K.P. Hand

Willenbrecher


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      Eingeschnappt sah Franklin ihn an. »Das habe ich doch in meiner Nachricht erwähnt, oder?«

      »Und ich habe kein Interesse.«

      »Natürlich nicht«, erwiderte Franklin sarkastisch, »deswegen bist du ja auch jetzt hier ...«

      »Hatte ich eine Wahl? Und jetzt spuck es aus und verschwende nicht meine Zeit, du Wurm!«

      Franklin lachte auf. »Immer noch der Alte, was?«

      »Und genau deswegen solltest du dich vorsehen ...«

      »Schon gut, schon gut!« Franklin hob ergebend die Hände. »Also hör zu, ich habe einen Job für dich. Deswegen habe ich dir die Mittel geschickt, um zurückkommen zu können.«

      Alessandro grinste und erwiderte: »Das kannst du dir nicht leisten.«

      »Denkst du?« Franklin breitete die Arme aus. »Sieh dich um. Sieh dir an, was ich innerhalb eines Jahres aufgebaut habe! Ich war ein Nichts, ein Niemand, Sandro.«

      »Und ich sage es noch einmal«, warnte Alessandro und baute sich vor ihm auf, »pass gut auf, denn mein Bruder wird das nicht lange dulden.«

      Franklin sah ihn unbeeindruckt an und wollte wissen: »Dann arbeitest du jetzt für Enio?«

      »Nein.«

      »Ah. Also kommt mein Auftrag gar nicht so ungelegen, oder? Es ist nur ein kleiner Job. Ich zahle dir die übliche Summe, die du verlangst.«

      »Dich kostet es mehr«, beschloss Alessandro.

      Franklin schmunzelte. »Auch gut. In Ordnung.«

       Mist.

      Seufzend fragte Alessandro: »Eine unkomplizierte Beseitigung?«

      »Ja«, bestätigte Franklin. »Es geht um einen Kerl, der mir zu auffällig arbeitet, es ist also auch im Sinne deines Bruders.«

      »Ich nehme an, es geht um die Leichen, die man jetzt des Öfteren aus dem Fluss gefischt hat«, vermutete Alessandro.

      »Exakt!« Franklin wirkte verärgert. »Ein Kunde, dem es an Zurückhaltung fehlt.«

      »Ich dachte mir schon, dass du nicht dahinter stecken konntest. Eine oder auch zwei Flussleichen, ja, aber nicht so viele. So blöd bist selbst du nicht.«

      Franklin verzog die Lippen amüsiert wegen des Seitenhiebs. »Wie dem auch sei«, nahm er das Thema wieder auf, »mir wäre es eine sehr hohe Summe wert, wenn du ihn vor den Ermittlern schnappst, bevor er plaudern kann. Du verstehst mich?«

      Alessandro war mittlerweile um ihn herumgegangen und inspizierte die Folterinstrumente auf einem Tisch. Langsam ließ er seine Finger über die Lederstreifen einer Riemenpeitsche wandern. Er hatte ja ganz vergessen, wie gut es sich anfühlte ...

      »Oh, ich verstehe sogar sehr gut«, gab er schließlich zurück und wandte sich wieder zu Franklin um. »Und genau deshalb mache ich es nicht.«

      Franklin verengte die Augen.

      »Versteh mich nicht falsch«, sagte Alessandro und ging auf ihn zu, »du weißt, ich fand dein Handwerk in Gewisserweise schon immer ... sehr ... verlockend. Wie du es schaffst, andere zu brechen ist bewundernswert. Ich ... war schon immer fasziniert von deinem ... Talent. Und mit was für einer Freude du an deine Arbeit heran gehst ist beeindruckend ...«

      »Aber?«, drängte Franklin ungeduldig.

      Grinsend brachte Alessandro sein Gesicht ganz nahe an Franklins, als er hohnvoll erwiderte: »Aber ich sehe viel lieber dabei zu, wie du erneut untergehst.«

      Damit ging er an Franklin vorbei.

      »Das Angebot steht, Sandro«, rief Franklin ihn unbeeindruckt hinterher. »Meine Tür steht weit offen, wenn du dich anders entscheidest. Andernfalls ... spreche ich vielleicht mal persönlich mit deinem Bruder, alter Freund.«

      Alessandro ging kopfschüttelnd weiter. Niemals würde er für Franklin arbeiten. Denn es war allgemein bekannt, dass alle, die für ihn Auftrage erfüllten, früher oder später den Kopf verloren.

