Petra Misovic

Unter dem Strand


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Unterleib an ihren Bauch, er ist größer als sie und sein Kopf beugt sich zu ihr herunter, fast flüstert er seine Frage und sein Kinn berührt dabei ihre Schulter How much you pay?

      Man kann nicht sagen, daß Barbara gleich versteht, um welchen Handel es hier geht, als würden Schleusen in ihrem Kopf geöffnet fluten Gedanken ihr Hirn, für was soll ich zahlen? was kann er mir geben? hat er irgendwelche Informationen für mich? kannte er Harald? und bereitwillig folgt sie ihm über den Strand und erst als sie neben ihm sitzt, auf dem Boden im Sand, seinen Arm um ihre Schulter, greift er nach ihrer Hand und legt sie in seinen Schoß und sie spürt seinen Penis durch den dünnen Stoff, wie er steif wird und wächst und erst da schießt ihr das Blut ins Gesicht. Sie springt auf, sucht nach ihren Schuhen und rennt über den Strand auf eine Laterne zu, die ihr den sicheren Weg nach oben weist und sie hört ihn wie er ihr hinterher ruft hey, what's wrong with you? und rennt einfach weiter durch den Garten, vorbei an dem Wachmann, der sie freundlich grüßt, und erst am Pool hält sie inne, sie zwingt sich, normal zu gehen, klopft sich den Sand vom Kleid und geht unauffällig zurück zu ihrem Bungalow.

      In der Minibar findet sie Haralds Flachmann, den hat er vergessen, und sie setzt sich nach draußen zur Katze, die hier auf ihre Gönnerin wartet. Barbara fühlt sich beschmutzt und erniedrigt.

      Als das Telefon klingelt, eine Panik, die ihr in die Gedärme fährt, durch den Magen, immer weiter nach oben, ihr den Hals abschnürt und der Atem wird knapp, weil sie ahnt, der Leopardenmensch ist am anderen Ende der Leitung und es klingelt und klingelt. Und hört wieder auf. Ganz allmählich nur kehrt der Verstand zurück und dabei hilft auch der Whiskey, Medizin.

      Er kann es nicht sein, woher soll er denn wissen, wer Barbara ist, wo sie wohnt. Die Zikaden, das melodische Schnurren der Katze auf ihrem Bauch, die weiche, warme Nacht, die sie umfängt und beim nächsten Schrillen des Telefons bleibt sie einfach so sitzen und es ist, als ob sie gar nicht gemeint ist.

      Als es aufhört holt sie das Kopfkissen unter dem Moskitonetz hervor und legt es aufs Telefon, daneben eine dicke Mappe, die ihr Interesse weckt, mit Informationen über das Hotel, Fernsehprogramme, Wäscheservice und Wellness, Frühstück aufs Zimmer und sie verliert sich in den Abbildungen von Landschaft und wilden Tieren, die Werbung machen für Ausflüge in die Umgebung.

      10

      Sie bestellt das Frühstück aufs Zimmer, verzichtet gern auf die Auswahl, auf das liebevoll arrangierte Büffet, wenn sie nur keine ungebetenen Ratschläge entgegen nehmen muß, außerdem würde sie diese mitleidigen Blicke heute noch schlechter ertragen als sonst. Die Scham, sie sitzt tief und immer wieder hört sie sich zu dem Fremden sagen I was dreaming of you, und was mag er gedacht haben, der Fremde? Daß sie ihn attraktiv findet und sich ein paar nette Stunden machen will, mit ihm. Ganz offensichtlich, daß er auf ihren Vorschlag eingehen wollte, und wie er sich verhalten hat, ganz unaufgeregt, fast professionell, falls dieses Wort der Situation angemessen ist, schließlich ist er im Hauptberuf Künstler und trotzdem die Gewißheit, daß es nicht das erste Mal war, daß ihm solch eine Offerte gemacht wurde. Daß er sich für so was bezahlen ließ.

      Als das Telefon klingelt ist es Mandizha der wissen will, wie es ihr geht. Schwierig. Es geht ihr beschissen. Sie sitzt da mit einem Stapel Papiere, die sie nicht versteht, weil sie auf englisch sind, die ihr nichts nützen, weil nichts drin steht, was ihr weiterhilft. Sie hat kein Geld, um hier bleiben zu können. Sie hat niemanden, mit dem sie reden kann, über das, was passiert ist. Ihr ist zum Heulen aber das wird den Polizisten nicht interessieren. I am ok sagt sie und how are you? - Oh, me I am fine, thank you. I would like to talk to you soon. Are you comming to the consulate the other day? - Oh, I don’t know. - You should go there, I am sure they will help you with all the papers, you know. Maybe things will be easier, if you find someone, who will take care of you and translate. Sie soll sich ans Konsulat wenden, die würden ihr helfen. Do you need the telephone number? - Thank you. - Maybe we can meet there? Or should I come and pick you up at the hotel? Wenn er sie abholen würde? I don’t know. - So I call again tomorrow. - Ok. Bye-bye.

      Sie legt auf. Starrt auf das Telefon.

