Robert Mirco Tollkien

Die Geburt eines finsteren Universums


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in den Flaschen hier wird langsam schal.“, schlug er vor und beim Blick in sein Gesicht gewann ich den Eindruck, niemals zuvor in meinem Leben einen solch glücklichen Menschen vor mir gehabt zu haben.

      Kapitel 13

      Ich hatte mir lange überlegt, irgendetwas in dieser Sache zu unternehmen, nachdem aus Saras Mund folgende Worte gekommen waren: „Ich bitte dich, mein Schatz! Red dir die Sache doch nicht schön! Nach allem, was du mir gerade erzählt hast, gibt es da nichts mehr zu beschönigen! Sicher, keine Frage, Andreas ist hochgradig intelligent, nicht nur, weil er zwei Doktortitel besitzt, aber er hat sich hoffnungslos in eine Sache verrannt, die seiner eigenen Phantasie entstammt. Leben auf der Basis von Silizium! Dieses Netz, das alles und jeden miteinander verbindet! Schwingungen, die kein Teleskop und keine Antenne empfangen kann, sondern nur er! Und so weiter und so weiter! Schau doch mal: Es gibt keinen Wissenschaftler auf dieser Welt, der sich mit so einer Thematik befasst. Weil mir Andreas schon am Herzen liegt, habe ich mal ein paar Begriffe in die Suchmaschine eingegeben; nicht einmal, prüf es nach, Verschwörungstheoretiker befassen sich damit und unter denen glauben sogar welche, dass die Erde eine Scheibe ist oder der Mond ein riesiges Raumschiff! Wenn sich nicht mal solche Leute damit befassen, dann entstammt der Krempel also rein Andreas Phantasie und einem Drogentrip. Dafür hat er eine Stelle an der Uni in die Mülltonne geschmissen, wo er Professor hätte werden können. Obgleich er es finanziell nicht braucht, eine verrückte Entscheidung, denn er ist doch immer super gerne seiner Tätigkeit an der Uni nachgegangen. Ach ja, Zeta Reticuli! Lies mal im Internet über Betty und Barney Hill nach! Die haben vor Jahren in Amerika behauptet, von Außerirdischen entführt worden zu sein, die genau aus diesem Sonnensystem gekommen sind. Und, das müsstest du eigentlich wissen, weil du die Filme ja bestimmt hundertmal rauf und runter gesehen hast, ein Teil der Alien–Filme spielt dort. Jetzt weißt du also, wie Andreas auf Zeta Reticuli kommt. Da ist nichts mit Botschaften, sondern es ist eine Ausgeburt seiner Phantasie. Vielleicht glaubt er aber tatsächlich, was er da erzählt. Solche Krankheiten gibt es, dass man an seine eigenen Phantasieprodukte glaubt und sie für real hält.

      Aber das Schlimmste an der ganzen Sache ist dieser Zylinder!

      Er enthält all das Wissen, was die Menschheit braucht, um in eine perfekte Gesellschaft zu steuern. Und er soll diese Botschaft überbringen!

      Und Allah sandte den Koran an Mohammed, auf dass er dessen Wort verkünde!

      Das sind Zeichen von Cäsarenwahn und nichts anderes! Was ist, wenn der schwarze Stein, oder was immer es auch sein soll, jedenfalls sein Ersatzgott, plötzlich enthüllt, er solle so viele Menschen umbringen wie möglich? Dann besorgt er sich mit all seinem Geld irgendwo ein Waffenarsenal und legt los, den Befehl in die Tat umzusetzen. Es könnte eine kleine Familie wie unsere treffen."

      Ich entgegnete, den Teufel doch nicht an die Wand zu malen und fragte, was sie nun von mir erwarte.

      „Du bist ein alter Freund von ihm. Du kennst ihn so viele Jahre. Sag ihm, dass du dir Sorgen machst und dass er vielleicht mal mit einem Arzt reden soll! Er braucht professionelle Hilfe! Auch, um sich selbst zu schützen. Denn vielleicht tut er auch sich selbst was an."

      Obgleich mir die Aussagen meiner Freundin durchaus plausible erschienen und ich ihr Tief in meinem Inneren sicherlich zum größten Teil beipflichtete, unternahm ich nur einmal einen halbherzigen Versuch, mit Andreas über diese Sache zu reden.

      Bei einem Spaziergang im Frühjahr 2016 fragte ich ihn nebenbei: „Du weißt schon, dass andere Menschen und sicherlich auch der größte Teil der Wissenschaft deine Forschungen für total verrückt halten würden?"

      Andreas lächelte nur einmal müde und verteidigte sich mit der Aussage, dass viele der größten Wissenschaftler und Entdecker zu Beginn ihrer Forschungen für verrückt gehalten worden sein.

