Anita B.

Zwischen Hoffen und Zerbrechen - Ist mein Partner ein Narzisst?


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damals siebenhundert Dollar gekostet.« Sofort drehe ich um und renne den ganzen Weg zurück bis zur Badestelle.

      Gott sei Dank! Da liegt sie, auf der Brücke, von wo aus ich ins Wasser gesprungen bin. Überglücklich falle ich John um den Hals. Auch er scheint sichtbar erleichtert: »Die Uhr steht dir aber auch wirklich gut und sieht immer noch aus wie neu. Da hattest du gerade mehr Glück als Verstand, meine Liebe.« Ich nicke bestätigend und freue mich sehr, dass John meine Uhr gefällt. Er grinst mich liebevoll an und meint: »Ansonsten hätte ich dir halt eine Neue gekauft.« »Ja genau«, lache ich, »dafür haben wir nun wirklich kein Geld!«

      Bei der nächsten Pause machen wir Brotzeit. Minutenlang sitzen wir schweigend nebeneinander und schauen auf den See. Dann zeigt John auf die Villen hinter uns. Anschaulich erzählt er mir von seiner Luxuswohnung am Ammersee, die er einige Zeit vor seiner Inhaftierung bewohnt hat. Den Umzug von dieser großen komfortablen Dachterrassenwohnung in ein kleines Münchner Appartement empfand er extrem hart. Das hat er jetzt schon mehrfach erwähnt. Er wollte zu diesem Zeitpunkt unbedingt seine Firma retten und konnte die immens hohe Miete in Herrsching allein nicht mehr stemmen. Seine Mitbewohnerin zahlte scheinbar keine Miete, aber John hatte Mitleid mit ihr und wollte sie nicht vor die Tür setzen. »Ach komm, hak es ab! Jetzt wohnst du wieder am See und musstest dafür nichts weiter tun, als entlassen zu werden«, boxe ich ihm liebevoll in die Seite. »Das stimmt, Süße, ich bin wirklich ein Glückspilz«, küsst mich und wir spulen die nächsten Kilometer problemlos herunter.

      Am frühen Nachmittag kommen wir ziemlich erschöpft in Starnberg an. Wir stärken uns mit Pizza in einem italienischen Restaurant direkt am See. John erzählt den beiden gutaussehenden Damen bei uns am Nebentisch, dass wir den gleichen Blick wie hier von unserer Terrasse daheim ebenfalls genießen. »Ja genau«, verschlucke ich mich fast beim Trinken. »Aber nur im Winter, wenn wir unsere Köpfe im Schlafzimmer ganz weit aus dem Fenster strecken.« John überspielt meinen Einwurf und tönt fröhlich weiter. Ich rolle kurz mit den Augen und lasse ihm schließlich seinen Spaß.

      Hinterher lachen wir gemeinsam, wie leicht manche Frauen zu beeindrucken sind. Ich fand diese Art von Unterhaltung trotzdem total überflüssig.

      Von Starnberg sind es noch vierundzwanzig Kilometer. John schlägt vor, mit der Bahn oder mit dem Dampfer heimzufahren. Beides lehne ich entschieden ab, aufgeben kommt für mich nicht in Frage! Gestern Abend waren wir uns doch einig mit der Seeumrundung. Wenn wir ab jetzt das Baden weglassen, sollten wir noch vor der Dämmerung daheim sein. John rafft sich auf und trottet mir gequält hinterher.

      Irgendwann erreichen wir die idyllische Roseninsel. Mitten in ihrer großen Parkanlage liegt ein wunderschönes Schlösschen. »Und hier werden wir heiraten, meine Süße.« »Wow, klingt fast wie ein Antrag«, schießt es mir durch den Kopf, doch schon gehen wir weiter.

      Der folgende Abschnitt von Feldafing bis Tutzing zieht sich ewig. So langsam beginne auch ich meine Beine zu spüren. Gegen siebzehn Uhr erreichen wir Tutzing. Ab hier sind es noch zwölf Kilometer. Inzwischen kämpfen wir nicht mehr nur gegen unsere schmerzenden Füße, sondern auch gegen ein anstehendes Gewitter. Blitz und Donner im Nacken liefern uns zwar schöne Fotos, treiben uns aber gleichzeitig zur Eile an.

      Endlich können wir aufatmen. Den Bernrieder Park haben wir geschafft, das Gewitter ist vorbeigezogen und ab jetzt trennt uns nur noch unsere tägliche Joggingstrecke von zu Hause.

      Gegen halb acht sind wir nach genau fünfundfünfzig Kilometern wieder zurück in Seeshaupt. Von Schüttelfrost geplagt, liegen wir gemütlich in die Decke gekuschelt auf der Couch und John postet erste Bilder von unserer Heldentat.

