Катя Брандис

Feuerblüte II


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Feigling, Feigling, dachte Jorak und begann sich langsam rückwärts zu bewegen. Zwei Atemzüge später stand er wieder draußen.

      Er setzte sich hinter das Erdhaus ins Gras. Ich brauche Zeit, ging es ihm durch den Kopf. Und eine zweite Chance. Beim ersten Mal habe ich mich so blöd angestellt, dass ich gleich bei ihr untendurch war. Diesmal darf mir das nicht passieren. Sie darf mich erst erkennen, wenn sie schon einen guten Eindruck von mir bekommen hat und ich sie neugierig gemacht habe.

      Tja, aber wie brachte man Frauen dazu, dass sie sich in einen verliebten? Manche mochten sensible Männer. Andere bevorzugten wagemutige Retter oder wortgewandte Denker. Dass Alena sich in Kerrik verguckt hatte, ließ darauf schließen, dass sie den Typus „wagemutiger Retter“ bevorzugte. Jorak stellte sich vor, wie er sie beschützen, ihr helfen würde, und ihm wurde warm ums Herz. Die Sache hatte nur den Haken, dass er eher der „wortgewandte Denker“ war und Alena einen Retter ganz und gar nicht nötig hatte. Nach dem, was er im Palast der Trauer gesehen hatte, war sie mit dem Schwert ungefähr hundertmal besser als er.

      Aber es gab ein paar Dinge, in denen er auch nicht schlecht war. Nach ein paar Atemzügen war der Plan in seinem Kopf komplett. Jetzt fehlte nur noch das Zubehör. Mal sehen, wem er es abschwatzen konnte.

      ***

      „Da kommt schon wieder ein Neuer“, sagte Jelica. „Oh, diesmal jemand, der unerkannt bleiben will …“

      Unter dem schwarzen Kapuzenumhang konnte man von dem Neuankömmling tatsächlich nicht viel sehen. Es war dunkel im Erdhaus und im Schein der Leuchttierchen lag sein Gesicht im Schatten. Trotzdem sah man, dass der Neue ein junger Mann war. Obwohl er erschöpft wirkte und hinkte, hatte er schnelle, fast ungeduldige Bewegungen. Schwer zu sagen, in welcher Gilde er ist, dachte Alena. Vielleicht Feuer.

      „Sieht aus, als hätte er eine längere Reise hinter sich“, meinte Kilian und nahm noch einen Schluck von seinem Cayoral. „Und wir haben noch eine ziemlich lange Reise vor uns. Was ist, wollen wir unser Lager aufbauen gehen?“

      „Moment noch“, sagte Alena. An irgendwen erinnerte sie dieser Mann. Aber an wen? Sie kam nicht drauf.

      Er setzte sich einen Tisch weiter, schräg vor sie. Er bestellte nichts zu trinken. Stattdessen unterhielt er sich mit seinem Nachbarn, einem gut gekleideten Händler. Kurz darauf lachte der Sitznachbar laut auf. Dann nickte er und rief nach einer Wurfscheibe.

      Sieht so aus, als hätte ihm der Fremde eine Wette angeboten, dachte Alena.

      Der Wirt eilte herbei und hängte eine hölzerne Scheibe an der Erdwand auf. Der Fremde zog ein Messer und legte es auf den Tisch. Alena spähte neugierig hinüber. Es war ein teurer Dolch mit einer Klinge aus Iridiumstahl. Der Griff aus schwarzem Nachtholz war mit einem gelben Stein ausbalanciert, sodass der Dolch sich zum Werfen eignete. Auf die Klinge war ein Flammenmuster graviert. Interessiert beobachtete Alena, wie der Fremde sich neben die Wurfscheibe stellte.

      Sein Wettpartner warf den Dolch. Hart und schnell. Doch der Dolch kam nie auf der Wurfscheibe an. Mit einer blitzartigen Bewegung hatte der Fremde ihn aus der Luft gefangen und hielt ihn hoch. Er hatte sich nicht daran verletzt.

      Ein Raunen ging durch die Schänke. Auch Alena staunte. „Unglaublich ? der hat ja Reaktionen wie ein Iltismensch!“

      „Fast“, bemerkte Cchraskar, schnappte nach einer vorbeisummenden Fliege und holte sie glatt aus der Luft.

      „Und Mut muss er auch haben. Er hätte sich an dem Ding ganz schön die Hand aufschlitzen können“, meinte Kilian.

      Cchraskar schaute beleidigt drein, weil niemand sein Kunststück würdigte, und spuckte die Fliege unter den Tisch.

      „Na ja, wahrscheinlich hat er lange mit einem stumpfen Messer geübt, sodass er das nicht mehr befürchten muss.“ Jelica ließ den Blick nicht von dem Fremden.

      Am liebsten hätte Alena den Trick noch mal gesehen. Aber der Fremde sammelte nur gelassen seinen Gewinn ein und bestellte sich einen großen Krug Cayoral. Als er ausgetrunken hatte, stand er auf und ging.