      ***

      »Was soll ich Ihnen bloß sagen?« jammerte Fatima und fuhr sich durchs Haar.

      Tom war gerade wieder ins Büro gekommen, nachdem er kurz hatte rausgehen müssen, um ein Telefonat anzunehmen.

      »Keine Spur, kein Hinweis. Nichts!« Fatima verzweifelte langsam. »Mit jeder Minute die verstreicht, sinken auch die Chance, dass Mona Lorenz noch lebt.«

      Tom steckte sein Smartphone ein und beschloss: »Lass mich mit ihren Eltern reden.«

      »Bist du sicher?«

      »Ja.« Tom lächelte sein freundliches Jungenlächeln, das ihn noch mal ganze fünf Jahre jünger aussehen ließ. Er nahm sich seine Jacke, die über seiner Stuhllehne gehangen hatte, und sagte: »Ich fahr gleich zu ihnen, ich muss nämlich noch etwas erledigen.«

      Fatima warnte ihn: »Lass dich nicht dabei erwischen, Privatangelegenheit während dem Dienst zu erledigen.«

      »Ich muss nur schnell ein Medikament aus der Apotheke holen. Du weißt schon, meine Großmutter kann das nicht mehr.«

      Fatima lächelte milde. Wie könnte sie jemanden tadeln, der sich so nett um seine alte Oma kümmerte? Soweit Tom erzählt hatte, wohnte er bei ihr, weil seine Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen waren. Erst hatte sie den Jungen aufgezogen und sich gekümmert, und nun, da sie alt und schwach war, kümmerte sich Tom ganz selbstverständlich um sie.

      »Wenn jemand nach dir sucht, sage ich, das ich dich zu Mona Lorenz' Eltern geschickte habe, damit du ihnen Bericht erstattest.«

      »Danke, du bist die Beste!«, erwiderte Tom und verließ den Raum.

      Sie sollte lieber ihm danken, denn sie hatte sich davor gefürchtet, den Lorenz' mitteilen zu müssen, dass es bisher nichts Neues gab.

      Ihre einzige brauchbare Spur war dieser Florian Maßbach gewesen, aber wenn sie diesen nicht fanden ...

      Ihr Privathandy vibrierte in der Tasche.

      Eilig, in der Hoffnung, endlich mal wieder etwas von Norman zu hören, kramte sie es hervor.

      Aber die aufleuchtende Nummer gehörte nicht ihrem Partner.

      Seufzend ging sie ran: »Evren!«

      »Na, Schwesterherz, ist alles in Ordnung bei dir?«

      »Natürlich. Kontrollierst du mich wieder?«

      »Natürlich nicht. Ich sorge mich nur um dich, das ist die Pflicht eines großen Bruders.«

      Und Fatimas großer Bruder nahm diese Pflicht sehr ernst.

      »Nach allem was hier in der Stadt in letzter Zeit los ist ...«

      »Um mich musst du dich nicht sorgen, Evren«, beruhigte Fatima ihn. »Ich habe stets meine Dienstwaffe bei mir. Mich verschleppt so schnell keiner.«

      »Trotzdem sorge ich mich.«

      Fatima lächelte. Sie liebte ihren Bruder dafür, dass er sie beschützen wollte, obwohl es ihr Job war, andere zu schützen.

      »Aber ich rufe nicht nur deswegen an«, sagte ihr Bruder.

      »Ach so?«

      »Ja. Ich komme gleich vorbei und wollte fragen, ob du etwas brauchst, was ich dir vielleicht mitbringen kann.«

      Erneut musste sie lächeln. Ihr Bruder war Staatsanwalt, der beste in ihren Augen. Beruflich musste er oft vorbei kommen, dann nahm er sich auch stets die Zeit, um nach seiner kleinen Schwester zu sehen.

      »Nein, ich brauche nichts«, lehnte sie freundlich ab. »Aber danke.«

      Trotzdem beschloss er: »Ich bringe dir ein Sandwich vorbei. Damit du mal etwas Ordentliches isst! Mama macht sich ständig sorgen, weil du so dünn bist.«

      Weil