Kathrin Noreikat

Lass uns verloren gehen


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      Über die Autorin

      Kathrin Noreikat wurde 1976 in Esslingen geboren. Sie machte eine Ausbildung zur Sortimentsbuchhändlerin. Danach arbeitete sie einige Jahre in einer Buchhandlung in Freudenstadt. Nach einer Weiterbildung zur staatlich geprüften Betriebswirtin war sie bei einem Kinder- und Jugendbuchverlag in München. Seit einigen Jahren lebt sie in Aachen und arbeitet bei einem Institut der RWTH Aachen University im Bereich PR.

      Kapitel 1

      Sie biss sich auf die Unterlippe. Als er die Hotellobby betrat, erkannte sie ihn sofort. In Natura sieht er noch heißer aus, als auf den Fotos im Internet. Ich werde Brandblasen bekommen, wenn ich ihn berühre, dachte sie. Er schaute in ihre Richtung und sie winkte ihm mit einer kleinen Handbewegung zu. Hatte er das gesehen? Ja, denn er lächelte und kam mit schnellen Schritten auf sie zu. Sie war sich nicht sicher, wie sie ihn begrüßen sollte, doch er gab ihr selbstsicher einen leichten Wangenkuss. Ihr schoss das Blut in den Kopf und hoffte nicht rot zu werden.

      An der Bar bestellten sie einen Mojito für sie und er nahm einen Gin Tonic. Langsam legte sich ihre Nervosität und ihre Gesichtsfarbe musste sich wieder normalisiert haben, denn der Mann war ein unterhaltsamer Gesprächspartner. Er machte ihr Komplimente, scherzte mir ihr.

      „Darf ich dich etwas Persönliches fragen?“

      Der Mann antwortete und zwinkerte ihr dabei zu: „Du darfst mich alles fragen und alles mit mir machen.“

      „Wie lange machst du diesen Job schon?“

      Ihre Frage blieb unbeantwortet, denn in diesem Moment erkundigte sich der Barkeeper: „Möchten die Herrschaften noch etwas trinken?“

      Sie zögerte, doch er antwortete für sie: „Noch einen Mojito für die Dame und für mich noch einen Gin Tonic.“

      Nachdem sie ihre Gläser geleert hatten, schlug er vor, hinauf auf das Zimmer zu gehen. Sie nickte. Das Zimmer lag im fünften Stock, war geschmackvoll eingerichtet, besaß ein Bett, das mindestens doppelt so breit war, wie ihr eigenes und ein Badezimmer mit Dusche. Er zog die schweren Vorhänge zu und bat um seinen Umschlag.

      „Ach so, ja klar“, stotterte sie, überreichte ihm einen offenen Briefumschlag, in dem sich Geld befand. Ohne nachzuzählen steckte er den Umschlag in seine Tasche.

      Die Frau stand unschlüssig im Raum. Wie würde es jetzt weiter gehen?, fragte sie sich gespannt. Er lächelte ihr freundlich zu: „Wie wäre es, wenn ich dich erst mal massieren würde?“

      „Ja. Gern“, antwortete sie.

      Während sie ihre Kleidung ablegte und sich nur in der schwarzen Spitzenunterwäsche auf das breite Bett legte, holte er eine kleine Flasche mit Massageöl aus seiner Tasche. Unter seinen geschmeidigen Berührungen lösten sich ihre Verspannungen. Ein tiefer Schauer durchlief ihren Körper, als sie spürte wie seine Hände vom Nacken weiter hinunter zum Rücken und Gesäß wanderten. Geschickt öffnete er den Verschluss ihres BHs, zog ihr den Slip aus. Dann drehte er sie behutsam auf den Rücken. Er stand neben dem Bett und knöpfte sich langsam das schwarze Hemd auf. Er genoss es, wie sie jede seiner Bewegungen mit einem sehnsüchtigen Blick verfolgte, bemerkte wie sie ihr beim Anblick seines durchtrainierten Oberkörpers der Atem stockte. Sie setzte sich auf und öffnete den Reißverschluss seiner Hose. Nun wollte sie alles an ihm sehen.

      Später trennten sie sich ihr Körper voneinander. Er legte seinen Arm um ihre Schultern und sie schmiegte sich an seine Brust. Irgendwann murmelte er: „Es ist Zeit“.

      Mit einer fließenden Bewegung stieg er aus dem Bett. Im Badezimmer duschte er rasch, während sie im Bett liegen blieb, sich rekelte. Zurück im Zimmer beobachtete sie, wie er sich anzog und seine Tasche nahm. Er küsste sie auf die Wange. „Ich gehe dann jetzt.“

      „Okay“, murmelte sie und fügte hinzu: „Es hat Spaß mit dir gemacht!“

      „Ja, mir hat es auch gefallen.“

      Sie hörte wie die Zimmertür sich schloss. Lange konnte sie nicht einschlafen. Die Erinnerung an seine Berührungen auf ihrer Haut, verursachte ihr eine Gänsehaut. Das war das wagemutigste, was sie bisher getan hatte. Ich werde es nochmal wagen, versprach sie sich.

