Gloria Fröhlich

SINN FLUT


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Die Information von draußen war tröstend. Beruhigt las er von morgens bis abends den Zauberberg. Am Abend vor seiner Entlassung wurde die Strahlung, die noch von ihm ausging, mit einem Gerät gemessen. Er strahlte zufrieden stellend in vibrierenden Tönen! Zufrieden stellend! Ging das überhaupt? Der Krankenpfleger kam unbesorgt hinter die Bleiwand an sein Bett, hatte Erbarmen und erlaubte ihm, zu duschen. Niemand wich vor ihm zurück, als an ihm am nächsten Morgen die Abschlussuntersuchung vorgenommen wurde. Sie ergab ein richtig gutes Ergebnis! Das Radio-Jod hatte ausgemerzt, was ihn jahrelang krank gemacht hatte! Radio-Jod, ein Segen für die Menschheit, ein Hoch auf die Wissenschaft! „Hunde und Katzen leben nicht dreißig Jahre, aber halten sie sich von kleinen Kindern fern. Nach einer Woche ist wieder alles in Ordnung“, gab man ihm auf den Weg. Er nickte und ging durch die Tür, die streng bewacht, für ihn, wie von Geisterhand, geöffnet wurde. Er sah den langen Gang entlang, auf dessen blank gebohnertem Fußboden die Deckenlampen in gleichmäßigen Abständen milchiges Licht verstreuten. Der Raum vor dem Ausgang war mit gesundem und krankem Leben gespickt. Ein Mann im Rollstuhl qualmte wie ein Schlot, mit dem guten Gefühl, dass sein Raucherbein amputiert, ihm nun keine Probleme mehr machte. Der Novembertag, der ihn draußen empfing, war grau und unfreundlich. Er verweilte wenige Augenblicke auf den feuchten Steinen vor der breiten Flügeltür, atmete die kalte Luft und hatte das Gefühl, dass er eine Ewigkeit hinter diesen Mauern verschwunden gewesen war. Die Erleichterung, das hier überstanden zu haben, überzog sein Gesicht mit einer außergewöhnlichen Heiterkeit, als er das erste Taxi heranwinkte, das vor dem Krankenhaus in der Schlange stand, die Tür öffnete und einstieg. Der Taxifahrer war freundlicher als das Wetter. „Na, sie strahlen ja “, polterte seine Stimme von vorn nach hinten. „Woher wissen sie das?“ „Wissen, ne, ne, mit Wissen kann ich da nicht dienen, aber ich komme mit so vielen Menschen zusammen, dass ich so etwas sehe, reine Menschenkenntnis, wissen se, da spricht quasi die langjährige Erfahrung, wo darf ich sie hinfahren?“ Im Traum, da griff der Tod nach mir und ließ mich Äpfel pflücken. Und wollte dann auch noch Gelee, mit dicken Schokostücken. Er wollte Wein und wollte Bier, Aufläufe und den Schinken schier! Shiitakecreme und Mascapone und Himbeerquark mit Kaffeebohne. Zum Sonntag sollt’ ich Braten rollen, und zum Advent, da wollt’ er Stollen. Er wollte Tee, wenn andre schliefen, Pantoffeln an den Knochenfüßen. Er wollt’ es sauber und auch warm und legte Wert auf meinen Charme. Er war sehr freundlich, welche Häme! Und zeigte lachend seine Zähne! Wenn ich auch noch den Rasen mähe und irgendwann dann nicht mehr kann, dann weiß ich, mit viel Ach und Wehe, der Tod im Traum, das war mein Mann! Frau: „Mit sechs Kindern ist es nicht einfach. Das fängt schon früh morgens an, was heißt früh, ich habe immer das Gefühl, es ist gerade eben erst nach Mitternacht, wenn es in den Kinderzimmern schon wieder rundgeht. Und abends, na, ich kann ihnen sagen, bis der letzte Zwerg eingeschlafen ist, ist es halb neun.“ „Und ihr Mann?“ „Ach, das Frühstück mache ich noch im Halbschlaf. Das merken die und nerven herum. Milch, Milchkaffee, eins will Kakao, das andere Orangensaft oder doch lieber Cola, ich weiß oft nicht, was ich zu zuerst machen soll.“ „Und ihr Mann? Hilft er?“ „Die Schulbrote mache ich schon lange nicht mehr nach Wunsch. Es gibt, was es gibt. Müsliriegel habe ich gestrichen, das ist mir zu teuer, so viel Geld, davon kann ich schon das Gemüse für das Mittagessen kaufen, wenigstens einen Teil davon.“ Und ihr Mann? Macht der auch?“ „Neulich wollten die wieder Zwiebelkuchen. Nein, habe ich gesagt, den gibt es nur, wenn wir zur Zwetschgenzeit in Bad Bevensen sind. Da wohnt nämlich die Oma, wissen sie, die hat einen Garten mit alten Obstbäumen und da gibt es immer richtig was zum Ernten. Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Pflaumen, Mirabellen! Und dann wird gebacken! Da machen wir alle mit, da haben wir rote Köpfe, im Haus riecht es lecker, und nachher sind alle satt vom Zwiebelkuchen! „Ich dachte Pflaumen, sie haben doch gesagt Pflaumen- und Apfelbäume… und ihr Mann, hilft der au…“ „Ihr Mann? Die Oma, die hat schon lange keinen Mann mehr, der hat sich im letzten Jahr dermaßen aufgeregt, weil sie ihm wieder gesagt hat, das Stück Kuchen mit Pflaumen auf seinem Teller sei Zwiebelkuchen. Diesmal hat sie ihn angeschrieen, du nennst mich doch auch alte Zwiebel wenn dir danach ist, da fragst du auch nicht, ob das richtig ist, also iss und halt den Mund! Er hat sie mit weit aufgerissenen Augen angesehen, noch einmal gejappt und fiel dann mit knallrotem Gesicht in die Pflaumen vom Zwiebelkuchen. Der war der Oma richtig gut gelungen, so richtig dick belegt und aufgegangen. Darum sah man auch nichts mehr von seinem Gesicht, nur noch den Hinterkopf, tragisch, sag ich ihnen. Der Opa – tot, mausetot, Herz- oder Hirnschlag, was alte Männer so kriegen, wenn sie sich aufregen! „Ach, du meine Güte, wie schrecklich, war das denn nun Zwiebelkuchen oder Pflaume?“ „Nein, nein, die Oma hat verschmitzt gelächelt und gesagt: „Na, hast jetzt die Nase voll von deinem Pflaumenkuchen?“

      „Ich dachte Zwiebelkuchen…. in Bad Bevensen gibt es doch immer

      Zwiebelkuchen, aber…“ „Nun habe ich nur von mir geredet. Und ihr Mann, was macht ihr Mann, erzählen sie mal, mag der auch so gern Zwiebelkuchen, dann kommen sie doch mal zur Pflaumenzeit nach Bad Bevensen.“ Des Tages Irrsinn ist vorbei, die Nacht kommt gut gelaunt. Der Traum beginnt mit einem Schrei und wird sofort bestaunt. Dann stellt der Schlaf sich wieder ein, ist tief und fest, wie immer. Und weiß erhellt der Mondenschein, das ausgekühlte Zimmer. Und draußen hallt der Krähenruf, sehr einsam durch die Welt, bis morgen früh das Einerlei, den neuen Tag entstellt.

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