anhaltende Schweigen vor der Tür verriet, wer gekommen war. Langsam bummelte Susi in den Flur.
»Hallo. Habt ihr es aber eilig. Wir haben doch den ganzen Abend sturmfreie Bude. Könnt ihr euch nicht noch ein wenig gedulden?« Lässig lehnte Susi an der Wand und beobachtete das Paar.
»Ist ja gut, kleine Schwester. Sei nicht neidisch«, meinte Kai und legte Mareike liebevoll den Arm um die Schultern. »Du wolltest ja solo bleiben. Nimm dir ein Beispiel an den Prinzen und ihren Fröschen. Bin schon gespannt, wann du anfängst, im Dunkel der Nacht Frösche zu küssen. Immer auf der verzweifelten Suche nach dem Richtigen.«
»Du bist so richtig eklig. Du weißt doch, ich mag keine Frösche, und küssen werde ich sie garantiert nicht!«
»Hallo Susi, lass dir nicht die Stimmung vermiesen. Ich weiß ja selber, wie unmöglich Geschwister sein können.« Mareike ging mit Kai Hand in Hand ins Wohnzimmer. Neugierig sah sie sich um. »Sicher könnt ihr noch Hilfe gebrauchen, oder? Oder sollen die Girlanden auf dem Boden liegen bleiben?«
»Du hast ja sooo recht«, murmelte Tobias. »Tu dir bitte keinen Zwang an.«
»Aber vorher möchte ich wissen, was du in deiner Jackentasche verbirgst.« Kai tippte vorsichtig auf die deutlich sichtbare Ausbeulung.
»Ich werd nicht mehr. Frech und habgierig«, sagte Susi und schüttelte den Kopf. »Mareike, du musst ihn dir besser erziehen.«
»Heute darf er. Er hat eine Sondererlaubnis. Schließlich ist es sein Geburtstag.« Sie griff in ihre Jackentasche und holte ein Päckchen hervor, liebevoll verziert mit Schokoladentäfelchen und Bändchen.
Begeistert nahm Kai es entgegen und zerrte heftig am Papier. Den entgeisterten Gesichtsausdruck seiner Freundin nahm er nicht wahr.
Wieder schellte es an der Tür.
»Hilfe. Haltet euch ran! Klatscht die Dekoration an die Decke. Ich versuche heldenhaft, die Eindringlinge aufzuhalten.«
Kai rannte hinaus, das Päckchen flog achtlos in eine Ecke. Schweigend hob Susi es auf. Wie konnte man zu seinem 18. Geburtstag nur so aufgeregt sein?
»Garantiert gehen alle wieder nach Hause, nur weil die Girlanden noch nicht hängen«, meinte Susi, während sie ins Wohnzimmer ging, und sich nach der ersten Girlande bückte.
Die Drei machten sich an die Arbeit und lauschten dabei dem Hallo im Flur. Eine dunkle und sehr männliche Stimme erkannte Susi sofort. Marco! Also kam dieser eingebildete Gockel tatsächlich zur Fete. Einen Augenblick überlegte sie, ob sie nicht vielleicht doch hinüber zu ihrer Schwimmpartnerin Angela gehen sollte. Aber den Gedanken verwarf sie schnell wieder. Angela würde nicht verstehen, warum sie vor einem Boy floh.
»He!«, fuhr Tobias sie an. »Wenn du jetzt schon schläfst, solltest du bald ins Bett gehen. Du wirst fürs Arbeiten bezahlt!«
»Sorry, ich wusste nicht, dass es dafür Cash gibt.« Sie bückte sich und warf ihn die nächste Girlande zu. Draußen im Flur näherten sich vergnügte Stimmen.
»Oh, sind wir hier verkehrt?« Die ersten Besucher drängten herein. Mit einem Auge schielten sie auf die Girlanden, mit dem anderen auf das Buffet.
»Hallo Norbert und Benny. Hey Diana und Regina.« Susi begrüßte die Neuankömmlinge. Ihnen folgte Kai, der unter dem Stapel von Geschenken fast zusammenbrach.
Ein paar Augenblicke vergingen, noch fehlte jemand. Susi blickte verdutzt zur Tür, hatte sie sich getäuscht? Dann tauchte ER auf. Lässig, mit gestyltem Haar, kam er herein. Sein Blick schweifte über die Anwesenden und blieb dann auf Susi haften. Doch bevor er den Mund aufbekam, nahm Benny Susi in Beschlag.
»Susi, altes Haus. Dass man dich einmal außerhalb des Wassers sieht.« Benny drückte sie an seine mächtige Brust. »Zeig mal deine Hände. Sind dir noch keine Schwimmhäute gewachsen?«
»Scherzkeks. Zum wievielten Mal fragst du mich danach?«
»Also ...«
»Ja, Susi, seit wann machst du Männer an? Darf ich eifersüchtig werden?« Die Worte hinter ihrem Rücken waren wie eine eiskalte Dusche. Sie fuhr herum und starrte den unverschämten Kerl an. Benny murmelte etwas und zog sich zurück. Marco sah ihm zufrieden nach.