      Kapitel 2

      Elinborg Steinhausen schloss die Tür des Bauernhauses auf. Sofort kam ihr Oskar entgegengelaufen, strich um ihre Beine und miaute.

      „Hallo“, begrüßte sie den getigerten Kater.

      Sie zog die hochhackigen Schuhe aus und ließ sie achtlos in der Diele liegen. Bernd regte sich jedes Mal darüber auf. Aber das war nur einer der vielen Streitpunkte, die sie die letzten vier Jahre begleiteten. Irgendwann war plötzlich ihre Liebe abhandengekommen, wie anderen Leuten ein Hut oder Regenschirm. Aber weder sie noch Bernd hatten daraus Konsequenzen gezogen. Also blieben sie verheiratet, arrangierten sich mit ihrem Alltag. Sie waren ohnehin beide beruflich viel unterwegs und sahen sich unter der Woche kaum.

      Bernd war nicht zuhause, wie sie in der Garage beim Einparken bemerkt hatte. Der schwarze A8 fehlte. Sicherlich war er wie jeden Freitagabend im Golfclub.

      Sie zog den Trolley hinter sich ins Schlafzimmer und stellte ihn dort ab. Oskar lief ihr hinterher. Wie immer, wenn sie von einer mehrtägigen Lesereise zurückkam und ihr Mann nicht zuhause war, drehte sie eine Runde durch das Haus. Das Bauernhaus lag etwas abseits eines Dorfes oberhalb des Rursees in der Eifel. Um das Grundstück verlief eine hohe Hecke, daher würde ein Einbruch nicht sofort bemerkt werden. Nur wenn Bernd und sie länger verreist waren, schaute eine Nachbarin nach dem Haus und kümmerte sich auch um den Kater. Elinborg knipste in der Küche das Licht an, ging weiter in den großzügigen Wohn- und Essbereich. Die Einrichtung war ganz im Landhausstil, wie sie es so gerne mochte. Eine gläserne Terrassentür führte hinaus in den großen Garten. Das Arbeitszimmer ihres Mannes betrat sie nicht, denn das war sein Reich. Als letztes ging sie in ihr Arbeitszimmer. Die Regale waren vollgestopft mit Büchern und Ordnern. Selbst auf dem Fußboden stapelten sich Bücher. Auf dem hellen Eckschreibtisch stand ihr Computer. Dort schrieb sie ihre Kriminalromane. Der Anrufbeantworter blinkte, sie hörte die Nachrichten ab.

      „Sie haben drei neue Nachrichten. Erste neue Nachricht ...“, sagte die Computerstimme.

      „Grüß Gott Frau Steinhausen, hier spricht Kurt Weinert“, hörte sie ihren Verleger mit bayrischem Akzent sprechen. „Ich darf Ihnen mitteilen, dass wir nun die dritte Auflage von Band vier ihrer Krimireihe drucken lassen. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag. Auf Wiederschauen.“

      Die zweite Nachricht stammte von Frau Maridakis: „Hallo Frau Steinhausen. Ich muss mich krankmelden. Ich werde nächste Woche wieder zum Putzen kommen. Wiedersehen.“

      „Peter Lohauser von `Der schöne Garten´. Guten Tag. Der Abgabetermin für ihren Artikel war gestern. Bitte rufen Sie mich zurück. Auf Wiederhören.“

      Elinborg schlug sich mit der Hand auf die Stirn: „So ein Mist, das habe ich total vergessen.“

      Nach dem Abitur hatte sie Journalismus studiert und eine erste Anstellung bei dem monatlichen Magazin „Der schöne Garten“ erhalten. Mittlerweile schrieb sie dafür nur noch unregelmäßig Artikel. Vielleicht sollte sie damit ganz aufhören, überlegte sie. Das Honorar war lächerlich gering und sie hatte auch keine Lust mehr über Gartenthemen zu schreiben.

      Am nächsten Morgen beim Frühstückstisch fragte Elin ihren Mann: „Wie war es gestern im Golfclub? Es ist wohl spät geworden, oder?“

      „Ich glaube, es war nach Mitternacht als ich nach Hause kam. Neben dir muss wohl erst eine Bombe einschlagen, damit du aufwachst“, erwiderte Bernd hinter der Tageszeitung.

      „Kannst du die Zeitung nicht zur Seite legen, wenn du mir antwortest?“

      Bernd blickte kurz hinter der Zeitung hervor und sagte: „Im Golfclub war es ganz nett. Zufrieden?“ Dann