      Nachdenklich blickte Alena dem Fremden nach. Sie fragte sich, warum der Mann einen so wertvollen Dolch trug, aber offensichtlich nicht genug Geld hatte, um sich in der Schänke etwas zu bestellen. Vielleicht war er ein verarmter Meister vierten Grades, dem peinlich war, wie er inzwischen lebte. Nein, auch das konnte nicht sein, seinen Bewegungen nach war der Fremde zu jung, um ein Meister vierten Grades zu sein.

      „Wir müssen los“, sagte Kilian und sie standen auf. Es dämmerte schon.

      Alenas Herz pochte, als sie vor den Eingang des Erdhauses traten. Schon nach wenigen Atemzügen hatte sie die Sache mit dem Fremden und dem Dolch vergessen. Sie waren nur noch zwei Tage von der Grenze entfernt, das hieß, sie mussten auch hier schon mit Überfällen der Wesen aus dem Land jenseits der Sieben Türme rechnen.

      Alena zündete mit einer gemurmelten Formel eine der Fackeln an und hielt sie hoch, damit ihr Schein die Umgebung erhellte. Doch er reichte nicht besonders weit. Tiefe Nacht lag über den Hügeln des Grenzlandes und umschloss sie wie eine schwarze Faust. In der Ferne hörten sie die pfeifenden Rufe eines Rudels Nachtwissler, sonst war es still.

      „Vielleicht hätten wir uns besser einen Lagerplatz gesucht, als es noch hell war“, sagte Jelica beklommen.

      „Am besten wir lagern gar nicht, sondern wandern weiter nach Norden“, meinte Kilian. Seine Stimme klang nicht sehr zuversichtlich. „Was meinst du, Alena?“

      „Ja – gute Idee“, antwortete Alena und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass auch ihr nicht ganz wohl zumute war. „Wir müssen nur durchhalten, bis es hell wird, dann können wir schlafen.“ Sie war froh, dass Cchraskar bei ihnen war.

      Der Iltismensch witterte in die Nacht hinein. „Bin gespannt, sssehr gespannt, wie die Biester riechen. Und ob man reinbeißen kann.“

      Worauf haben wir uns da nur eingelassen?, dachte Alena.

      ***

      Fünf Menschen, dachte Tavian niedergeschlagen. Wir sind nur zu fünft und sollen etwas schaffen, was wahrscheinlich unmöglich ist.

      Er war Tage und Nächte geritten bis zur Grenze, fast ohne Pause. Auf dem Weg war Tavian im Geiste durchgegangen, was er über die Türme wusste, was er auf seinen Reisen mit Cano darüber erfahren hatte. Es war erschreckend wenig. Die Sieben Türme, die Daresh vor der Welt außerhalb schützten, standen etwa hundert Baumlängen weit von der Grenze entfernt. Immer gegenüber eines Tors, durch das man von außen nach Daresh oder von Daresh nach draußen kam. Gemeinsam erzeugten die Türme die eigenartige Grenze, manchmal auch Dunkelzone genannt, die zu überschreiten kaum möglich war – viele der Menschen, die es versucht hatten, waren dabei wahnsinnig geworden. Damals hatten Cano und er es nur geschafft, weil Cano sich und ihm ein Gegenmittel verabreicht hatte, das ihnen die Überquerung möglich gemacht hatte. Tavian hätte zu gerne gewusst, woraus dieses Mittel bestanden hatte. Es war eine Art Betäubungsmittel gewesen; es hatte einen ganzen Tag gedauert, bis sein Kopf wieder klar war.

      Das Alte Volk hatte die Türme gebaut und das musste unglaublich lange her sein. Vier der Türme waren Ruinen, nur noch drei funktionierten – und nun war einer von ihnen ausgefallen. Zwei waren noch übrig und das war anscheinend zu wenig um die Grenze zu halten. Sie mussten mindestens einen der Türme wiederbeleben.

      Jetzt stand er hier, auf der Linie, die ödes Gestein und Gras trennte, und schaute sich die anderen Menschen an, die aus ganz Daresh herbeigerufen worden waren.

      „Sukie heiß ich“, stellte sich eine junge Frau mit heiteren rauchgrauen Augen und roten Locken vor. Sie trug kein Schwert – das war ungewöhnlich für eine Frau der Feuer-Gilde. Tavian beäugte sie skeptisch. Sie sah so aus, als wäre sie keinen Tag älter als zweiundzwanzig Winter, aber wie konnte das sein? Ihre Insignien zeigten, dass sie schon eine Meisterin dritten Grades war! Sie musste hochtalentiert sein.

      Die dicke Frau mit den strähnigen Haaren, die neben Sukie stand, kannte Tavian nur allzu gut. Es war Lella, die ehemalige Feuermeisterin des Propheten. Schüchtern