      Was, wenn sie ihn nochmals anriefe. Seine Nummer steht auf seiner Karte, die hat sie in ihrem Beutel verstaut und sie könnte ihn fragen, was er denkt, wie lange sie noch hier bleiben muß. Sie könnte fragen, was mit Haralds Sachen geschehen ist, ob sie die zurückhaben kann. Oder ob Bargeld im Safe war, das wäre sowieso weg, wahrscheinlich. Ob er sie zum Konsulat bringen kann. Und kriegt es nicht hin, wenigstens nach der Visitenkarte könnte sie suchen. Und sitzt vor dem Telefon und traut sich das nicht.

      Es klopft an der Tür, der junge Mann möchte das Zimmer machen und sie hält das nicht aus, wenn er da ist und putzt und läuft raus aus dem Zimmer, sie weiß nicht recht, wohin sie denn soll. Überall hellblaue hilfreiche Geister, wie sie Wäscheberge davontragen und den Müll, Wege werden gefegt, Laub wird geharkt, mit einer Zwille vertreibt einer die Affen, die sich zu nah heranwagen. Es wird ihr zuviel und kein Ort, an dem sie sich sicher und wohl fühlt. Von fern die aufmunternden Anweisungen einer attraktiven Animatorin, Wassergymnastik im Pool. Dort wird zur hiesigen Popmusik eifrig geplanscht. Ältere Damen, junge Männer haken sich unter und bewegen im Rhythmus Bauch, Beine und Po. Sie muß dort vorbei, wenn sie an den Strand will und die Animatorin versucht, Barbara in den Pool zu locken, sie soll mitmachen, das tut nämlich gut. Barbara sträubt sich. Sie ist nicht im Urlaub.

      Am Strand geht es friedlicher zu. Ein krummbeiniger alter Mann schleppt eine Auflage für die Strandliege heran, rückt sie unter den Sonnenschirm aus Stroh und drapiert das Handtuch für sie. Barbara hat kein Trinkgeld dabei. Hakuna matata. No problem. Sie bedankt sich, streift sich die Schuhe von den Füßen, schaut aufs Meer. Der weiße Strand, die Sonne glitzert auf dem Wasser. Ich brauche eine Sonnenbrille. Und einen Hut.

      Nach einer Weile zieht sie das T-Shirt aus und die Shorts und fühlt sich unbehaglich und schutzlos in ihrem aus der Mode geratenen Badeanzug und ihre winterweiße Haut verrät jedem, daß sie hier neu ist und es ist ihr, als hätten Ruth und Dieter, die unweit auf Strandliegen rösten, sie mit dem jungen Mann gesehen, letzte Nacht, und sie merkt, wie sich ihre Wangen röten, wie sie wütend wird, auf sich und auf Dieter und Ruth. Ein Kellner kommt, so how are you today? - I’m fine and you? Very well, thank you, und es interessiert sie nicht die Bohne, wie es ihm geht und sie gibt sich Mühe, ihre Wut zu unterdrücken, schließlich hat er kein Leopardenfell an und außerdem ist er sehr freundlich, what would you like to drink, madame? We have nice fresh juices and also fresh cocktails. Er zaubert eine Karte hervor, auf der die Getränke abgebildet sind. Where you from? Germany? Ich kann ihren Akzent erkennen. Ihre Augen sagen mir, daß ich recht habe. Und schon schrillen Alarmglocken. Sie wird einsilbig, will nicht plaudern und ertappt sich, wie es sie doch interessiert, warum er so gut deutsch spricht und sie verkneift sich die Frage. Ich empfehle ihnen heute unseren wunderbaren Ananasshake mit banana and mango and yoghurt. Na? Einverstanden?

      Das Paar neben ihr will zum Wasser. Keine zehn Schritte von der Liege entfernt und sie werden von einem Maassai-Krieger mit geflochtener Mähne gestellt. Der bietet feil, was er am Leib trägt, mehrere Gürtel, mit Perlen bestickt, das Schild, den Speer, alles Handarbeit und sie wimmeln ihn ab. Und der Nächste, der ihnen den Weg zum Wasser abschneidet. Er hat im Schatten des Felsens gelauert und sich wie die Löwin in Bewegung gesetzt, kaum hat sich die Beute vom bewachten Terrain der Hotelliegen fort Richtung Wasser bewegt. Er hält aufgeklappt eine Mappe, deutet auf Fotos darin, versucht Schritt zu halten neben ihnen im Sand und sie beachten ihn kaum, streben ins Meer, fast auf der Flucht. Was er verkaufen will? Barbara weiß es nicht. Er trägt Schuhe, die sollen nicht naß werden, und sie erreichen das Wasser und sind ihn los, balgen wie junge Hunde, planschen und küssen sich im flachen Wasser, das ihnen zu den Schenkeln reicht und er steht dort, am Rande des Ozeans, in seiner ausgeleierten Anzughose, sein kanariengelbes Hemd leuchtet in der Sonne, ein trauriger Papagei. Eine Weile noch hält er Ausschau nach Kundschaft, dann trottet er verzagt zurück in den Schatten.

      Es kommen Kamele und tragen Touristen auf ihrem Rücken den Strand hinunter, der hagere Kameltreiber winkt Barbara fröhlich zu und sie winkt zurück. Der Kellner bringt das Getränk. Karibu. Genießen Sie ihren Cocktail, bitte. Das Paar im Wasser läßt sich von den Wellen schaukeln, Sex on the