Krista K.

DANGEROUS BEND


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den Kopf der Bande hochgehen.

      Viktor Sarow, ein Menschenhändler der übelsten Sorte, wurde bei dem Prozess zu einer dreizehnjährigen Haftstrafe verurteilt, zwei seiner Männer „fürs Grobe“, zu fünf und sieben Jahren.

      Viktor lockte blutjunge Mädchen mit den Versprechen auf tolle Jobs aus Russland nach Deutschland, organisierte ihre Einreise und versprach ihnen gute Verdienstmöglichkeiten. Manchen erklärte er, sie könnten in Deutschland als Models arbeiten, anderen versprach er Arbeitsstellen im Haushalt. Weder das eine noch das andere haben die Mädchen bekommen.

      Nur mit einem behielt er Recht, verdient haben die Mädchen sicherlich gut, aber das Geld floss ausschließlich in seine Taschen. Wenn sie Glück hatten, wurde ihnen nur der Pass abgenommen und sie konnten sich nach einer Weile freikaufen.

      Leider war dies jedoch nicht seine lukrativste Einnahmequelle.

      Ich schaffte es damals, mich in seine Organisation einzuschleusen, bin sehr nah an ihn herangekommen und konnte herausfinden, dass Viktor noch viel schlimmere Geschäfte tätigt.

      Richtig Geld machte er damals mit dem Vermitteln und teilweise auch Verkauf von hauptsächlich minderjährigen Mädchen.

      Unter den ganz gut betuchten Freiern gibt es einige wirklich sehr widerliche Exemplare, die darauf abfahren, Mädchen oder Frauen nicht nur sexuell zu missbrauchen, sondern sie regelrecht zu quälen, es bereitet den Typen Freude den Mädchen größtmöglichen Schmerz zu zufügen, unter der Hand spricht man sogar davon, dass einige dies nicht überlebten.

      Viktor hatte in ganz Deutschland ein Netzwerk für diese Klientel aufgebaut.

      Nach meiner Aussage, als Hauptbelastungszeugin, im Prozess gegen ihn, wurde ich ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen.

      Das heißt, von heute auf morgen in eine andere Stadt ziehen, alle Kontakte, ob Familie oder Freude aufzugeben, ohne Erlaubnis, ihnen mitzuteilen, wo man sich aufhält. Man lässt das alte Leben komplett hinter sich.

      Stellte ich mir anfangs viel einfacher vor als es war.

      Dieses Programm dient dazu, insbesondere „Kronzeugen“, also Personen, wie mich, die maßgeblich zur Verurteilung eines Täters beitragen können, zu schützen, wenn ernsthaft befürchtet werden muss, dass die Aussage zu einer Gefährdung, für Leib und Leben, führen würde.

      Gerade bei organisierter Kriminalität können oft nicht alle Beteiligten verhaftet und vor Gericht gestellt werden. So ist die Gefahr für den „Kronzeugen“ sehr hoch, dass dieser durch eine Bedrohung der Handlanger des Täters, an einer Aussage gehindert wird, oder oft auch mit dem Tod bedroht wird.

      Je nach Gefährdungsstufe kann es nötig werden, den Zeugen nur für die Dauer des Verfahrens aus seinem persönlichen Umfeld zu entfernen und ihn in einer geheimen Wohnung unterzubringen.

      Kommt es dann zu einer Verurteilung, ist die Gefährdung, für die Zeit der Inhaftierung des Täters, in der Regel vorbei.

      Nicht so in meinem Fall.

      Insbesondere im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität, wie dies bei Viktor Sarow der Fall war und heute noch ist, zeigte es sich, dass die Rache des organisierten Verbandes, es nötig machte, mich lebenslang, in irgendeiner Form zu schützen.

      Dies ist nicht ungewöhnlich, kommt jedoch seltener vor als man denken könnte.

      Zunächst greift der Identitätsschutz, bei dem die persönlichen Daten einem sehr strengen Datenschutz unterliegen.

      So können zum Beispiel in Deutschland, Personenauskünfte der Meldeämter, durch einen Sperrvermerk von allgemeinen Anfragen ausgenommen, oder gänzlich gesperrt werden, je nach Gefahrenpotenzial.

      Ich erhielt eine dauerhafte Tarnidentität, die sich auf alle gängigen Dokumente erstreckte.

      Es wurde eine neue Geburtsurkunde, neue Zeugnisse, sowie ein neuer Führerschein erstellt und sogar eine komplett neue Identität, plus eine Legende über meine Vergangenheit erfunden.

