Philip Hautmann

Yorick - Ein Mensch in Schwierigkeiten


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      ...

       Alexandra, dieser helle Stern

       Ruht über Spanien und ist mir fern

       Von dort sein Licht

       Trifft leider mich nicht

       Was vollkommen anderes hätt ich doch gern!

      Und einiges mehr. Alexandra hatte ihm daraufhin gesagt, dass sie das zwar komisch finden würde und in Wirklichkeit noch nie so viel Aufmerksamkeit von einem Mann erhalten hätte, doch könne sie mit Yorick nichts anfangen, da sie unsterblich in einen Musiker verliebt sei, der eine modische Frisur hatte, verschuldet war und Lieder über Selbstmord sang, und zu dem sie, obwohl er sie mehr oder weniger ständig ignorieren würde und die ganze Sache hoffnungslos sei, eine ganz ungeheure und tiefe innere Verwandtschaft fühlen würde. Yorick hatte zu diesem Zeitpunkt jene Alexandra freilich schon wieder fast vergessen. Ein Jahr später jedoch geschah es, dass er Alexandra und ihre Schwester ein zweites Mal traf und ihr dabei sofort wieder eröffnete, wie unglaublich verliebt er in sie sei und dass er seit ihrer Begegnung am Flughafen ständig an sie denken würde und an keine andere, dass sie die Schönste sei, dass sie die Einzigartigste sei und ohne sich durch irgendetwas aufhalten zu lassen deklamierte er gleich wieder ein Gedicht, das er allein für sie geschrieben habe

       Ihre Haare, in die Tiefe

       Stürzen sie gewaltig und erhaben

       Und dabei umgeben mit dem

       Pathos eines Wasserfalles

       Gleich dem Ausfluss einer Sonne

       Und so stark wie dieser Lichtstrom

       In diesem selben Maße gleicht es

       Auch dem gold´nen Element

       Fürwahr, dem Ausfluss einer Sonne

       Welche angenehm mir leuchtet

       Und mich glühend macht im Inn´ren

       Gleicht ihr wunderbares Haar

       Denn ihr Antlitz ist die Sonne

       Die aus trüber Nacht befreit mich

       Und die Wolken meiner Seele

       Mit ihrem hellen Licht durchdringt

       In den Höhlen dieser Sonne

       Ruh´n die schönsten aller Monde

       Und man merkt schon, hier ergibt sich

       Ein Problem in meinem Gleichnis

       Denn wer kann hier etwas and´res

       Als zu nennen ihre Augen

       Die allerschönsten aller Monde

       Welche man jemals geseh´n

       Und deren Bild auch uns´re Nächte

       Mit ihrem sanften Schein erfüllen

       Diese Nächte, die da werden

       Wenn wir fern von Alex sind

       Ja, allein schon durch so wenig

       Wird man hier mit Alex glücklich

       Doch auf tiefer Stufe ruht hier

       Die Komplettheit meines Glücks

      bis es der Schwester endlich gelang, Yorick zu bedeuten, dass er sie die ganze Zeit miteinander verwechseln würde und sie nicht Alexandra sei, sondern Elisabeth und noch dazu schwarze Haare habe und nicht blonde, so wie eben die, von der er die ganze Zeit reden und deklamieren würde und die genau daneben sitze! Alexandra allerdings fand Yorick irgendwie süß, und da der Musiker mittlerweile bei einem vorgeblichen Selbstmordversuch tatsächlich gestorben war, beschloss sie, mit ihm zusammenzukommen. Ihre Schwester hielt auf die Episode hinauf freilich Yorick für den allergrößten Trottel und ihre Schwester für den zweitallergrößten Trottel, da sie sich mit dem allergrößten Trottel auf was eingelassen hatte; könne sie denn eigentlich irgendetwas anderes als Idioten abzuschleppen? Yorick hingegen bemerkte von all dem nichts und dichtete unter dem Titel Für Alexandra noch albernere Sachen:

       Tatsächlich blieb es mir versagt

       Dich heute anzublicken

       Doch sei´s mir deshalb nicht verargt

       Dir Verse nun zu schicken

       Der Zustand, in dem ich befindlich bin

       Entlässt mir kein zustimmend´Nicken

       Von Schmerz überzogen es mich nicht mal beginnt

       Im Unterleibe zu zwicken

       Wie nutzlos gilt mir nun dieser Tag!

       Die Uhr hör´ich sinnlos nun ticken

       Dein Antlitz ruht fern, was mich nicht vermag

       In Zusammenhänge der Freude zu verstricken

       Anstatt im Schatten deiner Brust zu ruhen

       Und an dieser mich zu erquicken

       Hab ich Armer nämlich nichts and´res zu tun

       Als Verse zusammenzuflicken!

       ...

       Selten hatt´ ich Grund zu klagen

       Über den Mund in meinem Gesicht

       Wahrlich, denn ich muss schon sagen,

       Unpraktisch ist so ein Mund ja nicht!

       Und so nähert sich dem prächtigen

       Edlen Tor zu deinem Schlund

       In einer ziemlich verdächtigen

       Kussabsicht mein Mund

      Einen Monat blieb Yorick mit Alexandra zusammen. Und Yorick entpuppte sich auf einmal als völlig unkomplizierter und seiner Freundin treu ergebener Mensch. Das wurde Alexandra zuviel, und so erinnerte sie sich daran, dass sie ja eigentlich schon seit Jahren hoffnungs- und erfolglos in jemanden verliebt war, der gar nichts von ihr wollte, von dem sie sich aber einbildete, er würde ihr seelischer Zwillingsbruder sein. So sagte sie zu Yorick, dass das zwischen ihnen niemals etwas werden würde und für alle Zeiten zum Scheitern verurteilt sei, wobei sie es aber freilich gerne haben würde, wenn sie beide gute Freunde bleiben könnten. (HÄHÄHÄ!! freute sich da die Schwester, aber nur für einen Moment, dann kam ihr zu Bewusstsein, dass das, was ihre Schwester damit tat, ja noch idiotischer oder zumindest nicht weniger idiotisch war, als das, über das sie sich vorher geärgert hatte.)

       Elegie

       Die Sonne

       Trocknet meine Tränen nicht

       Sie versengt sie nur

       Und gräbt ihre Spuren in mein Gesicht

       In denen