sicher im Golfclub feiern.
„Als Staatsdiener muss ich eben immer informiert sein und meine Zeit zum Lesen ist begrenzt“, stellte er klar. Elinborg stöhnte, denn er musste immer das letzte Wort haben. Bernd war Staatsanwalt für Wirtschaftskriminalität. Im Lauf der Jahre hatte er sich zu einem ehrgeizigen Vertreter der Anklage entwickelt. Das Gesetz war seine Religion und das Gesetzesbuch seine Bibel. Seine Plädoyers waren ausgefeilte Statements für Recht und Ordnung.
„Willst du noch eine Tasse Kaffee? Sonst räume ich den Tisch ab.“
„Nein danke.“
Als Elin den Tisch abgeräumt hatte, sagte sie zu Bernd, der immer noch die Zeitung las: „Ich bin in meinem Zimmer. Mittagessen gibt es um 12:30 Uhr.“
„Okay“, antwortete er beiläufig.
In ihrem Arbeitszimmer checkte die Autorin ihre E-Mails.
Eine Nachricht von der Presseabteilung ihres Verlages:
„Liebe Frau Steinhausen,
nach der erfolgreichen Vorstellung Ihres Krimis letzte Woche auf der Leipziger Buchmesse kann ich Ihnen jetzt schon einen Pressespiegel zu Ihrem Krimi „Endstation Alexanderplatz“ zu schicken. Mit freundlichem Gruß aus München Sabine Nickl“
Eine lange E-Mail von ihrer Schwester Thorunn, die sie später in Ruhe lesen würde. Außerdem eine Nachricht von ihrer Freundin Margriet: „Liebe Elin, danke der Nachfrage. Das Gespräch mit meinem Hausarzt war unangenehm. Er meinte, ich würde mir seine Zuneigung nur einbilden. Er bat mich sogar nicht mehr in seine Praxis zu kommen …“
Eine weitere E-Mail aus der Marketingabteilung des Verlages:
„Sehr geehrte Frau Steinhausen, im Anhang finden Sie Ihren Lesereiseplan für die nächsten beiden Monate. Bei Fragen stehe ich Ihnen selbstverständlich zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Valerie Volzner.“
Die Lesereisen machten Elinborg viel Spaß und brachten Abwechslung in ihren Alltag. Eine Anekdote besagte, als Hugo von Hofmannsthal einmal pleite war, sei er auf eine ausgedehnte Tournee gegangen. Damals entwickelte sich auch das Programm, nach dem Autorenabende bis heute ablaufen: Einführung, Lesung, Gespräch und „geselliges Beisammensein“.
Nachdem Elinborg ihre Mails bearbeitete hatte, loggte sie sich auf ihrer eigenen Website ein. Hier fügte sie die Lesereisedaten für Juni ein. Eigentlich wollte sie diese Tätigkeit schon längst bei einer Agentur in Auftrag geben, aber bis jetzt hatte sie nicht einmal die Zeit gefunden nach Agenturen zu suchen.
Es klopfte an ihrer Tür und Bernd streckte sein Kopf ins Zimmer.
„Ich werde jetzt zum Golfen fahren.“
Sie drehte sich auf ihrem Schreibtischstuhl um und sah ihn überrascht an:
„Willst du nicht mit mir Mittag essen?“
„Nein. Ich esse im Clubhaus.“
„Aha.“
„Kommst du heute Abend?“
„Wohin?“
„Ins Clubhaus. Dietmar feiert doch seinen 50. Geburtstag.“
Elinborg schüttelte den Kopf.
„Nein. Das wird mir zu spät. Ich bin morgen zu einer Matinée eingeladen, da muss ich ausgeschlafen sein.“
Bernd machte ein enttäuschtes Gesicht. „Wie du meinst“, sagte er und schloss die Tür.
Kapitel 3
Wie jeden Morgen befand sich eine genau abgewogene Menge an selbst gemischten Müsli in einer Schale. Lorenz Berringer schüttete Milch dazu und ließ die Schüssel zunächst unberührt stehen. Das Müsli musste erst etwas einweichen. Zu Musik machte er sein tägliches Workout. Danach nahm er aus dem, immer reichlich gefüllten Obstkorb, eine Banane und einen Apfel und schnitt diese in Stücke. Das Obst warf er zu dem Müsli in die Schale.
