Sandra Grauer

Mehr als Freundschaft?


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kommst du denn auf so'n Quatsch? Ich war bloß sauer, da sagt man solche Sachen.« Er machte eine kurze Pause und sah mich auf einmal grinsend an. »Aber wenn ich ehrlich bin, ich hätt nichts dagegen. Du bist verdammt scharf, weißt du?« Ich lächelte verlegen und ließ mich von Patrick in den Arm nehmen. »Alles wieder gut?«, fragte er, und ich nickte. »Also dann. Kann ich euch irgendwie helfen? Ich bin gut im Anmachen.« Das war er, daran bestand kein Zweifel. Trotzdem überlegte ich einen Moment. Ich selbst hätte ihn gerne hier behalten, wo er schon einmal da war. Aber ich kannte Leons Einstellung zu ihm. »Ich weiß nicht so recht. Ehrlich gesagt glaub ich nicht, dass Leon sich dann noch trauen würde. Er stellt sich so schon ziemlich an.« »Dann überlass ihn doch einfach Pitt und komm mit mir. Ich wüsste da schon ein paar schöne Sachen, mit denen wir uns den Abend vertreiben können.« Patrick knabberte an der besonderen Stelle hinter meinem rechten Ohr, und einen kurzen Augenblick hätte ich fast zugestimmt. Ich seufzte. »Tut mir echt leid, aber das geht nicht. Mein Vater holt uns nachher hier ab. Du bist doch nicht böse?« Patrick schüttelte den Kopf. »Auf dich kann man doch gar nicht böse sein. Aber du lässt mich schon ganz schön zappeln. Gehört das etwa zu deiner Taktik?« »Ich hab keine Taktik«, erwiderte ich und gab ihm einen Kuss. »Und morgen bin ich nur für dich da, versprochen.« »Na schön, aber nur, wenn ich noch 'nen Tanz krieg.« Ich nickte und zog ihn auf die Tanzfläche.

      Bei einem Tanz blieb es nicht, und schließlich blieb Patrick doch bei uns. Mir war es nur recht, allerdings war es alles andere als leicht, Leon noch dazu zu kriegen, sich an die Brünette ranzumachen.

       »Na komm, jetzt versuch's doch wenigstens«, animierte ich ihn. »Was soll denn schon passieren? Im schlimmsten Fall hat sie kein Interesse, und du musst sie nie wiedersehen.«

       »Ja, und am Montag lacht die ganze Schule über mich«, knurrte Leon leise, aber ich verstand ihn trotzdem.

       »Ist doch gar nicht wahr. Wer sollte denn über dich lachen?«

       Leon antwortete nicht, warf Patrick aber einen vielsagenden Blick zu. Der hob abwehrend die Hände.

       »Ach komm schon, denkst du das etwa echt?«, fragte ich.

       »Ehrlich gesagt, ja. Die lachen sich so schon alle scheckig, wenn sie hören, dass ich Nachhilfe in Sachen Mädels brauch, und wenn ich mich dann noch blamier …«

       »Also jetzt übertreibst du aber«, meinte ich.

       »Wisst ihr was? Wir kürzen das Ganze einfach ab«, mischte sich Patrick nun ein und marschierte geradewegs auf die Mädchengruppe zu.

       »Jetzt bin ich aber mal gespannt«, sagte Pitt. Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah amüsiert zu Patrick und den Mädels hinüber.

       Nur Leon wirkte alles andere als begeistert. Die Mädels kicherten, während Patrick mit ihnen redete, und sahen immer wieder zu uns. Schließlich kam Patrick zurück und rief Leon zu:

       »Also zum Ficken haste keine Chance, bei keiner der Schnecken. Aber du«, wandte er sich an Pitt. »Die Blonde ist ganz scharf auf dich.«

       Die Mädels sahen immer noch zu uns herüber und kicherten, und auch den anderen Leuten um uns herum war die Szene nicht entgangen.

       »Super, auf Ficken hatte ich eh keine Lust. Ich geh dann mal nach Hause«, meinte Leon und verschwand.

       Ich hielt ihn am Arm fest, nachdem ich ihn endlich eingeholt hatte. »Hey, jetzt wart doch mal.«

       »Warum denn noch? Nachdem Patrick mich ja schon blamiert hat, muss ich das doch nicht mehr selbst übernehmen.«

       »Patrick hat das sicher nicht böse gemeint, Leon.«

       »Wenn du das sagst, Mia.«

       »Na komm schon. Du musst auch keine mehr anflirten, versprochen. Lass uns einfach wie vorher ein bisschen Spaß haben.«

       »Mir ist der Spaß vergangen, ich würd jetzt wirklich lieber nach Hause gehen.«

       »Aber mein Vater kommt erst in einer Stunde«, meinte ich, nachdem ich auf meine Armbanduhr gesehen hatte.

