Georg von Rotthausen

Mannesstolz


Скачать книгу

sofort.

      „Nein, nein, keine Sorge.”

      Die Langhaarige setzt sich in den Strandkorb, während die Kurzhaarige in kessem Ton nachfaßt. „Würden Sie vielleicht etwas weniger kryptisch reden?” Dabei verschränkt sie mit verstimmter Mimik die Arme.

      „Wir sind von der Mordkommission.”

      Die Kurzhaarige lacht auf, wendet sich zur der Langhaarigen. „Sag’ mal, Lisa, wann haben wir unseren letzten Kerl umgebracht?”

      „Im Bett?”

      Die Kurzhaarige grinst breit.

      „Wo sonst!”

      Lisa verkündet selbstbewußten Tones:

      „Herr Langeland, wir sind Sonnenanbeterinnen, keine Gottesanbeterinnen, die ihre Männchen fressen!”

      Die Kurzhaarige ergänzt:

      „So viele gute Typen gibt es nicht. Die paar pflegt man, aber frau bringt sie nicht um!”

      „Das ist gut zu hören, Mädels, aber das wollten wir eigentlich nicht wissen.”

      Langeland wendet sich der Langhaarigen zu.

      „Sie heißen also Lisa − und weiter?”

      „Lisa Neumann, aus Lübeck. Möchten Sie meinen Ausweis sehen?”

      „Gute Idee! Und Sie?” Er wendet sich an die Kurzhaarige.

      „Hanna Thorstensen, auch Lübeck.”

      Sie faßt in ihre Badetasche, zückt den Ausweis, hält ihn Langeland hin, der erst ihn, dann den von Lisa betrachtet, dann zurückgibt und lächelt. Er findet seine persönlichen Scan-Ergebnisse fast auf den Punkt bestätigt. Bei den Körpergewichten ist er sich auch ohne Nachwiegen sicher. Die jungen Frauen sehen sich fragenden Blickes und achselzuckend an, verstehen nicht, warum der Kriminale beim Betrachten ihrer Ausweise so blöde grinst, wie sie unabhängig voneinander denken.

      „Sie kennen zwei Rettungsschwimmer, die in Kellenhusen Dienst tun?”

      Hanna wird patzig.

      „Was gehen Sie unsere Männerbekanntschaften an?”

      Tewes ermahnt sie.

      „Vertell em dat, mien Deern, sünst ward he füünsch!”

      Lisa springt ein.

      „Wir kennen zwei Typen aus Kellenhusen, sind aber keine Einheimischen, glaube ich.”

      Hanna bekennt, „Wenn Sie Timo und Jens meinen, ja, die beiden kennen wir.”

      „Geht doch. − Waren beide gestern mit Ihnen zusammen?”

      Beide Mädchen nicken bejahend.

      „Wann sind die beiden gegangen?”

      Die Freundinnen sehen sich an, wenden dann beide den Blick zu den Männern zurück, und Hanna antwortet mit Teilecho.

      „Wann sind die beiden gegangen? Das muß so gegen 22.30 Uhr gewesen sein, vielleicht etwas später. Wir lagen jedenfalls um 23.15 Uhr in den Betten, hatten beide keine Meinung mehr.”

      Lisa bestätigt es.

      „Ja, das kommt hin. Die beiden hatten sich Hoffnungen auf mehr gemacht, aber gleich am ersten Abend mögen wir mehr als Flirten auch im Urlaub nicht. Da sind sie abgezogen. Und wissen Sie, wir mögen es nicht, wenn junge Burschen meinen, jedes Mädchen wollte bei einer ausgebeulten Badehose gleich nachsehen, ob es echt oder eine Prothese ist.”

      Die Wortwahl, Lisas kesser Gesichtsausdruck − Langeland muß sich beherrschen, nicht laut aufzulachen, senkt seinen Kopf, um sein Grinsen zu verbergen. Tewes bleibt äußerlich ungerührt.

      Hanna bohrt nun selbst.

      „Herr Langeland. Auch auf die Gefahr für neugierig gehalten zu werden, wozu müssen Sie wissen, wann die Jungs mit uns zusammen waren?”

      „Wir ermitteln in einem Tötungsdelikt, und die beiden gehören zum Kreis der Verdächtigen.”

      Die jungen Frauen sehen sich erschrocken an.

      „Meine Damen, ich muß Sie bitten, heute nachmittag in der Polizeistation Grömitz Ihre Aussagen zu Protokoll zu geben.”