Er wohnte ganz oben in einem Penthouse mit Dachterrasse in einem modernen Mehrfamilienhaus. Da es für Ende März ungewöhnlich warm war, setzte er sich mit seinem Frühstück auf die große geflieste Dachterrasse. Von hier aus sah Lorenz Berringer auf die Häuser von Aachen, die Kirchturmspitze von Sankt Jakob und eine bewaldete Anhöhe mit einem Drehturmcafé.
Nach dem Frühstück ging er unter die Dusche und zog sich im Schlafzimmer an. Sein Blick fiel auf eine schwarzweiß Porträtaufnahme von ihm selbst, die über dem Bett hing. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wann sie aufgenommen wurde. Es war eines der ersten Fotos, die für seine Sedcard entstanden war. Lorenz Berringer war zwar kein Supermodel, wie Sean O´Pry, der eine Millionen Euro im Jahr verdiente, doch mit einer Größe von 1,84 Meter, der athletischen Figur, der geraden Nase und dem stets gepflegten Dreitagebart war er doch ein international gefragtes Männermodel.
Wie üblich stand samstagvormittags Sport in seinem Terminkalender. Da er kein Auto besaß, war er viel mit dem Fahrrad oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. So radelte er zum Fitnessstudio am Europaplatz, dabei kam er auch an der Buchhandlung Weyhe vorbei. Im Schaufenster hing ein großes Plakat. Darauf stand, dass am morgigen Sonntag um 11 Uhr eine Matinée mit der bekannten Krimiautorin Elin Steinhausen geben würde. Lorenz kannte die Romane um Kommissar Krassek, denn er las oft und gerne spannende Romane. Gelegenheiten zum Lesen gab es für ihn viele, in der Bahn, im Flugzeug und in der Wartezeit bei den Castings.
Spontan hielt das Männermodel an und betrat die Buchhandlung.
„Ich habe zwei Eintrittskarten für eine Lesung gekauft. Sie findet morgen in der Buchhandlung Weyhe statt. Magst du mitkommen?“, fragte Lorenz seinen Freund Cornelius Ackermann im Fitnessstudio. Der Mann mit dem blonden Bürstenhaarschnitt und dem breiten Rücken, der von allen nur Conny genannt wurde, wiederholte skeptisch: „Eine Lesung? Am Sonntag?“
Die Männer standen auf zwei nebeneinander stehenden Crosstrainern und wärmten sich auf.
„Ja, die Autorin ist wirklich gut. Sie liest aus ihrem neusten Krimi.“
„Nee. Ich bin morgen im Stadion.“
„Schade“, murmelte Lorenz. Wem sollte er jetzt die zweite Karte geben?
Als die Männer zu den Rudermaschinen wechselten, fiel Lorenz eine blonde Mittzwanzigerin ins Auge, die sich gerade auf den Hocker der Schulterpresse setzte. Sie hieß Mandy, erinnerte er sich. Sie bemerkte seinen Blick, lächelte. Lorenz ruderte noch einige Male, stand dann auf und ging zu ihr hinüber. Conny sah ihm interessiert hinterher und beobachtete ihr Gespräch aus der Ferne.
„Warum bist du zu der Blonden gegangen? Was willst du von ihr?“, fragte Conny neugierig als Lorenz wieder zu der Rudermaschine zurückkehrte.
„Ich habe sie gefragt, ob sie morgen mit mir zu der Lesung möchte.“
„Und?“
Lorenz zeigte mit dem Daumen nach oben.
„Mensch! So auf Literatur zu machen, ist eine echt gute Masche von dir“, meinte Conny bewundernd.
„Ich weiß nicht, was du meinst.“
„Gib doch zu, dass du die Blonde ins Bett haben willst.“
Lorenz verdrehte die Augen. „Du denkst wohl immer nur an das eine, oder?“
Conny grinste breit. „Kann schon sein.“
Ihr Training beendeten die Männer nach einer Stunde mit fünfzehn Minuten Cardio, um anschließend in die Sauna zu gehen. Nur mit einem Handtuch bekleidet, betraten sie die Sauna, legten das Handtuch ab und setzten sich auf die Holzbank.
Die Wärme tat gut. Lorenz fuhr sich gedankenverloren mit der flachen Hand über seinen muskulösen Oberkörper, spannte ihn dabei gerade so stark an, dass sich die Rillen zwischen den Muskelpacks so vertieften, dass die Finger leicht darin hängen blieben. Conny beobachtete ihn dabei und kommentierte verächtlich: „Wir wissen