      Eine völlig neue Vita sozusagen.

      Es besteht im Rahmen des Zeugenschutzprogramms sogar die Möglichkeit der Tarnung durch eine Todeserklärung.

      Soweit ist man bei mir jedoch nicht gegangen.

      Diese letzte und auch sehr drastische Maßnahme wird jedoch nicht selten bei Zeugen in Mafiaprozessen angewandt.

      Bei einem Identitätswechsel ist es dringend erforderlich, das komplette Umfeld zu verlassen und den Kontakt zu Freunden und Verwandten abzubrechen, um die eigene, wie auch eine eventuelle Gefährdung der Nahestehenden, völlig auszuschließen.

      Das Programm sieht selbstverständlich auch finanzielle und berufliche Hilfen vor, da ein Umfeld Wechsel immer mit einer neuen beruflichen Tätigkeit einhergeht, ebenso wie das Finanzieren einer neuen Wohnung, inklusive der Einrichtung und aller Kosten, die mit dem Start in ein neues Leben verbunden sind.

      Dabei sollte man sich aber keine gut ausgestattete, im gehobenen Preissegment ausgestattete Zwei- oder Dreizimmerwohnung vorstellen, ein kleines Apartment trifft es schon eher. Der Gedanke, man könnte einen finanziellen Vorteil aus der Flucht in ein Zeugenschutzprogramm ziehen, klappt vielleicht im Fernsehen, die Realität sieht ganz anders aus.

      Der zu Beschützende, also ich, bekommt, außer in finanzieller Hinsicht jegliche Starthilfe, muss sich jedoch verpflichten, mit der Vergangenheit komplett abzuschließen und jeglichen Kontakt zu ehemaligen Bekannten, Freunden oder Familie, rigoros abzubrechen. Falls vorhanden, werden Kinder oder Partner, in den meisten Fällen, ebenfalls ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen.

      In meinem Fall handelte es sich um meinen Bruder und meine Schwester samt Anhang.

      Diese Personengruppe, wie es im Amtsdeutsch so schön heißt, erhält eine geraume Zeit Polizeischutz, alle ins Zeugenschutzprogramm aufzunehmen, ist möglich, jedoch in meinem Fall nicht vorgesehen.

      Allerdings wird von mir, eine totale Kontaktsperre verlangt und da dies vor Gericht auch so kommuniziert wird, wird davon ausgegangen, dass diese Personengruppe, also meine Geschwister, dadurch geschützt werden.

      Ein kleines Restrisiko bleibt demnach, welches ich im Grunde nicht eingehen wollte. Ich machte deshalb meine Aussage vom Einverständnis meiner Geschwister abhängig. Doch die Entscheidung wurde mir abgenommen.

      Denn als die Kripo meine Geschwister über das Zeugenschutzprogramm aufklärte, wiedersprachen sie einstimmig, sie verzichteten auf jeglichen Schutz und für mich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, gegen diesen Menschen auszusagen.

      Mir war und ist auch heute noch nicht wohl bei der Sache, aber man kann niemanden dazu zwingen, ins Zeugenschutzprogramm zu gehen. Diesen Schutz kann man nur freiwillig annehmen. Sicher man gibt viel auf, aber im Zweifel bleibt man am Leben.

      Es bleibt der Polizei jedoch vorbehalten, mich jederzeit wieder aus dem Programm heraus zu nehmen, sollte ich die Kontaktsperre brechen und mich bei meinen Geschwistern melden, so würde ich sie damit nicht nur in Gefahr bringen, sondern das Programm wäre sofort beendet.

      Verstöße, gegen weniger schwerwiegende Verbote, wie zum Beispiel, die Anmeldung bei Facebook, mit Foto versteht sich, um nur ein Beispiel zu nennen, hätten ebenso einen Rauswurf zur Folge.

      Ich habe sieben lange Jahre durchgehalten.

      Anfangs war es leicht.

      Ich war fast ein Jahr in einer Drogenklinik auf Entzug, man hatte mich mit einer neuen Identität nach Bremen verfrachtet. Doch je weniger Drogen sich in meinem Körper befanden, umso klarer wurde mein Kopf und umso schlimmer und einengender, empfand ich mein neues Leben.

      Die totale Isolation.

      Der einzige Mensch, mit dem du ehrlich sprechen kannst und darfst, ist der Kontaktbeamte, der dir durch das Programm zugewiesen wurde.

      Neue Freundschaften schließen?

      Gar