Bärbel Junker

Jagd auf Cosima


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eine so zerstörerische Macht?

      „Können Sie sich vorstellen, meine Herren, was meine Wasservernichtungswanzen aus unserem blühenden Land machen können?“, fragt die Computerstimme spöttisch.

      „Genau! Eine gewaltige Sandwüste bar jeglichen Lebens. Durch Cosima stehen mir jede Menge Wasservernichtungswanzen zur Verfügung. Mit ihnen könnte ich Flüsse und Seen und natürlich auch die Wasserversorgungssysteme in Deutschland und den Anrainerstaaten vernichten.

      Sie glauben mir nicht und denken an die Milliarden von Wanzen, die dazu erforderlich wären? Ja und? Kein Problem. Schauen sie wie einfach das für mich ist. Ja, schauen Sie auf den Monitor! Sehen sie es?“

      Die Wasservernichtungswanzen verändern sich! Sie dehnen sich, ziehen sich wieder zusammen und – teilen sich wieder und immer wieder, bis die erforderliche Anzahl für die jeweilige Wassermenge erreicht ist.

      „Dieses System ist perfekter als alles, was Menschen jemals erschaffen haben“, sagt der Erpresser.

      „Der Kerl ist verrückt! Völlig verrückt!“, keucht der Innenminister. „Mit diesen grauenhaften Viechern könnte alles Leben vernichtet werden. Und dieser Wahnsinnige ist davon auch noch begeistert! Ich glaube ...“

      Die Stimme des Erpressers unterbricht ihn, als hätte er zugehört:

      „Ja, meine Insekten wurden erschaffen, um zu vernichten. Aber ist der Mensch denn anders? Der Unterschied besteht doch letztendlich nur im Abwägen des Vorteils.

      Meine Wanzen machen Wasser zu Sand, ohne dadurch einen Vorteil zu erringen. Im Gegenteil! Sie vergehen mit dem Wasser, kaum etwas bleibt von ihnen übrig.

      Der Mensch jedoch vernichtet um des eigenen Vorteils wegen. Die Geschichte lehrt uns das ja zur Genüge. Von jeher war die Gier nach Reichtum und Macht die Triebfeder für unglaubliche Gräueltaten.

      Unter dem Mäntelchen Gutes fürs Volk tun zu wollen wurden und werden die Menschen in Kriege und Hungersnöte, Armut und Verzweiflung getrieben, wobei der wirkliche Grund, der wahre Auslöser für all diese Scheußlichkeiten immer wieder die Machtbesessenheit einiger weniger ist.

      Sie bereichern sich, saugen das Volk aus wie Vampire und wenn nichts mehr zu holen ist und alles zusammenzubrechen droht, verschwinden sie und lassen ihr Land ausgeblutet zurück.

      Für mich gibt es keine gewissenlosere Kreatur als den Menschen“, zischt die Stimme voller Hass. „Dagegen ist meine Cosima ein Juwel an Reinheit, innerer Schönheit und Güte! Doch was soll´s. Sie, als Politiker, wissen das alles ja aus eigener Anschauung viel besser als ich.

      Oder ist auch nur einer unter Ihnen, der ein ganz normales Leben in einer der üblichen, dem einfachen Volk vorbehaltenen Gegend, in einer schlichten Mietwohnung, mit durchschnittlichem Einkommen, führt?

      Wohl kaum, meine Herren.

      Unter einem feudalen Haus in bester Lage und anderen, lukrativen Vergünstigungen macht es doch keiner von Ihrer Sorte. Sie sind intelligent, clever und sehr gerissen. Sie besitzen die richtigen Verbindungen und Beziehungen und verstehen sie zu nutzen. Das Volk kann sehen wo es bleibt. Im Grunde ist es Ihnen sogar lästig.

      Aber zum Zahlen und zum Wählen wird es benötigt. Deshalb muss es wohl oder übel einigermaßen gut behandelt, von Zeit zu Zeit eingelullt, beschäftigt und abgelenkt werden. Manipulation ist wichtig! Und auf die Intelligenz im Lande hat man ein waches Auge. Möglichst das Volk dumm halten, heißt die Parole. Solange es den Menschen nicht zu schlecht geht, halten sie still.

      Allerdings hält sich mein Mitleid in Grenzen. Die meisten von ihnen haben es nicht besser verdient. Ohne die Menschheit wäre unsere Erde sicherlich weitaus besser dran.

