Sarah Glicker

Second Chance For Love


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gegen die Wand gedonnert, da es viel zu früh ist und ich noch geschlafen habe, aber ich bin mir sicher, dass sie in diesem Fall nur noch mal auf dem Haustelefon angerufen hätte. Joleen platzt nämlich schier vor Neugierde.

      „Ich habe keine Ahnung, ob ich ihn noch immer so nennen kann“, flüstere ich und hoffe dabei absurderweise, dass sie es nicht verstanden hat. Aber an der Art, wie sie die Luft einzieht, merke ich sofort, dass jedes einzelne Wort genau bei ihr angekommen ist.

      „Hör auf, es so spannend zu machen. Erzähl endlich, was geschehen ist.“

      Nachdem ich einmal tief durchgeatmet habe, berichte ich ihr von dem Abend mit Sean, wobei ich den Kopf allerdings auslasse.

      „Warum ist er ausgerechnet der Bruder von Heather?“, stöhne ich und lasse meinen Kopf nach hinten in die Kissen fallen.

      „Und? Das hat ihn doch auch damals nicht davon abgehalten, sich in dich zu verlieben“, kontert Joleen.

      „Aber da war die Situation noch eine andere. Mittlerweile hat er sich wieder mit seinen Eltern versöhnt. Die beiden haben auch ein sehr gutes Verhältnis zu Heather. Ich will einfach nicht riskieren, dass er wieder damit anfängt, mit beiden zu streiten.“

      „Du suchst nur nach einem Grund, um ihm aus dem Weg zu gehen“, stellt meine Freundin klar.

      Innerlich gebe ich ihr recht. Sosehr ich die Zeit mit ihm auch genossen habe, sie hat mir auch Angst gemacht. Angst vor dem, was passiert, wenn Heather davon Wind bekommt und es doch nicht zwischen uns klappt.

      Er würde nach Fresno zurückgehen und Heather hätte einen weiteren grund, mir das Leben schwer zu machen.

      „Hat er dich geküsst?“

      Bei der Erinnerung an den Kuss bekomme ich sofort Sehnsucht nach ihm. Als er mich zu Hause abgesetzt hat, hat er mich noch einmal geküsst und mir versprochen, dass er sich heute melden wird. Das trägt auch nicht gerade zu meiner inneren Ruhe bei.

      „Ich deute dein Schweigen mal als Ja“, dringt nun wieder ihre Stimme durch die Leitung.

       „Er studiert in Fresno.“

       „Nimm meinen Rat an und habe etwas Spaß. Er scheint dich vermisst zu haben, sonst würde er sich nicht mit dir treffen wollen. Wer weiß, vielleicht klappt es ja dieses Mal. Du kannst es auf jeden Fall nicht wissen, wenn du das Risiko nicht eingehst.“

       Kurz lasse ich mir ihre Worte durch den Kopf gehen und komme zu dem Schluss, dass sie recht hat.

       Ich werde uns diese Chance geben und es genießen, solange es geht.

       „Wann siehst du ihn wieder?“, fragt sie weiter.

       „Er will sich heute melden.“

       Joleen quietscht begeistert, sodass ich mir das Telefon ein Stück vom Ohr weghalte. Nur zu gut kann ich mir vorstellen, was für ein begeistertes Gesicht sie macht.

       Eine Weile sagt keiner von uns etwas. Gestern ging alles so schnell zwischen Sean und mir, dass ich es erst mal verarbeiten muss. Wenn dieser Mann in meiner Nähe ist, bekomme ich keinen anständigen Gedanken mehr auf die Reihe. So ging es mir früher auch schon und wie sich herausgestellt hat, hat sich dies nicht geändert.

       „Na gut, Süße. Sei mir nicht böse, aber ich muss mich jetzt an die Arbeit machen“, erklärt Joleen irgendwann und reißt mich so aus meinen Gedanken.

       „Dabei hast du mich doch geweckt.“

       „Ich war halt neugierig.“

       Vor meinem inneren Auge sehe ich, wie sie gleichgültig mit den Schultern zuckt.

       „Ist gut, danke fürs Zuhören“, sagte ich noch und lege auf.

       Seufzend lasse ich das Handy aufs Bett fallen und stehe auf. Barfuß gehe ich auf die Zimmertür zu und öffne sie leise. Kaum habe ich einen Schritt auf den Flur gemacht, höre ich meinen Vater und Marianne unten sprechen.