      Meine Elternzeit geht zu Ende

      Sehr viel weiter sind wir die letzten Wochen nicht mit unserer Zeitschrift gekommen. Nach anfänglicher Euphorie für die Webseite, beschränkt sich Johns Arbeit zunehmend wieder auf das Durchforsten seiner eigenen Facebook-Seite. Er erklärt mir das folgendermaßen: »Lara, ich habe so viele Neider auf dieser Seite, die uns unser Glück und unseren Erfolg nicht gönnen werden. Die muss ich alle erst löschen, bevor wir richtig loslegen können.« »Aber das machst du doch sowieso schon seit Wochen«, antworte ich genervt. »Süße, in dieser Branche gibt es enorm viele Menschen, die mir schaden wollen. Es geht da einfach um so viel Ruhm, Macht und Geld, das kannst du dir nicht vorstellen.« »Na dann sieh mal zu, dass du diese Leute ganz schnell aus deinem Leben verbannst. Ich freue mich nämlich schon sehr darauf, endlich mit unserem Magazin richtig loszulegen.«

      Auch die nächsten Tage sehe ich John mehr in der Küche sitzend, am Handy beschäftigt, als oben im Büro. Aber zum jetzigen Zeitpunkt hat das irgendwie auch sein Gutes. Somit hat John mehr Zeit für die Kinder, was es mir erleichtert, mich auf meinen Wiedereinstieg ins Berufsleben vorzubereiten. Denn auch mein bürofreier Alltag neigt sich so langsam dem Ende entgegen. Die letzten zwei Jahre konnte ich mich dank Elternzeit flexibel nach Johns Terminplan richten, doch diese Zeit ist nun bald vorbei.

      Gemeinsam rechnen wir uns aus, wie viele Stunden ich wöchentlich in München arbeiten kann. Der Job dort ist sehr gut bezahlt und ich bin dankbar, dass mein Chef mich nach drei Jahren in meine alte Position zurückkommen lässt. Ich schlage vor, zunächst in Teilzeit fünfzwanzig Stunden pro Woche zu arbeiten. John stimmt mir zu, weist mich aber gleichzeitig darauf hin, dass er beruflich künftig mehr unterwegs sein wird. Er nimmt mich in den Arm und sagt: »Aber wenn du sowieso nur halbtags arbeiten möchtest, kannst du die Jungs doch immer noch pünktlich vom Kindergarten abholen. Müssen wir sie halt bis sechzehn Uhr anmelden.« Auf meinen geschockten Blick hin, wirft er schnell hinterher: »Also natürlich nur, wenn ich mal nicht da sein sollte.« Ich schlucke und frage überrascht: »Ja, aber im Normalfall arbeitest du doch weiterhin von zu Hause, oder?« Er nickt bestätigend. Ich bin froh einen Partner zu haben, auf den ich mich verlassen kann.

      Später erzähle ich ihm, dass ich für das Marketing von Deutschland, Österreich und der Schweiz zuständig bin und dadurch auch hin und wieder Dienstreisen ins Ausland anstehen werden. Wie erwartet, sieht John darin kein Problem. Nur bittet er mich im Gegenzug darum, ihm ebenfalls den Rücken freizuhalten, wenn er kurzfristig Aufträge bekommt. Dessen bin ich mir bewusst. Deswegen gehe ich ja vorerst nur mit fünfzwanzig Arbeitsstunden die Woche zurück und versuche so viel wie möglich Homeoffice auszuhandeln. John küsst mich und wir belassen es dabei.

      Drei Tage später freut sich John, dass übernächstes Wochenende seine erste Messe ansteht, die Outdoor-Messe in Friedrichshafen. »Süße, das ist der Wahnsinn! Ich habe jetzt schon sechs Termine mit meinen alten Kunden ausgemacht. Und die, die ich bisher nicht erreicht habe, werde ich ganz sicher vor Ort treffen. Ich freue mich so sehr darauf. Bei Messen sitzt das Geld für Werbung immer besonders locker.«

      Mit Blick auf unser erstes Heft kommt uns das jetzt wirklich gelegen. Für Samstag, Sonntag plant John zwei volle Messetage ein. Und bereits Freitagabend will er sich vor Ort mit einigen Kunden treffen. Er geht ins Büro und möchte das Zugticket buchen. Aufgeregt laufe ich ihm hinterher: »Lass uns doch gemeinsam fahren. Ich habe den Jungs schon so lange versprochen, dass wir übers Wochenende mal wieder einen Ausflug machen. Uns allen täte diese Reise wirklich gut.« John schüttelt den Kopf: »Daraus wird leider nichts, Süße. Ich muss dort die komplette Zeit durcharbeiten und kann mich gar nicht um euch kümmern.«

      Enttäuscht erinnere ich ihn daran, dass er immer geschrieben hat, künftig überall gemeinsam hinzufahren. John lacht: »Aber Lara, damit meinte ich doch schöne Sachen, wie zum Beispiel zum FC Bayern zu gehen oder zu Kinopremieren, Urlaube und so. Zu beruflichen Terminen können wir unmöglich die Kinder mitnehmen. Das verstehst du doch. Ich möchte jetzt einfach so schnell wie möglich Geld verdienen, nachdem, was du die letzten Jahre alles für mich bezahlen musstest.« Ich nicke traurig.

      Dann kommt er zurück auf meinen Job in München. Er fragt mich, ob ich mir sicher bin, mit zwei oder vielleicht sogar bald drei Kindern wieder so hart arbeiten zu wollen wie damals. Ich hatte ihm mal erzählt, dass ich bis kurz vor Nics Geburt oft bis zu sechzig Stunden in der Firma war. John überlegt: »Wir könnten viel öfter gemeinsam auf Dienstreisen fahren, wenn die Jungs bei ihrem Vater sind und du flexibel bleibst.« Liebevoll fügt er noch hinzu: