Michael Aulfinger

Sie wollen doch betrogen werden!


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in die Wohnung. Dieser sah hier nach, und probierte da, und sah sich die Telefonanlage genau an. Nach zehn Minuten ging der Handwerker hinaus, unter dem Vorwand noch ein benötigtes Werkzeug aus dem Dienstwagen holen zu müssen. Harry, der nichts ahnte, tappte in die Falle.

      Als der Telekom-Handwerker wieder hereinkam, wurde Harry augenblicklich leichenblaß, denn der Handwerker ging, nachdem der die Türschwelle überschritten hatte, dezent zur Seite, und überließ den beiden seriös aussehenden Herren das Feld, die er im Schlepptau mit hereingebracht hatte. Sie wiesen sich alsbald als Polizeibeamte in Zivil aus.

      Wie sich dann herausstellte, war folgendes passiert: Carola hatte sich maßlos über Harry geärgert, so das sie sich geschworen hatte sich an ihm zu rächen. Als sie noch zu dritt in der wohnten, war Thomas selten zu Hause, weil er ständig Aufträge hatte. So war Carola oft alleine mit Harry, und sie bekam einiges mit, womit Harry seine Zeit verbrachte. Da sie sich am Anfang gut verstanden hatten, und sogar eine gewisse Sympathie bestand, die nicht zu leugnen war, hatte sie zuerst nichts gesagt. Doch als sie allmählich das Ausmaß von Harrys Wirken mitbekam und erkannte, konnte sie ihr Schweigen nicht mehr mit ihrem Gewissen vereinbaren. Sie stellte ihn des Öfteren zur Rede, ab es war sinnlos. Außer einer Mischung aus reuesüchtigem Blick, einem verschmitztem Lächeln und einem gehauchten „Ich tu es nie wieder“ war nichts aus ihm heraus zu bekommen. Am nächsten Tag waren seine gestern noch geflehten Reuebekenntnisse hinfällig und vergessen und so wertvoll wie ein Wassergrundstück im Pazifik. Diese Betrügereien waren zuviel für ihr Rechtsempfinden, so daß sie andere vor Harry beschützen wollte. Sie war sonst kein rachesüchtiger Mensch, aber diesmal sollte es eine Ausnahme bleiben. So hatte sie sich vorgenommen, Harry an einer seiner empfindlichsten Stelle zu treffen, welches zu dem Zeitpunkt zweifellos das telefonieren war. Da sie noch mitbekommen hatte, daß er wieder ein funktionierendes Telefon haben wollte, hatte sie die Telekom und die Polizei verständigt, denen sie mitteilte, das Harry wieder im Begriff sei zu betrügen um einen großen Schaden anzurichten. Um diesen Schaden möglichst klein zu halten, hatte sie ihn angezeigt. Die Telekom hatte sich auch als dankbar gezeigt.

      Harry bekam angesichts dieser erneuten Anzeige ein Gefühl, welches er so noch gar nicht kannte, und welches recht neu für ihn war. Eine regelrechte Angst überkam ihn. Zum ersten Mal sah er sich richtig in der Klemme. Die ersten Schweißperlen bedeckten seine Stirn, als ihm bewußt wurde, daß er sogar noch vor wenigen Stunden eine Möbelbestellung über 6.000,- Euro aufgegeben hatte. Er griff sich verzagt an den Kopf, und wollte auf einmal nicht noch mehr Ärger haben, denn die zwei Herren von der Polizei hatten ihm regelrecht zugesetzt. Sie wiesen ihn noch mal darauf hin, daß seine Akte, immens angewachsen war, und wenn er erst einundzwanzig Jahre alt wäre, er sich nicht mehr unter dem Schutz der Jugendgerichtsbarkeit verkriechen konnte. Sie malten ihm in anschaulichen Bildern sein Dasein hinter schwedischen Gardinen aus. Dies hatte einen starken Eindruck auf ihn hinterlassen, so daß er als er wieder alleine war etwas zur Besinnung kam. Etwas wie Reue machte sich in ihm breit, und er fing an nachzudenken. Die Herren von der Polizei hatten mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß sie ihn in Zukunft genauer beobachten würden, und bei mehr Straftaten müßte er mit rigoroseren Methoden rechnen. Dies ließ ihn nachdem er sich beruhigt hatte, zu dem Entschluß kommen, daß er lieber auf die Möbel-Bestellung verzichtete. Es war zwar schwer und ungewöhnlich für ihn, aber es blieb ihm nichts anderes übrig, da er sich ruhiger zu verhalten hatte. Erst mal etwas Gras über die Angelegenheit wachsen lassen. Allmählich beruhigte sich sein Herz wieder, und er sah zuversichtlich in die Zukunft, denn ihm fiel wiederholt ein Punkt auf. Warum, hatten sie ihn denn nicht gleich verhaftet und gleich mitgenommen? Denn es war doch offensichtlich, daß er einen Betrug vorhatte. Telefonieren trotz nicht bezahlter Rechnungen. Warum hatten sie ihn nicht gleich mitgenommen, fragte er sich wiederholt. Sie ließen es bei Verwarnungen. Hatte er denn wirklich Narrenfreiheit? Konnte er sich wirklich leisten was er wollte? Allmählich kehrte die ihm anstehende Abgeklärtheit wieder in ihm zurück.

