zeilen daraus in den Rapport. So konnte er ein paar Fotos löschen.

      Es ging im Chat weder um die gegenseitige Liebe, dass Petra sich nach dem Treffen nicht geduscht habe und ihm so immer noch ganz nahe sei.

      Dies schien Jorge die bessere Lösung, als die betrogene Frau mit eindeutigen Fotos, die nur Momentaufnahmen waren, zu erzürnen.

      Er ertappte sich dabei, dass er das Verlangen verspürte, bei Palmina vorbeizufahren, um sich bei ihr für den gut gemachten Job zu bedanken. Da in dieser Nacht nichts mehr passieren würde, entschied er sich, als Mann der Tat dazu, dies auch zu tun.

      Eine Stunde später sassen Jorge und Palmina in einer Weinbar in der Altstadt und genossen zusammen ein Glas Rotwein.

      Die beiden kannten sich schon drei Jahre, aber außer einem gemeinsamen Abendessen, während dem Jorge nur eines im Sinn hatte, nämlich Palmina dazu zu bringen, eine Wanze in einem Zimmer zu verstecken, war nichts geschehen.

      Aber heute sah er sie mit anderen Augen an. Oder es war in den letzten drei Jahren in Palminas Leben viel passiert. Denn sie war viel adretter als damals, sprach jetzt schweizerdeutsch ohne großen Akzent und wirkte viel selbstsicherer als damals.

      Damals war Jorge noch in einer Beziehung und, da er eine treue Seele war, hatte er keinen Gedanken daran verschwendet, mehr von Palmina zu wollen.

      „Die Zeiten ändern sich“, dachte er und eine Stunde später war es auch für Palmina klar, dass Jorge mehr als nur eine gemeinsame Stunde in einer Bar wollte. Auch klar war, dass er eine ernsthafte Beziehung suchte und kein Abenteuer.

      Palmina war im ersten Augenblick etwas von der Situation überfordert. Sie lies aber die Avancen Jorges zu, da sie ihn ebenfalls attraktiv, anziehend und einen zweiten Blick wert fand. In den letzten Monaten war sie wieder für eine Beziehung bereit geworden, aber es mangelte ihr an Gelegenheiten dafür.

      Nach dem mit ausführlichen Gesprächen gefüllten Abend verabredeten sie sich für das kommende Wochenende. Jorge klärte Palmina sofort, dass es bei ihm, dem Job geschuldet, manchmal zu kurzfristigen Änderungen kommen könnte.

      Palmina ließ sich davon nicht einschüchtern und freute sich sehr auf das kommende Wiedersehen.

      Druck

      „Wenn du noch einmal in der Baukommission gegen uns abstimmst, musst du wissen, dass es auch noch andere Lieferanten gibt.“

      Das Gegenüber des Architekten wurde bleich. Er war seit Jahren der Hauptlieferant für sämtliche Baustellen des Mannes, der sich jetzt vor im breitbeinig aufgestellt hatte.