gelaunt redete er drauflos. Die wenig begeisterte Miene von Susi beeindruckte ihn keineswegs.
»Dieses Schmuddelwetter. Was für ein Glück, dass es dieses Hallenbad gibt. So können wir uns wenigstens entspannen, ohne vom Regen völlig durchnässt zu werden. Übrigens, warum trägst du einen Badeanzug? Ein Bikini würde dir viel, viel besser stehen.« Unermüdlich wie ein Wasserfall plapperte er weiter. »Dass ich dich erst jetzt kennenlerne. Wo habe ich die ganze Zeit nur meine Augen gehabt? Kai, du undankbarer Geselle, du hast mir verschwiegen, was für eine umwerfende Schwester du hast.« Er deutete eine leichte Verbeugung an. »Verehrte Susi möchtest du heute Abend mit mir über den Jahrmarkt bummeln, der Stätte der Gaukler und Komödianten?«
»Nein, danke. Mein Bedarf an Gauklern ist bereits gedeckt. Außerdem bin ich schon verabredet.« Sie griff nach einem T-Shirt und zog es über. Unter Marcos aufdringlichen Blicken fühlte sie sich nackt.
»Schade. Du hast keine Ahnung, was du da versäumst. Nun ja, jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.«
Wer jetzt glaubte, Marco würde die Flinte ins Korn werfen, kannte ihn nicht. Er setzte sein schönstes Lächeln auf.
»Darf ich dich beziehungsweise euch wenigstens zu einem Eis einladen?« Er bedachte Susi mit einem besonders dahinschmelzenden Blick.
Susi zog eine Grimasse. Von diesem aufdringlichen Boy nahm sie nicht einmal ein Eis an.
»Für ein Eis bin ich immer zu haben«, rief Kai begeistert. »Mir kommt da eine blendende Idee. Wie wäre es mit einem Wettschwimmen? Ich und Marco, eine Bahn im großen Becken. Der Verlierer zahlt das Eis.«
»Ha, du und schwimmen können. Dich überholten beim Schulschwimmen sogar die Mädchen. Mir wäre so etwas nie passiert.«
Jetzt wurde es Susi zu bunt. Diesem aufgeblasenen Gockel wollte sie es zeigen. Sie sprang auf und stemmte die Fäuste in die Hüften.
»Du meinst also, gegen ein Mädchen zu schwimmen ist ein Zuckerschlecken. Dann fordere ich dich hiermit heraus.«
»Ist ja gut kleine Schwester. Dass du schwimmen kannst, wissen wir. Reg dich ab und spare deine Kräfte für den nächsten Wettkampf.« Kai grinste sie an. Ihr aufbrausendes Temperament kannte er gut. »Also, Marco, bist du einverstanden, gegen meine kleine, schwache«, dabei versuchte er ein tierisch ernstes Gesicht aufzusetzen, »Schwester zu schwimmen? Der Verlierer zahlt ein großes Eis.«
»Eigentlich kämpfe ich nicht gegen Mädchen, aber wenn Susi meint, sie hat eine Chance ...« er spielte versonnen mit seinem Bizeps.
»Und ob, es ist nicht mein erster Wettkampf.« Vor Erregung rötete sich ihr Gesicht, dieser Idiot regte sie auf.
»Oh du holdes Weib, dieser energische Ausdruck in deinem Gesicht, er ist zum Verlieben.« Während Marco immer tiefer in seine bodenlose Kiste der Komplimente griff, standen Mareike und Kai auf.
»Komm schon, oder hast du plötzlich Angst?« Kai wusste genau, wo Marco empfindlich war. Gemeinsam gingen sie hinüber zum großen Becken.
Eifrig lief Marco immer einen halben Schritt vor Susi her. Mit der linken Hand strich er durch seine Locken. Ein Dandy war nichts dagegen.
»Ich möchte fair sein und gebe dir einen Vorsprung.«
»Danke, nicht nötig. Sonst kommst du nachher womöglich an und erzählst, es sei kein fairer Wettkampf gewesen.«
Am Beckenrand zog Susi ihr T-Shirt aus und reichte es Mareike. Anschließend informierte sie die Schwimmer im Becken über das bevorstehende Wettschwimmen. Diese räumten bereitwillig zwei Bahnen auf der linken Seite. Erste neugierige Zuschauer stellten sich an den Beckenrand. Marco, der sehr wohl wusste, wie viele Augen ihm zusahen, straffte seine Schultern und stellte sich in Positur.
Susi setzte sich auf die Kante des Beckens und kühlte sich ab, danach ging sie zum Startblock. Flüchtig blickte sie zu Marco. Vertraulich blinzelte er ihr zu. Abrupt wendete sich Susi ab. Konnte er nicht aufhören, sie anzumachen?