      Kapitel 10

      Von dem Geld, das er von Oliver für die verhehlte Ware bekam, hatte er sich unter anderem eine Prepaid-Karte fürs Handy zugelegt, um seine telefonischen Bestellungen bequem von zu Hause aufgeben zu können. Auf seinem Sessel machte er es sich bequem, und ließ die schlanken Beine langgestreckt baumeln. In der rechten Hand hielt er das Telefon und sprach zielgerichtet und selbstbewußt mit den freundlichen Herrschaften von der Auftragsannahme. In der linken Hand hielt er dementsprechend zum jeweiligen Telefonat den dazugehörigen Katalog, und rasselte die Bestellnummern herunter. Es machte einen Heidenspaß, und er wurde allmählich süchtig, nach dieser Form der Selbstbefriedigung. Warnungen von seinen Freunden wie Jule und Thomas hatte er in den Wind geschossen.

      Und wenn? Er brauchte diesen Kick.

      Na und? Andere machen Bungee Jumping und springen 100 Meter tief vom Fernsehturm. Jeder braucht wohl für sich seinen speziellen Adrenalinschock. Er lehnte sich wohlgefälliger zurück, und wählte die nächste Nummer für die nächste Bestellung.

      Manchmal bestellte er auch per Post, weiterhin unter verschiedenen Namen. Martin Koslowski befand sich inzwischen auch auf der schwarzen Liste. Er mußte lachen. Dieser böse Bube.

      Einen Flurschrank vom Versandhaus Otto benötigte er dringend.

      Die Firma Impressionen lieferte ihn im Wert von zweihundert Euro ein wunderschönes modernes Regal. Das neueste Badezimmerdesign. Es gefiel ihm sehr gut, und beim anschauen fiel ihm ein Werbespruch einer Firma ein, bei dem er schmunzeln mußte: ...und Papi hat nicht einen Pfennig dazu bezahlt.

      Bei der amerikanischen Firma Amway probierte er eine neue Masche aus, indem er sich als angeblichen Vertreter anstellen ließ. So lieferten sie ihm Sanitätsprodukte im Wert von 2000,- Euro, vom Duschgel über Körperlotion, Spray bis zum Haargel. Viele Kartons stapelten sich in seiner Wohnung. Es war so viel, daß er einiges an Freunde verschenkte. Was sollte er auch damit. Er konnte spendabel sein, wenn er genug hatte. Dies war sein positiver Charakterzug Dann ließ er sich nicht geizen. Nur leider hatte er nicht immer genug.

      Zu Weihnachten hatte er zum Beispiel Jule und Thomas auch reich beschenkt. So richtig wollten sie gar nicht wissen wo die Geschenke herkamen. Sie konnten es sich denken, doch wollten sie sich damit nicht belasten, obwohl ihnen bewußt war, daß es unbezahlte Ware sein könnte, ja sicherlich wahrscheinlich war. Artig nahmen sie die Geschenke an.

      An den Weihnachstagen waren sie bei Jules Mutter zum Essen eingeladen. Es gab bekannter weise immer reichlich und gut zu essen. Dies nutze er auch gut aus, und griff reichlich zu, aber mehr als essen konnte er auch nicht. Der Gänsebraten war hervorragend. Dazu gab es Knödel mit Rotkohl und viel Soße. Bald konnte er nicht mehr. Aber es war besser als das ständige McDonald-Essen.

      Den Heiligabend, hatten sie bei Rebecca zugebracht. Ihr Freund Martin, und ihr Sohn waren auch anwesend. Nach dem Essen spielten sie alle am Tisch sitzend ein Spiel, bei dem man würfelnd ein eingepacktes Geschenk – deren Inhalt unbekannt war - aus einem Haufen sich aussuchen konnte, das dann spielend von anderen wieder weggenommen wird, wenn dieser eine eins oder sechs würfelt. Aber beim nächsten Würfeln, hat man die Chance sich dieses wieder zu erlangen, oder sich ein anderes auszusuchen.

      Sie saßen zu acht am Tisch. Es machte ihm viel Spaß, aber was ihm wichtiger war, zum ersten Mal im Leben erlebte er so etwas, wie eine familiäre Atmosphäre, die er vorher gar nicht so kannte. Im familiären Kreis den Heiligen Abend zu verbringen war ihm bisher oft versagt geblieben. Entweder war er bisher alleine, oder es wirkte in den Jugendheimen künstlich, kalt, und unnatürlich fröhlich. Er fühlte sich wohl, und deshalb war er auch eingeladen worden, um ihm so etwas wie einen familiären Abend geben zu können, denn es war allgemein bekannt, daß er nicht immer ehrlich war. So sollte ihm auf dieser Art geholfen werden, beziehungsweise ihm eine gewisse Stütze im Leben gegeben werden.

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