Krista K.

DANGEROUS BEND


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von hier oben ist.

      Klar dass ich wieder einmal an den Tragflächen sitze.

      Mein Fehler, ich mache niemals eine Sitzplatzreservierung, habe aber meist das Glück am Fenster zu sitzen, allerdings immer, neben oder hinter den Tragflächen.

      Egal, davon lass ich mir meine Vorfreude nicht vermiesen, ich genieße den Flug trotzdem in vollen Zügen.

      Die Maschine ist um sechs Uhr morgens gestartet und ich bin immer wieder aufs Neue erstaunt über die tiefblaue Farbe des Himmels über den Wolken. Die ersten Sonnenstrahlen des Morgens erleuchten den Himmel und lassen das Blau noch intensiver erstrahlen. Der Luftraum über den Wolken, erscheint so klar und rein und der Blick nach unten, direkt auf die Wolkendecke, lässt mich noch immer, wie bei meinem allerersten Flug, daran denken, dass sie wie weiche, schneeweiße Zuckerwatte aussieht, in die ich mich sehr gerne hineinfallen lassen möchte.

      Der zweistündige Flug ist im Nu vorbei und wir setzen zur Landung auf dem Flughafen in Thessaloniki an. Da eine Stunde Zeitverschiebung einkalkuliert werden muss, ist es jetzt bereits neun Uhr Ortszeit und ich hoffe, dass die Gepäckausgabe nicht so viel Zeit in Anspruch nimmt, da ich noch etwa eine Stunde, mit dem Shuttle-Bus, bis zu meinem Hotel, benötige.

      Das ungewohnt frühe Aufstehen macht sich schon jetzt bemerkbar.

      Der Flughafenzubringer hatte mich bereits um kurz nach drei Uhr, heute Morgen abgeholt. Gefühlt habe ich diese Nacht so gut wie gar nicht geschlafen.

      Die milde Temperatur und der herrliche Sonnenschein entschädigen mich jedoch für den Schlafentzug, es ist einfach traumhaft und ich kann es kaum erwarten, ins Hotel zukommen, meinen Koffer ins Zimmer zu werfen, an den Strand zu laufen und meine Füße vom Meerwasser umspülen zu lassen.

      Thessaloniki ist eine Millionenstadt und deshalb steht zu befürchten, dass der Flughafen, ähnlich wie in München oder Frankfurt, in etwa dieselben Ausmaße hat.

      ***

      Zum Glück habe ich mir unnötige Gedanken gemacht.

      Wir verlassen das Flugzeug nicht, wie an Großflughäfen üblich, über den, am Flugzeug angebrachten Schlauch, um sich dann einen ewig langen Weg zu den Koffern zu suchen, sondern über eine Treppe, welche an die Maschine heran geschoben wird.

      Es mag nostalgisch klingen, aber ich liebe es, über eine Treppe, das Flugzeug zu verlassen oder zu betreten. Ich kann es schlecht in Worte fassen, aber diese Art ein Flugzeug zu betreten, oder zu verlassen, setzt für mich einen deutlicheren Punkt für eine Ankunft, oder einen Abschied.

      Der Weg über diesen Schlauch, Neudeutsch auch „Gangway“ genannt, bildet für mich keinen wirklichen Übergang. Irgendwie wird dadurch die Ankunft, bzw. der Abflug zu einem schwammigen, nicht wirklich erlebbaren Ereignis.

      Mit einem Zubringerbus werden alle Passagiere zügig, an die Gepäckausgabe gefahren. Es ist nur ein kurzer Fußweg und wie an der Anzeige zu erkennen ist, beginnt die Kofferausgabe schon in wenigen Minuten.

      Zeit, mich etwas umzusehen.

      Werde ich beobachtet?

      Sind einzelne Männer unterwegs die sich auffällig, unauffällig benehmen?

      Leider bin ich, zu meiner Sicherheit, seit einigen Jahren gezwungen, bzw. ist es mir inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen, mein Umfeld sehr genau zu beobachten und ich achte deshalb auf Personen, die irgendwie nicht in die Szenerie passen.

      Zu meiner Erleichterung, sehe ich hauptsächlich verliebte Pärchen und gestresste Familien. Es ist noch keine Hauptferienzeit und deshalb sind fast ausschließlich Familien mit Kleinkindern unterwegs.

      Mangels eigener Kinder gilt Müttern von quengelnden Kleinkindern meine ganze Bewunderung. Während die Väter tiefenentspannt bereits die ersten Gespräche mit anderen Urlaubern anknüpfen, kümmern sich die Mütter aufopferungsvoll um ihren Nachwuchs.