Kai gab das Kommando.
»Auf die Plätze - fertig - los!«
Die beiden schnellten sich von den Blöcken ab und tauchten elegant ins bewegte Wasser ein. Als Susi auftauchte, sah sie, dass Olaf einen kleinen Vorsprung hatte. Es störte sie nicht. Sollte er ruhig in Siegeslaune schweben. Sie würde es ihm schon zeigen.
»Susi, Susi, zeig ihm, was eine Harke ist.« Nur undeutlich vernahm Susi die anspornenden Rufe von Kai. Offensichtlich bekam es ihr Bruder mit der Angst zu tun. Dabei sollte er sie doch besser kennen.
Wie ein Schatten folgte sie Marco, egal, wie schnell dieser schwamm. Am erstaunten Gesichtsausdruck erkannte sie, dass er nicht damit gerechnet hatte, dass sie ihm auf den Fersen blieb. Ihre Augen tränten vom Chlorwasser. Jetzt bereute sie es, keine Schwimmbrille aufgesetzt zu haben.
Die Fünfundzwanzig-Meter-Marke. Die Zeit war gekommen, um aus diesem gemütlichen Spaziergang ein Wettschwimmen zu machen. Langsam erhöhte Susi die Anzahl der Schläge ihrer Arme. Synchron dazu schwangen ihre Beine wie Kolben im tiefen Wasser auf und nieder. Immer wenn sie Luft holte, sah sie, wie der Abstand zu Marco schmolz.
Bei fünfunddreißig Metern lagen sie Kopf an Kopf. Marco verdoppelte seine Bemühungen, sein Gesicht war verkniffen. Mit Genugtuung stellte Susi fest, dass ihn allmählich die Kräfte verließen.
Langsam, aber sicher schob sie sich an ihm vorbei. Nur noch fünf Meter, und Susi streckte sich, baute einen Vorsprung von einer halben Länge aus. Das Beckenende ragte vor ihr aus dem Wasser. Die Beine gaben ihr den letzten nötigen Schwung. Laut keuchend erreichte sie den Beckenrand und berührte mit der flachen Hand die Kacheln.
»Sieger!« Susi sah sich nach Marco um, der gerade erst anschlug.
»Gratuliere.« Heftig atmend schwamm er neben ihr Susi im Wasser. »Diese Blamage. Ich kann mich nicht mehr unter die Leute wagen. Gib zu, du hast geschummelt.«
Sie stieß sich ab und schwamm die wenigen Meter bis zur Leiter. Solche Typen liebte sie, angeben wie nichts Gutes, aber nichts dahinter.
Mareike und Kai empfingen sie begeistert. Ein paar der Zuschauer klatschten Beifall. Kai klopfte ihr erfreut auf die Schulter.
»Ich danke dir, junge Squaw. Du hast die Ehre der Familie gerettet. Das war allererste Sahne, wie du Marco auf den letzten Metern geschlagen hast.« In seinen Augen glänzte brüderlicher Stolz.
Marco folgte Susi und trat zu ihnen.
»Echt toll, wie du schwimmst. Was für eine Kraft. Das hätte ich nie gedacht«, sagte er und schüttelte seine dunklen Locken, dass die Wassertropfen nur so flogen. Er streckte Susi die Hand entgegen. Nach leichtem Zögern schlug sie ein. Sein Händedruck war kräftig, aber nur kurz. Verlegen wühlte er in seinen Haaren und grinste die Drei an.
»Bitte tut mir den Gefallen und schweigt über dieses Wettschwimmen. Nicht auszudenken, wenn das jemand erfährt.«
»Keine Bange, das wird garantiert Stadtgespräch, Zuschauer gab es ja zuhauf. Sei nur froh, dass mein Smartphone im Schließfach liegt. Sonst hätte ich schon ein Foto geschossen.« Kai verkniff sich nur mit Mühe das Lachen.
»Ich flitze eben, mein Portemonnaie holen. Ihr seid alle eingeladen, das ist Ehrensache.«
So schnell wie jetzt war er wohl noch nie in seinem Leben von der Bildfläche verschwunden.
»Kommt, stellen wir uns an, bevor das Eis ausverkauft ist.« Susi deutete durch die Glastür zum kleinen Kiosk neben dem Restaurant, vor dem eine lange Schlange stand.
Erwartungsvoll reihten sie sich ein. Marco ließ nicht lange auf sich warten.
»Freiheit für Grönland«, rief er. »Weg mit dem Pack, her mit dem Eis.«
Als sie endlich an die Reihe kamen, ließen sie ihren Wünschen freien Lauf. Und Marco zahlte, ohne zu murren.
Genüsslich am Eis lutschend schlenderten sie zurück zur Ruhefläche.
»Susi, nun verrate mir