       Leon zuckte die Schultern. »Ich kann mir ein Taxi nehmen.«

       »Ach Leon.«

       »Ist okay, wirklich. Geh und hab Spaß, ich komm schon klar.« Und damit drehte Leon sich um und bahnte sich einen Weg durch die Menge.

       »Ich ruf dich morgen an, versprochen«, rief ich ihm noch hinterher. Ob er es hörte, konnte ich nicht sagen.

       »Hey Leon, jetzt wart doch mal«, schrie Pitt, der auf einmal neben mir stand, doch Leon drehte sich nicht einmal mehr zu uns um. »Was ist denn mit dem los?«, fragte Pitt und sah mich an.

       »Ich glaub, der ist beleidigt. Er meint, Patrick hätte ihn absichtlich blamiert.«

       »Hat er ja auch.« Ich wollte protestieren, doch Pitt ließ mich nicht zu Wort kommen. »Aber wenn er beleidigt abdampft, macht er's nur noch schlimmer.«

       »Tja, jetzt ist's eh zu spät.«

       »Eben«, meinte Pitt und legte einen Arm um meine Schultern. »Also lass uns das Beste draus machen. Du gehst zu deinem Schatzi, und ich schnapp mir Blondie.«

       Leon

       Samstag, 27. April, 23:45 Uhr

      Ich weiß echt nicht, was Mia an Patrick findet. Der Kerl ist einfach nur ein Arschloch. Er sieht nicht mal gut aus, und in der Birne hat er auch nichts. Was Mädchen nur immer von solchen Idioten wollen? Wir waren grad zusammen in der Disco. Genauer gesagt sind Mia und Pitt samt Patrick noch da. Ich darf gar nicht drüber nachdenken, ich hab grad so einen Hass auf die drei. Ich mein, was denken die sich eigentlich? Von Freunden kann man doch wohl etwas mehr Verständnis und Unterstützung erwarten. Stattdessen verhalten die sich auch nicht besser als Patrick, der Arsch. Der hat's mal wieder geschafft, mich zu blamieren und wie den letzten Deppen dastehen zu lassen, und Mia und Pitt scheinen das nicht mal mitgekriegt zu haben. Oder es war ihnen einfach egal. So oder so, das ist ein scheiß Verhalten unter Freunden. Und dabei war der Abend überraschenderweise ganz lustig, bevor der Idiot aufgekreuzt ist. Es hat richtig Spaß gemacht mit Mia und Pitt, und ich hätte sogar versucht, das braunhaarige Mädchen anzuflirten. Deshalb waren wir doch eigentlich zusammen unterwegs. Und wer weiß, vielleicht wär das Mädel ja sogar darauf eingestiegen. Aber Patrick hat mal wieder alles versaut. Ich versteh einfach nicht, warum Mia ihn nicht wieder weggeschickt hat. Der hatte da nichts zu suchen, das war unser verdammter Abend. Aber wie immer hatte Mia ja nur noch Augen für ihn, und das obwohl er sie anfangs ziemlich blöd angemacht hat. Ich mein, es war doch klar, dass das für mich 'ne scheiß Situation war. Die ganze Aktion war ohnehin schon peinlich genug, und Patricks Anwesenheit hat das Ganze nur noch schlimmer gemacht. Aber das war Mia herzlich egal. Sie hat nicht mal gefragt, ob das für mich okay ist, wenn er bleibt. Und dabei sollte es an diesem einen Abend ausnahmsweise mal nur um mich gehen. Aber das kenn ich ja schon. Schlussendlich hat sich mal wieder alles um die anderen gedreht. Mia und ihr geliebter Patrick, und auch Pitt hatte schon wieder Erfolg bei den Mädels, obwohl er keinen Finger krumm gemacht hat. Nur ich hocke mal wieder am Samstagabend allein zu Hause und hör mir »Smells like Teen Spirit« in 'ner Dauerschleife an. Ich liebe es – von den eigenen Freunden für ein bisschen Spaß verraten.

       Sonntag, 28. April, 22 Uhr

       Super, nicht mal angerufen hat sie. Ich bin extra den ganzen Tag zu Hause geblieben, obwohl ich eigentlich Oma besuchen wollte. Sie hatte doch gesagt, dass sie anrufen wollte, und ich hatte gehofft, sie würde vielleicht sogar vorbeikommen, um sich zu entschuldigen oder zu sehen, wie es mir geht. Aber nein, bei mir hat sich niemand gemeldet. Auch nicht Pitt. Wahrscheinlich stand er den ganzen Tag auf seinem dämlichen Fußballplatz, und Mia hat sich mit ihrem Idioten von Freund amüsiert. Was sind das für Freunde? Ich hätte auf jeden Fall angerufen oder nach ihnen gesehen (wenn man mal davon absieht, dass ich erst gar keinen der beiden allein nach Hause hätte gehen lassen). Mann, seit wann ist das Leben eigentlich so scheiße???

      »Hey Leon, wie war dein Wochenende denn noch so?«, rief Pitt und kam lässig