Ann Bexhill

Lucullus muss sterben


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Bild seines Zustandes machen, das ist alles.«

      »Ich arbeite nicht mehr, ich bin jetzt ein Luxussklave.« Ich wundere mich, wie leicht mir dieser Satz inzwischen fällt.

      Sie seufzt: »Ich weiß, ich weiß.« Ihre Augen blitzen in Richtung ihrer Tochter. »Sie ist ein hübsches Ding geworden.«

      »Ja überstrahlt sogar die Mama.«

      Sie denkt eine Weile darüber nach. »Zieh dir deinen Umhang an Tochter«, sagt sie.

      Selbst das Wort Tochter klingt giftig aus ihrem Mund. Iulia lädt sie zum Bleiben ein. »Wir erwarten Freunde, etwas essen, trinken, das Übliche an den Bacchanalien. Aber sicherlich spannender, als auf dem Forum offiziell gelangweilt zu werden.«

      Mimosa denkt nach. »Das täten wir wirklich gerne aber Cato ...«

      »Ich schicke einen Boten der uns, mit dem, drei Tage Tiberfieber entschuldigt«, ruft Aulus zu schnell für meinen Geschmack. Er scheint mir zu sehr von Iulia angetan zu sein und umschwänzelt sie, wie ein Hund der pinkeln muss. Er ruft nach seinem schnellsten Sklaven, einem Jungen mit einer Verbrechervisage und schickt ihn los.

      »Du hast die arme Kassiopeia also gefunden?«, fragt Iulia mit geheuchelter Anteilnahme, Patrizierinnen unter sich.

      »Ja die Arme. Sie hat mir mein Leben mit meinem ersten Mann ruiniert und dafür habe ich sie gehasst, aber das ist lange her. Ich wollte, als ich sie besuchte fragen, wo er steckt. Ich habe sie sterben sehen. Es ist schrecklich, überall das Blut. Das Zimmer sah aus, als wäre dort ein Weinschlauch geplatzt. Niemand hat verdient, so zu sterben.«

      Aulus Calpurnius kommt vom Eingang zurück. »Wir haben Tiberfieber, wenn jemand in den nächsten Tagen fragt.« Er küsst seiner Verlobten die Hand und setzt sich neben sie.

      Ich sag: »Jede Menge Amphoren und Schnee warten auf Durstige! Das Tiberfieber soll man am besten mit Wein kurieren, sagen die Ärzte.«

      »Du trinkst zu viel«, sagt Mimosa.

      »Ich trinke, weil Wein hilft, zu vergessen«, erkläre ich. Es ist nicht der Grund. Es ist, weil man zwischen vier Getränken auswählen kann, wenn man Bier nicht mitzählt. Fruchtsäfte, Wasser, Essigwasser und Wein. Mimosa sieht mich an und sagt mit dem gewissen Unterton der Unfrieden in jede Ehe bringen kann.

      »Ich habe läuten hören ihr mögt euch, stimmt’s?«

      »Ich mag sie«, versichere ich. Iulia bekommt einen warmen Blick und ihre Wangen werden rot.

      »Und du Iulia?«, fragt Mimosa.

      Sie ist in einer Kultur aufgewachsen, wo man es unschön findet, außerhalb des eigenen Standes zu heiraten. Ich bin Plebejer aus einer der unbedeutendsten Familien Roms und bei so vielen unbedeutenden Familien will das schon etwas bedeuten. Iulia ist eine Patrizierin und ihr Pater Familiares, das Oberhaupt der Sippe ist Caesar, ihr Halbbruder ist Kommandant der Prätorianischen Garde.

      Auch Calpurnius findet es gewöhnungsbedürftig das eine Dame, wie Iulia sich ausgerechnet in einen, wie mich verlieben kann. Er scheint schwer enttäuscht von ihr zu sein.

      »Wir sind an uns gewöhnt«, untertreibt Iulia. Ihre Hand liegt auf meinem Oberschenkel, wo sie auch hingehört, zumindest fühlt es sich gut an.

      »Decimus Iulius ist ein sehr gewöhnlicher Name«, erklärt mir Aulus Calpurnius höflich.

      Ich sehe ihn entsetzt an und sage: »Urrömisch Romulus hatte bestimmt schon einen Decimus, der ihm den Wein brachte.«

      Aebutius starrt mich die ganze Zeit an. Ein paar Becher Wein später sitzt Mimosa auf Calpurnius Knien, die Umgangsformen an den Bacchanalien sind eher zwanglos. Gegen Abend feiern die Sklaven ihre Umzüge, an diesem Abend haben sie frei. Man darf seine Sklaven an dem Tag nicht bestrafen, weil es Unglück über die Stadt bringt.

      Mimosa steht auf und fragt Iulia, was sie zu Bacchanalien bekommen habe. Ich antworte schneller.

      »Iulia, die hat mich bekommen.«

      Mimosa meint es sei ein recht hübsches Geschenk. Das ist es auch.

