Lucy van Geldern

Traumtänzer


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tat Ulrike ihr den Gefallen und musterte sie aufmerksam von oben bis unten. Zufrieden mit dem Ergebnis nickte sie.

      »Dank des Friseurs sitzt dein Haar perfekt und mit deinen Klamotten hast du ebenfalls eine gute Wahl getroffen. Die Sachen sitzen perfekt und betonen deine schlanke Figur hervorragend. So herausgeputzt übersieht dich kein männliches Wesen.«

      »Wirklich?«

      »Also, nun mach mal einen Punkt! Schlimmer als ich siehst du nicht aus.«

      Erleichtert strich Conny ihren Pulli glatt und überprüfte dann das Erscheinungsbild ihrer Freundin. Ulrike hatte ihr langes Haar heute zu einem eleganten Zopf geflochten und sah, wie sie, ungewohnt festlich aus.

      »Auf in den Kampf.« Betont forsch drückte Conny die schwere Tür auf und betrat das Café.

      »Hier sind wir verkehrt. Ulrike, das ist eindeutig der falsche Film. Ich sehe nur ein paar alte Omas, die mit Behagen Schwarzwälder Kirschtorte verzehren.«

      Schon wollte Conny sich umdrehen und gehen, aber Ulrike hielt sie zurück.

      »Das macht doch nichts. Im Gegenteil, so ist es für uns viel einfacher, Andreas zu erkennen. Wir nehmen einen Platz am Fenster. Dann sehen wir weiter.«

      Da Ulrike recht hatte, fügte sich Conny, und sie machten sich auf die Suche nach einem geeigneten Sitzplatz.

      »Hier sind wir richtig. Wir können den Eingang beobachten und haben gleichzeitig einen tollen Blick auf den Marktplatz. Gib mir deine Jacke, ich hänge sie auf.«

      Beladen mit den Jacken ging Ulrike zur Garderobe und versorgte sie. Auf dem Rückweg erblickte sie eine verstaubte Jukebox, die versteckt zwischen ein paar Grünpflanzen stand. Ulrike kramte in ihrer Hosentasche und fischte eine Münze heraus. Aufmerksam studierte sie die Titel. Zu ihrem Bedauern entdeckte sie keine flotten Tanzlieder. Sie warf das Geld ein und wählte von Udo Jürgens das Lied »Aber bitte mit Sahne«.

      Begleitet von den ersten Takten begab sie sich zurück zum Tisch.

      »Hast du dich nicht verwählt? Dieser Song ist doch uralt.«

      »Ich weiß, aber etwas Besseres gab es nicht. Und ich finde, mit ein bisschen Musik geht es gleich ein wenig leichter.« Sie setzte sich neben Conny, sodass beide den Eingang beobachten konnten.

      Eine ältere Dame mit grauem Dutt kam auf sie zu und reichte ihnen die Karte. Die gestärkte Schürze, die sie zum schwarzen Kleid trug, strahlte blendend weiß.

      »Was darf's denn sein?«

      »Zwei Cappuccino und ...«, sagte Ulrike, und gemeinsam mit ihrer Freundin beugte sie sich über die Karte. »... zwei Eisbecher Nuss.«

      »Mit Sahne?«

      »Ja, bitte.« Als die Bedienung gegangen war, grinsten sich die beiden Freundinnen übermütig an.

      »Jetzt verstehe ich, warum du »Aber bitte mit Sahne«, gewählt hast. Wir sind mal wieder auf dem Gesundheitstrip«, sagte Conny und leckte sich in Gedanken an den Eisbecher die Lippen. »Immer nur Salat - das ist auch nichts.«

      »Immerhin können wir froh sein, dass sie Cappuccino im Angebot haben. Meine Oma erzählt mir ständig, dass es früher nur Kaffee im Kännchen gab.«

      »Stimmt, bei der altbackenden Ausstattung hätte uns das auch passieren können.«

      Das Warten begann. Am Eingang tat sich nichts, und der Uhrzeiger rückte immer weiter von der Vier ab und näherte sich vier Uhr fünfzehn.

      Kurz darauf servierte die ältere Dame ihnen die Cappuccino und die Eisbecher. Er war genau so, wie Conny ihn liebte, mit viel Sahne und üppigem Krokant bedeckt. Während sie von der Sahne naschte, kreisten Connys Gedanken einzig und allein um Andreas. Sicher wollte er sie, als »Frischlinge« auf der Uni, nur auf den Arm nehmen. Da Ulrike felsenfest der Meinung war, dass die Verabredung nicht platzte, hielt sie aber den Mund.

      »Bei den Preisen sollten wir den Eisbecher genießen«, sagte sie nach einer Weile genießerisch, und lutschte mit geschlossenen Augen am Krokant.