       Irgendwann hatte ich meine Stiefmutter mal gefragt, wieso sie mehr oder weniger mitten in der Nacht schon aufsteht. Denn sie hat eigentlich viel spätere Arbeitszeiten als mein Vater. Marianne hatte geantwortet, dass mein Vater so viel unterwegs ist. Würde sie nicht so früh aufstehen, würde sie ihn manchmal tagelang nicht sehen.

       So eine Beziehung wünsche ich mir auch. Sie unterstützen sich gegenseitig und sind immer füreinander da, wenn es mal schwierig wird.

       Leise betrete ich die Küche. Die beiden sitzen am Tisch und schauen von ihren Computern beziehungsweise Handys hoch.

       „Guten Morgen, Liebling!“, begrüßt mich mein Vater und gibt mir einen Kuss auf die Stirn.

       Das macht er schon, seitdem ich ein kleines Baby war. Aber ich beschwere mich nicht darüber. Auf verquere Art und Weise finde ich dies süß.

       „Morgen!“, erwidere ich und verkneife mir ein Gähnen.

       Dankbar nehme ich die Tasse Kaffee entgegen, die Marianne mir reicht.

       „Wieso bist du schon wach?“, fragt sie mich, nachdem sie einen prüfenden Blick auf mich geworfen hat.

       „Joleen hat mich aus dem Bett geklingelt, und nun kann ich nicht mehr schlafen“, flüstere ich in meine Tasse hinein und hoffe, dass das Thema damit abgehakt ist.

       Meinem Vater scheint die Antwort auch zu genügen, aber als ich kurz zu meiner Stiefmutter sehe, erkenne ich, dass sie mich genau beobachtet. Schnell wende ich die Augen wieder ab und konzentriere mich auf meinen Kaffee.

       „Sehen wir uns heute Abend zum Essen?“, erkundigt sich nun mein Vater.

       „Ich weiß es noch nicht.“

       In Gedanken füge ich hinzu, dass es davon abhängt, ob Sean sich bei mir meldet oder nicht. Aber ich bin schlau genug, es ihm nicht zu sagen. Für mich reicht es, dass Mike darüber Bescheid weiß.

       „Es würde mich freuen, wenn ich mal wieder Zeit mit meiner ganzen Familie verbringen könnte.“

       Mein Dad zieht eine Schmolllippe, die Marianne und mich zum Lachen bringt.

       „Wir werden sehen, was die Kinder heute Abend vorhaben“, erklärt sie und grinst mich dabei an.

       „Solange sie noch nicht aus dem Haus sind, würde ich es gerne ausnutzen.“

       Er schmollt noch immer ein bisschen, aber nun sagt keiner von uns mehr etwas dazu. Ein paar Minuten später verabschiedet er sich und verschwindet durch die Hintertür.

       „Erzähl“, fordert Marianne mich auf und setzt sich mir gegenüber an den Tisch.

       „Was meinst du?“

       „Ich habe mitbekommen, dass du gestern von einem Mann abgeholt wurdest. Und ich habe gesehen, dass es sich hierbei um Sean handelt.“ Mehr sagt sie nicht, sondern schaut mich herausfordernd an.

       „Da gibt es nichts zu erzählen“, weiche ich ihr aus.

       „Du weißt, dass du immer mit mir reden kannst.“

       „Ich weiß, aber da gibt es nichts, worüber wir reden können.“

       Das ist eine glatte Lüge, aber ich will gerade nicht darüber sprechen, sondern mich auf etwas anderes konzentrieren, als auf diesen Mann und das, was er mit mir macht.

       Kurz betrachtet sie mich noch, als würde sie so die Wahrheit herausfinden wollen. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, steht sie schließlich auf und verlässt die Küche.

       Erleichtert atme ich tief durch.

       Ich liebe Marianne als meine Mutter und akzeptiere sie, aber das ist etwas, was ich alleine mit mir ausmachen muss.

       Es ist früh am Morgen. Da Sean sicherlich noch schläft, beschließe ich, dass ich eine Runde joggen gehe. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, renne ich in mein Zimmer, werfe einen prüfenden Blick auf mein Telefon und ziehe mich um.

       Von Sean ist noch keine