      Hanna mault.

      „Waaas, jetzt im Urlaub?”

      „Mädchen, der Tod macht keinen Urlaub! Bis zur Gildestraße ist es von hier nicht weit. Hausnummer eins, wenn ich mich richtig erinnere.”

      Er sieht Tewes an. Der nickt.

      „Jou.”

      „Und Sie verlassen ansonsten Grömitz nicht ohne unsere Erlaubnis. Moin!”

      Die Männer stapfen davon. Die Mädchen sehen sich mit verzogenen Mienen an.

       *

      Malvoisin und Andreas Asmussen haben sich an einem ruhigen Abschnitt des Landesdeiches niedergelassen. Der Blonde hockt zusammen-gekauert im Gras, hat die Beine angezogen, auf den Knien die Arme verschränkt und seine Stirn darauf abgelegt. Er ist stumm.

      Malvoisin sieht ihn, aller Professionalität zum Trotz, mitfühlend an. Ihm fällt jetzt der markante Ohrring auf, den Andreas rechts trägt: offenbar aus Gold, an die Rundung ist ein die Schwingen ausbreitender Adler angeschmiedet, der einen Fisch in seinen Fängen hält.

      „Geht’s wieder? Können Sie mir ein paar Fragen beantworten?”

      Andreas sieht auf. Aus seinen wassergefüllten Augen laufen zwei dicke Tränen die Wangen herunter. Sie tropfen auf seine Badehose ab, die schon fast wieder trocken ist und bilden zwei unter anderen Umständen peinliche Flecken. Aber die Sonne ist heiß und gnädig.

      „Wann haben Sie Ihren Stubenkameraden zum letzten Mal gesehen, und wo?”

      Andreas überlegt kurz.

      „Das war unter der Dusche, nach Dienstschluß.”

      Malte stand unter dem starken Wasserstrahl, den er sich, die Hände flach gegen die krankenhausweißen Kacheln des Duschraumes gelegt, auf den Rücken prasseln ließ. Er war bereits braungebrannt, nutzte er doch jede Gelegenheit, sich der Sonne auszusetzen. Andere Männer hätten jetzt eine „weiße Hose” an, aber die Haut seiner Lenden war hellbraun. Er sonnte sich auf dem elterlichen Grundstück immer „ohne” und hielt sich während des DLRG-Dienstes in seinen freien Stunden fast immer am Lensterstrand auf, am FKK-Strand genau gesagt, wo er es liebte, mit seinen optischen männlichen Qualitäten aufzufallen. Malte hatte ruhend einen Mannesstolz von sagenhaften 19 Zentimetern vorzuweisen, was ihm in Lenste gar das Angebot eines Headhunters der Porno-Industrie eingebracht hatte. Von 3.000 €uro Tagesgage war da zu hören und bei gleichbleibend guter Figur könne er 20 Jahre dick im Geschäft sein. Er sollte aber fast nur in Schwulenfilmen mitmachen, und das lehnte er dann doch ab, obwohl, die Versuchung war für ihn groß, auch des Geldes wegen. Es war keineswegs so, daß er es nicht liebte, sich gut gebaute Typen anzusehen und beim „Schwänzevergleichen”, wie er es nannte, sich immer wieder zu freuen, daß er nie etwas wirklich vergleichbares entdeckte, aber „Arbeit” ganz ohne Mädchen wäre ihm zu öde gewesen. Dickbäuchige Typen interessierten ihn nicht, die mit kleinen roten Pavianärschen für ihn am Strand und in der Sauna nur peinlich wirkten. Schlanken Burschen sah er sehr wohl nach; aber sein Beuteblick traf unter all den Hausfrauen, die er eher geringschätzig betrachtete, manch ein schönes Mädchen, manch attraktive junge Frau − und er war erfolgreich. Malte hatte durchaus etwas von einem eitlen Pfau, gepaart mit Arroganz, denn er war sich seiner Wirkung bewußt. Gerade diese gewisse Arroganz wirkte auf manche weibliche Wesen seltsam magisch anziehend − und nicht nur bei weiblichen. In seiner Schulzeit hatte ihm seine „Größe” allerdings teils bösartigsten Neid eingebracht. Eselsschwanz, Pferdepimmel − und was ihn die anderen Jungs nicht alles geheißen hatten. Der pure Neid, aber eben auch die volle Ablehnung. Er war anders, paßte nicht ins gewohnte Schema. Und das erste Mädchen,