      Und jetzt, meine Herren Politiker, hören Sie gut zu, denn ich stelle meine Forderung nur dieses eine Mal. In genau sieben Tagen, also am 17. August, zahlen Sie an mich fünfzig Millionen Euro oder meine Wasservernichtungswanzen beginnen ihr Werk. Ort und Zeit der Übergabe erfährt Innenminister Stein rechtzeitig von mir. Er muss für mich ab dem 17. August in seinem Büro jederzeit telefonisch erreichbar sein.

      Wenn alles zu meiner Zufriedenheit verläuft, erhalten Sie im Gegenzug Cosima und die bis dahin produzierten Wanzen. Aber geben Sie sich besser keinen machthungrigen Hoffnungen in Bezug auf meine Mutterwanze hin, denn ich werde Cosima im Moment der Übergabe vernichten.

      Sie sind überrascht?

      Haben Sie sich etwa wirklich eingebildet, ich überließe Ihnen ein derartiges Machtpotenzial zur freien Verfügung? Na ja, wahrscheinlich haben Sie das tatsächlich. Gewissenlos genug sind die Herren Politiker ja allemal!

      Wenn Sie zahlen, haben Sie von mir nichts mehr zu befürchten. Wenn nicht, werde ich meine Wasservernichtungswanzen rücksichtslos zum Einsatz bringen und Deutschland in eine Sandwüste verwandeln“, droht der Erpresser.

      Beschaffen Sie das Geld! Sie hören wieder von mir!“

      Ein letztes Mal beherrscht Cosima den Monitor, ein Klicken und sie ist fort. Irgendjemand drückt auf den Knopf für die automatischen Jalousien. Es wird hell.

      „Das gibt es doch nicht“, stöhnt der Innenminister. „Der Kerl will fünfzig Millionen aus uns herauspressen. Ob dieser Verrückte es wirklich ernst meint?“

      „Selbstverständlich ist es dem Verbrecher mit der Erpressung ernst“, ertönt die sonore Stimme des Bundeskanzlers.

      „Ob diese Wanzen wirklich so gefährlich sind oder blufft der Kerl?“, fragt Hajo Bentheim, der Leiter des Bundeskriminalamtes, kurz BKA genannt.

      „Wenn ich an die Fotos von dem Forellenteich in Harsefeld denke und daran, der Kerl könnte diese Viecher wirklich in die Wasserversorgungssysteme einschleusen, dann bekomme ich ganz schönes Muffensausen“, sagt der Innenminister burschikos.

      „Also, meine Herren, was schlagen Sie vor?“, will der Bundeskanzler wissen.

      „Der Erpresser muss unschädlich gemacht werden; und wir müssen diese vermaledeite Mutterwanze finden“, knurrt Bentheim.

      „Das ist wohl wahr. Sie wäre ein fantastisches Druckmittel anderen Staaten gegenüber“, meint der Verteidigungsminister verträumt. „Mit dieser Cosima im Hintergrund würden sich für uns herrliche Verhandlungsspielräume eröffnen.“

      „Das wäre zwar nicht besonders nett, aber sicherlich sehr ergiebig“, murmelt Peter Baumgarten, der Außenminister.

      Die wichtigsten Männer des Staates verhandeln und diskutieren, denn zahlen wollen sie natürlich nicht. Endlich schieben sie Hajo Bentheim den schwarzen Peter zu. Sie verlangen, dass der BKA-Chef den Erpresser bei der Geldübergabe fasst.

      „Wir sollten die Professoren Wenzel und Schnieker einweihen. Vielleicht finden sie heraus, was für ein Lebewesen diese Cosima ist. Würden wir ihre Lebensbedingungen kennen, könnten wir vielleicht herausfinden, wo der Kerl sie versteckt hält“, schlägt Bentheim vor.

      „Ausgezeichnete Idee“, lobt der Bundeskanzler. „Leiten Sie alles Nötige in die Wege und machen Sie für morgen Mittag, einen Termin“, befiehlt er.

      BARTELS ÜBERRASCHT TANJA

      Tanja stoppte mit quietschenden Reifen und sprang aus dem Golf. Sie rannte auf den Gasthof zu und stieß so heftig die Tür auf, dass diese krachend gegen die Wand schlug und dem Wissenschaftler fast gegen den Kopf gekracht wäre.

      Der Wirt ließ vor Schreck ein Glas fallen. „Sind Sie verrückt geworden?“, schimpfte er. „Sie hätten fast meine schöne Eichentür demoliert!“

      „Entschuldigen Sie“, sagte Tanja und verzog sich in eine Ecke, um zu telefonieren.

      Bartels war noch in seinem Büro und zeigte sich erstaunlich kooperativ. „Was ist denn in den gefahren?“, murmelte Tanja verblüfft, bevor sie ihren Bericht durchgab.

      „Sehr