      So verpasste sie den Augenblick, in dem die schwere Tür aufging und neue Gäste das Restaurant betraten.

      »Da, schau mal die beiden Typen.« Ulrike deutete zum Eingang, wo die zwei Boys standen und sich umblickten. »Sind die nicht süß? Der eine hat heute Morgen sicher vergessen, sich die Haare zu kämmen. Seine flachsblonden Locken stehen völlig wirr umher.«

      Aufmerksam beobachteten sie die Jungs, die so völlig unterschiedlich waren. Unsanft stieß Conny mit ihrem Ellenbogen in die Rippen von Ulrike.

      »Der andere sieht aus, als gehe er jeden zweiten Tag zum Friseur. Und diese Figur - durchtrainiert von Kopf bis Fuß. Da bleibt einem nur der blasse Neid.« Flüchtig dachte sie daran, dass ein regelmäßiger Besuch im Fitnessstudio vielleicht besser wäre als der Tanzclub.

      »Ich möchte wetten, die haben sich verlaufen. Was sonst suchen zwei so sympathische Typen in diesem Café?«

      Schneller, als Conny es lieb war, bekam sie die Antwort. Zielstrebig hielten die beiden auf ihren Tisch zu.

      »Ulrike, was machen wir nur? Gleich bekommen wir Gesellschaft.« Nervös rutschte Conny auf ihrem Stuhl hin und her. Sie beugte sich tief über ihr Eis und versuchte die Neuankömmlinge zu ignorieren. Verstohlen wagte sie einen Blick hinüber zu ihrer Freundin. Entspannt saß diese da und trank gelassen ihren Kaffee. Von Unruhe oder Unsicherheit keine Spur.

      »Hallo, Conny und Ulrike?« Diese warme, samtene Stimme, Conny erkannte sie sofort. Andreas! Mit allem hatte sie gerechnet, nicht aber, dass Andreas als leibhaftiger Adonis vor ihr stand. Verdattert sah Conny auf, in seine dunklen, braunen Augen, in denen sie das Gefühl hatte, zu versinken. Langsam rutschte ihr der Löffel aus den Fingern. Rasch legte sie ihn auf den Tisch, um ihr Erschrecken zu verbergen.

      »Ja, das sind wir«, hauchte sie. Mühsam rang sie um ihre Fassung und setzte ein verlegenes Lächeln auf. »Andreas und ...?«

      »Martin.« Andreas reichte erst Conny, dann Ulrike die Hand. Nachdem sich die Vier begrüßt hatten, nahmen die Jungs Platz. Sofort ergriff Andreas das Wort.

      »Bitte entschuldigt unsere Verspätung, aber mein Stratocruiser wollte nicht ganz so wie ich. Da mussten wir auf den Bus umsteigen.« Aufmerksam musterte Andreas Conny, die vor ihm saß und vor lauter Verlegenheit nicht wusste, wohin mit den Händen. »Wie du siehst, habe ich noch einen Tanzpartner für deine Freundin gefunden. Martin und ich wohnen zusammen im Studentenwohnheim. Als ich erfuhr, dass er früher in der Schulformation getanzt hat, war es ein leichtes, ihn zum Mitkommen zu überreden.«

      Langsam verflog Connys Aufregung. Als Andreas schwieg, nutzte Conny den Augenblick, um ihre Neugierde zu befriedigen.

      »Seid ihr auch neu in der Stadt?«, fragte sie Andreas. Ohne auf eine Antwort zu warten, redete sie einfach weiter. »Ulrike und ich sind das erste Semester an der Uni. Sie studiert Zoologie. Frag mich nicht, was das für ein verrücktes Fach ist. Tiere beobachten ...«

      Vergnügt schüttelte sie den Kopf. »Nein, das ist nichts für mich, ich habe beschlossen, später Lehrerin zu werden.«

      Conny hielt inne und musterte Andreas, der mit schief gelegtem Kopf lauschte. Interessierte es ihn überhaupt, was sie da erzählte? Aber eigentlich war es ihr egal. Sie freute sich darüber, Andreas kennenzulernen. In diesem Moment konnte sie über ihre panischen Gedanken nur noch lachen.

      »Das hört sich wirklich vielversprechend an. Martin und ich, wir sind ebenfalls das erste Semester hier. Während ich mich mit trockenen Gesetzestexten herumschlage, um Jurist zu werden, versucht Martin in die Geheimnisse der Physik einzudringen.«

      Die freundliche Bedienung unterbrach das vorsichtige Beschnuppern. Andreas und Martin machten es sich leicht mit der Bestellung. Sie orderten Schwarzwaldbecher.

      Ulrike blinzelte ihrer Freundin zu und signalisierte ihr so: Volltreffer.

      »Da unser Treffen ja das Ziel hat, gemeinsam und erfolgreich