Bärbel Junker

Jagd auf Cosima


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einverstanden?“

      „Aber selbstverständlich, meine Liebe. Der Artikel ist brillant. Ich wüsste nicht, was daran verbessert werden könnte. Bleiben Sie in Harsefeld. An der Sache könnte mehr dran sein, als sich in diesem Anfangsstadium übersehen lässt. Bleiben Sie am Ball.“

      „Ist der krank?“, murmelte Tanja perplex und ging zum Schankraum zurück. Alfons saß am Tresen und informierte den Wirt lautstark über den Stand der Ereignisse. Anscheinend hatte er es am Badesee nicht lange ausgehalten.

      „Wozu soll ich einen Haufen Sand bewachen“, erwiderte er auf ihre Frage. „Der Badesee ist futsch. Aus dem Haufen Sand wird nie wieder Wasser.“

      „Ich brauche ein Zimmer“, sagte Tanja zu Karl, dem Wirt. „Ich bleibe noch ein bisschen.“

      WASSERKILLER!

      Als Tanja am nächsten Morgen in den Frühstücksraum kam und die Morgenzeitung nahm, sprang ihr die reißerisch aufgemachte Überschrift ihres Artikels förmlich ins Gesicht:

       WASSERKILLER!

       In Niedersachsens Gewässern!

       Droht uns der Tod durch Verdursten?!

      „Das war Bartels, dieser verdammte Mistkerl“, schimpfte Tanja. Wütend klatschte sie die Zeitung auf den Tisch, nachdem sie ihren aufgemotzten Artikel gelesen hatte. Das war ja die reinste Panikmache!

      „Ich hoffe, Ihr Unmut gilt nicht mir, meine Liebe“, sagte Henrik van Cliff und blieb neben ihrem Tisch stehen. „Darf ich mich zu Ihnen setzen?“

      „Gern. Ich bin auf meinen Redakteur wütend. Er hat meinen Artikel völlig verschandelt mit seiner Panikmache. Ich wollte die Leser zwar informieren, aber doch nicht in den Herzinfarkt treiben“, knurrte sie böse.

      Van Cliff setzte sich und griff nach der Zeitung. „Sie haben recht, Tanja. Solider Journalismus ist das nicht“, stimmte er ihr zu, nachdem er den Artikel gelesen hatte. „Ich darf Sie doch beim Vornamen nennen?“, fragte er. „Wo uns der Zufall doch zu Partnern gemacht hat“, fügte er lächelnd hinzu.

      Sie musterte ihn misstrauisch. Wollte er sie etwa anmachen? Nein, entschied sie instinktiv. Er ist eher der väterliche Typ. Alter zwischen fünfzig und sechzig; volles graumeliertes Haar; markantes Gesicht; sportliche Figur. Alles in allem ein sehr sympathischer, Vertrauen erweckender Mann, beendete sie ihre Kurzanalyse zu seinen Gunsten. „Sie dürfen“, lächelte sie. „Sich mit dem Vornamen anzusprechen, hat mir schon während meiner Zeit in den USA ausnehmend gut gefallen. Es macht das Leben unkomplizierter.“

      „Fein, Tanja. Ich heiße Henrik“, sagte van Cliff. „Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja. Wie gesagt, ich kann Ihre Empörung über den Artikel zwar verstehen, doch ganz so überzogen geschrieben wie Sie glauben, ist er leider nicht.“

      „Nicht? Wie meinen Sie das? Der Artikel ist doch die reinste Horrorgeschichte.“

      „Das ist nur teilweise richtig wie Sie gleich feststellen werden.“

      „Henrik, wissen Sie etwas, was ich noch nicht weiß?“, fragte Tanja. „Ich wollte Sie gestern Abend noch sprechen, aber Karl sagte mir, Sie seien nicht im Hause. Ist etwas passiert?“

      Seine durchdringenden Augen musterten sie nachdenklich. „Also gut, Tanja. Ja, gestern Abend ist wirklich etwas passiert“, erwiderte er. „Aber Sie müssen mir versprechen, mich unbedingt aus Ihren Artikeln herauszuhalten. Kann ich mich darauf verlassen?“, fragte er eindringlich. „Sollten Sie sich nicht daran halten, könnte mich das nämlich in ernsthafte Schwierigkeiten bringen.“

      Sie begegnete seinem Blick und erschrak vor der darin liegenden Intensität.

      „Spannen Sie mich nicht auf die Folter, Henrik. Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, Ihren Namen in keinem meiner Artikel zu erwähnen, solange Sie es nicht ausdrücklich wünschen. Ist das für Sie okay?“

      Er musterte sie so intensiv, als wolle er ihr Innerstes ergründen.