      »Wie nett«, sagt Aulus Calpurnius herablassend.

      Die Apuleius erscheinen, ein paar verrufene Schauspieler, Dichter, Popularen und ihre Mädchen im Schlepptau. Ich mache sie miteinander bekannt. Apuleius heftet sich wie ein Tintenfisch an Aebutius und lässt sie nicht mehr aus seinen Fängen. Nach Apuleius sollte man einen Leim benennen. Unterpräfekt Gruncius Septimus ist in seinem besten Harnisch erschienen, mit einer verhafteten Mörderin namens Sixta. Ein paar Minuten später kommen die Senecas und die Sixta ist nirgendwo mehr zu finden. Kurz nach der sechsten hora schnappt Frau Apuleius ihren betrunkenen Mann, das heißt, sie reißt ihn von Aebutius Valerius los und schleppt ihn zu einer Verabredung mit dem obersten Orakelpriester der Stadt. Es geht um irgendwelche wichtigen Theatersachen. Mimosa legt ihren Umhang an und bringt ihre Tochter und ihren Mann unter Kontrolle und macht sich Aufbruch bereit.

      »Morgen müsst ihr zu uns, zum Essen kommen?«

      Iulia sagt: »Aber ja gerne.«

      Ich schüttel Hände und sie gingen endlich alle weg. »Bin ich geschafft«, sagt sie.

      5 Kapitel

      Bis dahin ist mir völlig klar, wie ich zu der „Valerius bringt seine Geliebte um Geschichte“ stehe. Wie ich mich entfalten kann, nämlich gar nicht. Wie wir am anderen Morgen in Rubikons Caupona, an unserer Straßenecke unser Ientaculum verzehren. Gebackene Dinkelfladen, Eier, Käse, Honig, Milch und Obst, dazu Moretum las mir Iulia aus dem acta diurna vor. Der Grundgedanke des Schreiberlings war klar: Decimus der Pilus Primus der Cohortes urbanae vom Schweinemarkt ist die Freiheit geschenkt worden, um den mysteriösesten Mordfall seit Jahrzehnten, an Kassiopeia Tiberius aufzuklären. Aha denk ich, da ist einer aber gründlich deinformiert und lässt seine Leser daran teilhaben.

      Wie ich eine Stunde später pappsatt im Schlafzimmer sitze und mir überlege, ob ich auf die Latrine gehe und was ich zu Lesen mitnehmen soll, führt Iulia, mit erhobenen Händen einen Mann, der ein Schwert in der Hand hält ins Schlafzimmer.

      Es ist ein stämmiger Kerl von mittlerer Größe, mit breiter Nase und einem roten Dreitagebart. Er trägt einen Kapuzenumhang und sein Gladius ist von mittlerer Qualität. Der Eindringling ist geübt, Waffen zu benutzen. Jedenfalls sagt Iulia mir, sie muss zum Sklavenhändler am Rindermarkt, der Janitor ist tot.

      Iulia, erklärt: »Er hat geklopft, gesagt es brennt und, als der ihm höflich die Pforte öffnete, hat er ihn einfach erstochen. Er meint er muss zu dir gelassen werden er meinte –«

      »Ich muss dich sprechen«, sagt der Sklavenmörder.

      Eine Erkältung plagt ihn, er schnieft. Sine ungesunde Blässe und die verstopften Atemwege sind gewöhnliche Leiden der Städter. Rom raubt jede Gesichtsfarbe, bis auf die Farbe leichenblass. Die schwere Luft aus Hunderttausenden Feuerstellen lagert über der Stadt, selbst bei Sturm lässt sich kaum ein kühles Windchen hier nieder. Die Gerüche des toten Flusses Tiberis, unzähliger Garküchen und verpestete Dämpfe gemischt mit Staub und Aschewolken. Dazu kommt der Lärm. In Rom ist unaufhörlich Lärm und das Gewühl und Gedränge in den Straßen der Stadt. Schon vor Tagesanbruch schreien die Bäcker und Milchverkäufer herum. Dann setzt das Hämmern, Sägen und Klopfen der unzähligen Werkstätten ein. Nachts der Chor der rumpelnden Ochsenkarren. Wegen des gültigen Tagesfahrverbotes bringen unzählige Karren nachts Marmorsteinblöcke und Bauholz zu den Baustellen. Ohne Unterlass ertönt das Geschrei einer Prozession von Priestern und deren Flamen. Dazu kommt das Heer der Bettler und Gaukler. Hausierer ziehen mit ihren Eselkarren von Domus zu Domus. So ist das aber nur, wenn man in den Plebejervierteln wohnt.

      »Also gut rede, aber steck dieses lächerliche Gladius weg, oder ich schneide dir die Kehle durch.«

      »Mit einem Papyrus etwa?«, fragt er höhnisch.

      »Noch nie daran geschnitten?«, sag ich und lege die Beine übereinander, um zu zeigen wie entspannt ich bin.

      »Die