      Danach blockte er ab und redete nicht mehr darüber.

      Heute vermute ich stark, dass Andreas meine Frage als den berühmten Wink mit dem Zaunpfahl verstand und er sich deshalb komplett verschloss.

      Denn von nun an ging er weder bei mir noch bei Michael an irgendeines seiner Telefone (unterdrückte Anrufe nahm er prinzipiell nicht an, weshalb man gar nicht erst einen Versuch starten brauchte), E-Mails und Messengeranfragen blieben unbeantwortet und in seiner Wohnung schien er sich überhaupt nicht mehr aufzuhalten.

      Jener Winterspaziergang blieb der letzte Kontakt zu Andreas.

      Kapitel 14

      Im Altweibersommer 2017 hatten wir seit fast eineinhalb Jahren nichts mehr von Andreas gehört und so beschlossen Michael und ich, hinauszufahren ins Industriegebiet, um nach unserem alten Freund zu sehen.

      Ich steuerte den Toyota auf den Parkstreifen vor dem Labor, wo Andreas in die Jahre gekommener Passat und ein nagelneuer Mercedes SL parkten.

      Was immer auch in Andreas mittlerweile vorgehen musste, er arbeitete nicht länger allein.

      Als wir ausstiegen und uns den Eingang näherten, fielen mir zahlreiche Überwachungskameras auf, die die Umgebung vor dem Gebäude fokussierten und die vorher eindeutig nicht dort platziert gewesen waren. Auch stach ins Auge, dass Außenarbeiten im Gange waren, die darauf abzielten, einen hohen Zaun mit Stacheldraht und weiteren Kameras darauf zu errichten. Teilweise stand er bereits. Am heutigen Samstag ruhten die Tätigkeiten jedoch.

      Unser Freund Andreas schien von der panischen Angst beseelt, dass Unbefugte sich unerkannt dem Grundstück nähern und es betreten könnten.

      Wir ließen den im Bau befindlichen Zaun hinter uns zurück, stiegen ungeachtet der Kameras die zwei Stufen zur Eingangstüre hinauf und Michael betätigte entschlossen den Knopf der Klingel, worauf im Inneren ein synthetisches Heulen erklang.

      Es dauerte keine zehn Sekunden, da sagte eine unfreundliche, dunkle Stimme: „Ja!" durch die Gegensprechanlage.

      „Hallo, wir sind zwei gute Freunde von Andreas. Würden Sie ihm bitte ausrichten, dass Mi..."

      Weiter kam er nicht, weil ihn die gesichtslose, männliche Bassstimme barsch unterbrach.

      „Nein! Das ist unmöglich! Der gnädige Herr Doktor ist schwer beschäftigt. Er hat strengste Anweisung gegeben, nicht gestört zu werden. Selbst die Kanzlerin erhält hier keinen Zugang. Und nun verlassen Sie das Grundstück!"

      Es knackte im Lautsprecher und die Gegensprechanlage verstummte.

      Wir sahen einander an und zuckten mit den Schultern und Michael kam zu dem völlig richtigen Schluss, dass es absolut keinen Sinn machte, nochmals anzuklingeln. Zusätzlich breitete sich die Gewissheit in uns aus, einen alten Freund verloren zu haben, so dass wir mit hängenden Köpfen und traurigen Blicken in Richtung Parkstreifen zurückschlichen.

      „Da können Sie nichts verkaufen! Die lassen keinen rein. Zwei verdammt komische Vögel sind das da.", rief eine ebenfalls männliche, aber wesentlich entspanntere Stimme, als ich im Begriff war, den Toyota aufzusperren.

      Auf dem Nachbargrundstück der ADAC Autohilfe stand ein großer Mann im Mechaniker Overall und mit einem großen Hund neben sich, der treu durch den Maschendrahtzaun blickte, der die beiden Grundstücke voneinander trennte, und dabei fröhlich mit dem buschigen Schwanz vor sich hin wedelte.

      Michael antwortete, dass wir nicht einmal irgendwelche Handelsvertreter seien, sondern alte Freunde, man uns aber trotzdem den Einlass verwehre.

      „Oh ja. Der Kerl, der zuerst da war, der das Gebäude gekauft hat, ist komisch geworden. Zieht sich mehr und mehr zurück und für Smalltalk ist er auch nicht mehr zu haben. Ach, übrigens, wo sind denn meine Manieren hin. Mein Name ist Dieter Becker und ich bin Chef der Autohilfe hier."

      Wir stellten uns einander vor und KFZ–Meister Becker bat uns in seine kleine Firma, um das begonnene Gespräch fortzusetzen.

      In der ADAC–Station herrschte samstägliche Ruhe vor; eine blonde Frau hinter einem Computerarbeitsplatz erklärte in passablem Englisch einem Kunden die Bedingungen zur