      „Also gut, Tanja. Ich baue auf Ihre Loyalität. Also hören Sie gut zu: Nachdem ich gestern die Behörden informiert hatte, drangen zwei Männer mit dem Universalschlüssel des Wirtes bei mir ein und zwangen mich, sie zu begleiten. Sie brachten mich zu einer alten Villa, wo mich ein Mann namens Schmidt erwartete. Ein Deckname, vermute ich. Er befragte mich zwei Stunden lang zu den Geschehnissen in Harsefeld.

      Er wollte wissen, wer mich zum Badesee und zum Forellenteich begleitet hat. Und ich sagte es ihm. Sie erwähnte ich allerdings nicht. Es sollte sich zeigen, dass ich gut daran getan hatte. Und dann erfuhr ich auch noch zufällig, warum dieser Schmidt so viel Aufhebens um mich machte.

      Nach dem Gespräch wurde ich in ein Zimmer eingesperrt und mit Tee und belegten Broten versorgt. Doch ich traute diesen Leuten nicht und schüttete alles in die Toilette. Dann legte ich mich aufs Bett und stellte mich schlafend.

      Ich muss eingeschlafen sein. Das leise Knarren der Zimmertür weckte mich. „Er schläft wie ein Murmeltier“, sagte Schmidt dicht neben meinem Bett.

      „Kein Wunder, Chef. Er hat ja auch fast den ganzen Tee getrunken“, erwiderte einer der Männer.

      „Sehr gut. Dann wird er mindestens bis morgen Abend durchschlafen. Bis dahin haben wir hoffentlich herausgefunden, wer hinter der Erpressung steckt“, sagte Schmidt zufrieden.

      „Und wenn nicht? Was machen wir dann mit ihm?“

      „Dann muss er eben fürs Erste weiterschlafen“, knurrte Schmidt unwirsch. „Hast du dich um die anderen Männer gekümmert, Jack?“, fragte er einen hageren, hochaufgeschossenen Mann.

      „Selbstverständlich, Chef. Sie werden keine Gelegenheit haben etwas hinauszuposaunen. Obwohl ihnen wahrscheinlich sowieso niemand glauben würde.“

      „Wir gehen lieber auf Nummer sicher. Nicht auszudenken, die Medien würden von der Sache Wind bekommen und den Forellenteich genauer in Augenschein nehmen. Die Schlagzeile möchte ich nicht sehen. Die Angelegenheit muss geheim bleiben, selbst dann noch, wenn wir den Erpresser geschnappt haben. Wozu die Bevölkerung unnötig beunruhigen, das schadet der Staatsräson und löst höchstens Panik aus“, sagte Schmidt energisch.

      „Glauben Sie denn an die Existenz dieser seltsamen Wasservernichtungswanzen?“, fragte Jack.

      „Du nicht?“

      „Ich möchte es mal so ausdrücken, Chef: Eddy und ich können uns nicht vorstellen, dass diese Viecher in der Lage sein sollen, ganze Teiche, Seen, Flüsse oder noch größere Gewässer in Sand umzuwandeln.“

      „Aber ihr habt doch den Forellenteich gesehen!“, sagte Schmidt kopfschüttelnd. „Was ist, wenn dieser verrückte Erpresser die geforderten fünfzig Millionen nicht erhält und die Insekten tatsächlich in die Wasserversorgungssysteme einschleust?

      Könnt ihr euch vorstellen, was dann passiert? Du lachst, Eddy? Dann mangelt es dir wirklich an Fantasie. Was meinst du wie schnell dir das Lachen vergeht, wenn an Stelle von klarem Leitungswasser feiner Sand aus der Leitung rieselt!“

      „Reine Science-Fiction, Chef“, grinste Eddy.

      „Oder auch nicht, Eddy. Stell dir nur mal vor, in einem ohnehin schon wasserarmen Land versanden plötzlich die Trinkwasserreservoirs und die Schuld daran wird dem feindlichen Nachbarn gegeben. Was meinst du Schlauberger von einem Agenten, was dann passiert?“

      „Hmm. Sie fallen übereinander her, um an das Trinkwasser des Gegners zu gelangen, richtig?“

      „Genau, Eddy! Du kannst ja doch denken“, rief Schmidt sarkastisch.

      „Aber, wenn das alles wirklich stimmt, dann besitzt dieser Erpresser eine Langzeitwaffe mit unglaublicher Durchschlagskraft“, sagten Eddy und auch Jack bestürzt.

      „Endlich habt