»Du kannst eifersüchtig werden, solange du willst. Lass nur mich dabei aus dem Spiel.«
Ein intensiver Geruch drang in ihre Nase und reizte die Schleimhäute. Sie nieste laut.
»Gesundheit. Hast du dich verkühlt?« Mit einem Ausdruck, der doch tatsächlich an Besorgnis grenzte, kam Marco näher. Ein kräftiger Hauch seines Deos schlug Susi entgegen.
»Ich bin erkältet. Jedes Mal, wenn ich dich sehe, bekomme ich kalte Füße. Und die Krönung ist dein sehr großzügig aufgetragenes Deo.«
»Es gefällt dir nicht - oder doch?« Marco hob den Arm und schnüffelte am Stoff. »Also ich finde, dieser männlich herbe Geruch passt zu mir.«
Seine Augen musterten Susi von den Fußspitzen bis zur eng sitzenden Jeans und dem buntgemusterten Baumfällerhemd, das, lässig geknotet, den Bauchnabel freiließ. Unter diesem Blick, der sie regelrecht auszog, wurde Susi rot. Sie bereute es, nicht ihre alten, schlabberigen und wenig figurbetonten Klamotten angezogen zu haben.
»In der Jeans siehst du umwerfend aus, sie betont deine Figur hervorragend. Und dieses Hemd. Du besitzt einen unheimlich sexy Bauchnabel. Sicher trägst du das nur meinetwegen.« Marco beendete seine Musterung und sah ihr in die Augen. »Ich fühle mich geehrt.«
»Seit wann hast du auch nur einen Hauch Ahnung von Mode?«, fuhr sie ihn an. »Ich finde, Wagenschmiere gehört nicht dazu.« Sie deutete auf sein Hemd, das tatsächlich am Ärmel verschmiert war.
»Gehört sich so, die neueste Kollektion für Heimwerker.«
Susis Stimmung sank auf den Nullpunkt. Wenn dieser schleimige Typ ihr den ganzen Abend an den Fersen klebte, sah sie schwarz.
Zum dritten Mal klingelte es, und wieder war es Kai, der zur Tür eilte. Weitere Gäste trafen ein. Der Lärmpegel stieg unüberhörbar.
Susi, erleichtert, einen Grund zu haben, sich nicht mehr mit Marco unterhalten zu müssen, eilte hinaus und begrüßte sie freudig.
»Hallo Holger.«
»Hey Susi, darf ich dir meine Freundin Tamara vorstellen?«
»Hallo, Tamara. Kann es sein, dass wir uns kürzlich gesehen haben? Im Supermarkt?«
»Ja natürlich. Du warst vor mir an der Kasse. Welch ein Zufall.«
Susi nutzte die Gelegenheit, um die perfekte Gastgeberin zu spielen. Heimlich beobachtete sie dabei Marco. Er stand noch immer an derselben Stelle und schien auf sie zu warten. Inbrünstig hoffte Susi, dass Marco endlich jemanden fand, mit dem er sich unterhalten konnte. Aber zu ihrem Leidwesen stellte sie fest, dass alle Freunde von Kai mit Anhang gekommen waren.
»Alle einmal hergehört.« Kais fröhliche Stimme unterbrach Susis düstere Gedanken. »Bevor wir zur allgemeinen Schlacht am kalten Buffet kommen, möchte ich euch mein größtes Geburtstagsgeschenk vorstellen. Leider passte es nicht ins Wohnzimmer. Deshalb müssen wir uns nach draußen begeben.« Zustimmendes Gejohle erklang, der Klatsch war mal wieder schneller gewesen als alles andere. Der Trupp drängte hinaus ins Freie. Susi ließ sich mittreiben in der Hoffnung, dass Marco verloren ging.
Im milden Schein der Außenbeleuchtung stand das Geschenk da. Farbe lila, ein wenig kurz geraten für ihren Geschmack, aber dennoch ein Auto.
»Na, was sagt ihr dazu? Stahlschiebdach, Servolenkung und ABS, Sportfelgen und weiterem technischem Schnickschnack. Allerdings, das Beste steckt innen drin!« Stolz öffnete er die Wagentür. »Sportsitze und ein nussholzverkleidetes Armaturenbrett. Die Verkleidung habe ich in meinem Lehrbetrieb selbst angefertigt. Auch die Hupe erfuhr eine Verbesserung.«
Er drehte den Zündschlüssel im Schloss und drückte gegen das Lenkrad. Eine helle Fanfare ertönte. Ehrfürchtiges