      Da ist das kleine Mädchen, das sofort etwas zu trinken braucht und sofort heißt auf der Stelle, was sie mit lautem Gekreische deutlich macht. Eigentlich ein wirklich sehr reizendes Kind, kaum zu glauben, wie durchdringend und dadurch leider sehr unangenehm ihre Stimme klingt.

      Gleich wenige Meter daneben kämpft eine Mutter mit ihrem kleinen Jungen, der unbedingt das Spielzeugauto haben möchte, welches er eben in der Auslage eines Souvenirladens gesehen hat.

      Bitte nicht falsch verstehen, ich mag Kinder, doch bei einigen wenigen kommt mir dann doch der Gedanke, dass nur eine Mutter dieses Kind lieben kann.

      Da mir keine Personen auffallen, die nicht in diese Urlaubsszenerie passen, lässt meine Anspannung merklich nach und ich nehme mein Kopftuch ab.

      Endlich!

      Eine wahre Befreiung.

      Seit ich wieder in Bayern wohne, habe ich mir angewöhnt, ein Kopftuch, wie gläubige Muslime zu tragen. Was jedoch immer wieder zu Fragen führt, da ich weder arabisch noch türkisch aussehe.

      Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass die wenigsten Menschen über Religion sprechen wollen und so komme ich mit der Antwort, ich wäre zum Islam konvertiert, recht gut klar. Zur Sicherheit habe ich mir einiges über den Glauben angelesen, musste jedoch noch nie Rede und Antwort stehen und mir gibt das Kopftuch ein enormes Sicherheitsgefühl.

      Das Kopftuch hilft mir, mich zu verstecken.

      Nur eine kleine Veränderung, jedoch sehr wirkungsvoll.

      Meine Erfahrung hat gezeigt:

      Männer sehen Frauen, von denen sie annehmen, sie wären gläubige Muslime, nicht so genau an und das ist alles was ich erreichen möchte.

      Auf keinen Fall auffallen, oder auch nur gesehen werden.

      Vor etwas mehr als zehn Jahren habe ich einige Jahre als Prostituierte gearbeitet und dabei eine klassische Kariere hingelegt.

      Zunächst arbeitete ich nur in den besten Clubs und verdiente mehr Geld, als ich damals ausgeben konnte – dachte ich -, doch nicht lange.

      Diese Arbeit ging so sehr an meine Substanz, dass ich irgendwann nicht mehr ohne Drogen oder Alkohol arbeiten konnte und damit begann der Abstieg.

      Der Zeitpunkt zum Ausstieg, als ich sehr viel Geld verdiente und mir etwas zur Seite legen konnte, war verpasst. Den hätte ich nur in den ersten Jahren schaffen können und da wollte ich noch nicht auf das vermeintlich, leicht, verdiente Geld verzichten.

      Wie sehr man sich täuschen kann.

      Obwohl ich am Ende nicht mehr in Clubs, sondern auf der Straße arbeitete, hatte ich immer noch gute Kontakte zu den „Besserverdienenden“ und immer noch viele Beziehungen in die teureren „Läden“.

      Dies war auch der Polizei bekannt und eines Tages trat die Kripo an mich heran und bat mich, verdeckt für sie zu arbeiten, ihnen zu helfen, einen Menschenhändlerring hochzunehmen.

      Sie brauchten dazu einen Insider, da es viel zu lange dauern würde, jemanden aus ihren Reihen, „Undercover“ einzuschleusen.

      Lange dachte ich nicht über das Angebot nach, gut es war gefährlich, aber was war die Alternative?

      Für den Straßenstrich wurde ich langsam zu alt und viel tiefer kann man im Grunde nicht mehr sinken. Ohne Hilfe würde ich den Absprung nicht mehr schaffen, dazu war ich bereits zu sehr im Drogen- und Alkoholkreislauf gefangen.

      Ohne Drogen schaffte ich die Arbeit nicht und ohne die Arbeit konnte ich mir die Drogen nicht leisten.

      Mit Schaudern denke ich daran zurück, wie es war, wenn ich zu wenig verdiente, oder es mir so schlecht ging, dass ich nicht arbeiten konnte, mir dann mit Alkohol helfen musste, um den Entzug einigermaßen zu überstehen.

      Ich hatte mich in einen Kreislauf hinein manövriert, aus dem ich allein nicht mehr herauskam.

      Doch