Robert Mirco Tollkien

Die Geburt eines finsteren Universums


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seit ich dich kenne, nur einen Kühlschrank herumstehen. Was ist da los?“, fragte Michael grinsend.

      „Ich habe bereits einen Dreisternekoch einen Vertrag als Koch unterschreiben lassen. Natürlich mit Probezeit, falls mir das Zeug nicht schmeckt, welches er zubereitet. Aber gut. Spaß beiseite! Es könnte durchaus sein, dass, wenn es hier richtig zu brummen anfängt, ich weiteres wissenschaftliches Personal einstellen muss, weil es schlicht und einfach zu viel für mich wird. Das bleibt aber erst mal abzuwarten. Falls das geschieht, müssen diese Personen natürlich sorgfältig überprüft werden. Denn Sicherheit geht über alles. Ich weiß genau, dass das, was ich hier forschen und entwickeln werde, in den falschen Händen sicherlich katastrophale Folgen haben könnte. Es ist wie bei allem revolutionär Neuen, was in die Welt der Wissenschaft kommt. Zwei Seiten der Medaille, eine dunkle und eine helle. Ich kann gar nicht vorsichtig genug sein. Im Keller werde ich übrigens Lebensmittel einlagern, die für zwei bis drei Wochen halten. Außerdem gibt es dort bereits ein hochwertiges Notstromaggregat. So ist es möglich, für eine Weile vollkommen autark von der Außenwelt zu leben und zu arbeiten. Ich muss euch übrigens bitten, dass ihr all das, was ihr hier seht, für euch behaltet. Ihr seid jetzt praktisch Geheimnisträger.“

      Im Lauf seiner Berichterstattung schwoll die Begeisterung in seiner Stimme immer mehr und mehr an, bis sie sich förmlich überschlug. Sara warf mir einen Blick zu und spielte wieder ein Mienenspiel, welches nun eine weitaus größere Intensität als das vorangegangene besaß. Ich brauchte nicht lange zu interpretieren, um zu erkennen, was meine bessere Hälfte von der Sache hielt.

      Kapitel 12

      Sechzehn Monate später kündigte Andreas seine Tätigkeit an der Universität, um sich ausschließlich seiner Forschung, oder seiner fixen Idee, die vielleicht nichts weiter als eine Pseudowissenschaft war, widmen zu können. Ich persönliche redete mir mittlerweile ein, mein Freund befände sich auf einer Art Spieletrip für Erwachsene, von dem er irgendwann einmal runterkäme.

       Natürlich kann man das neue Labor dort draußen in dem Industriegebiet als Wahnsinn bezeichnen, aber, okay, Andreas besitzt die Kohle doppelt und dreifach und in diesem Land kann ein jeder mit seinem Geld machen, was er will. Es gibt reichlich Menschen, die geben ihre hart erarbeiteten Flocken für Kostüme aus, in denen sie an den Wochenenden auf Burgen ein romantisiertes Mittelalter ins Leben rufen oder sie gehen zu Dominas, um sich die Knute verpassen zu lassen. Ist es da so viel verrückter, sich der Erforschung irgendeiner unbekannten Art und eines kosmischen Netzes zu widmen, auch wenn diese Dinge vielleicht nicht existieren? Und wer weiß? Dass Andreas ein brillanter Wissenschaftler ist, steht außer Frage! Vielleicht ist mehr dran, als wir alle meinen...

      Hatten wir Hillmann zuvor zumindest an den Wochenenden hier und da mal für ein Stündchen oder zwei auf einen schwarzen Tee oder ein Hefeweizen gesehen, so schien er nun förmlich in dem Objekt im Gewerbegebiet zu wohnen.

      Keiner von uns erhielt mehr Anrufe oder Textnachrichten per Facebook und WhatsApp und bei spontanen Besuchen bei Andreas daheim öffnete er weder die Tür noch sah man Licht hinter einem der Fenster.

      Zunächst maß ich diesem Zustand keine größere Bedeutung zu, war es doch in den vielen Jahren unserer Freundschaft mehr als einmal vorgekommen, dass Andreas für längere Zeit abtauchte, bevor er dann wie aus dem Nichts wiedererschien, als sei niemals etwas gewesen.

      Doch nachdem erneut zwei Monate ins Land gegangen waren, griff ich zu meinem Smartphone und wählte seine Rufnummer an, worauf Andreas nach gut dreißig Sekunden in die Verbindung trat.

      Über den Anruf zeigte er sich erfreut und versicherte mehrmals, dass es ihm leid täte, sich für eine längere Zeit nicht gemeldet zu haben, aber seine Forschungen verliefen derartig aufregend und brächten so viele neue, wertvolle Erkenntnis, dass er mehr oder weniger alles um sich herum vergessen habe. Außerdem sei eine größere Reise von ihm unternommen worden. Er schlug vor, sich heute Abend mit mir in seiner Stadtwohnung zu treffen.

      Als ich gegen 21:00 Uhr dort mit einem Container Herforder eintraf, stellte ich fest, dass mein alter Freund sich vom Äußeren her verändert hatte.

      Früher konnte man Andreas den typischen Dreitagebart-Träger nennen. Nun aber zierte ein wahrer Vollbart aus dunklen Stoppeln sein schmales Gesicht, was ihm nicht schlecht stand, weil es seiner Gesamterscheinung eine große Portion Reife verlieh. Er trug das braune Haar nun noch einen

      Ticken länger und keine Kontaktlinsen mehr, sondern eine Hornbrille mit schwarzem Gestell a la Buddy Holly, hinter deren Gläsern die braunen Augen listig funkelten.

      In seinem spartanischen Wohnzimmer berichtete Andreas mir voller Begeisterung in seiner Stimme von den Fortschritten der Arbeit.

      „Es ist der Wahnsinn. Allerdings musste ich dafür bis nach Argentinien reisen und das steinerne Artefakt der Silici zu besorgen."

      Ich unterbrach Andreas sprudelnden Redefluss mit der Aussage, dass ich nur Bahnhof verstünde und er bitte in aller Ruhe und der Reihe nach berichten solle.

      „Oh klar. Kein Problem. Also zunächst habe ich nach Anleitung der Silici eine kleine Maschine entwickelt, welche die Schwingungen der Übertragung von Zeta Reticuli empfangen kann. Ich brauche also keine Droge und kein Yoga mehr und muss auch selber nicht mehr als Empfänger dienen. Dazu habe ich ein Programm geschrieben, welches selbstständig übersetzt. All das hat meine Forschungen vorangebracht und mein Wissen beträchtlich gemehrt. Zuerst: Es sind zu hundert Prozent die Nachfahren der Siliziumwesen, die mit mir über die Vernetzung allen Lebens kommunizieren. Ich kenne jetzt auch den Namen für dieses Gebilde. Es nennt sich das Große Kosmische Netz. Ein paar der Silici haben es tatsächlich geschafft, sich von dem Hass, den diese Pyramidenkreatur in die Welt gebracht hat, nicht anstecken zu lassen. Sie sind mit einem Raumschiff geflohen, bevor ihre Artgenossen untereinander alles Leben auf der Basis von Silizium auf der Erde und den Kolonien weggebombt haben. Sie haben sich auf einer warmen Felsenwelt ohne jede Form von organischem Leben niedergelassen, welche um Zeta 2 ihre Bahnen zieht. Dort reproduzieren sie sich bis heute fort, leben auf dieser Welt seit Milliarden von Jahren nach einem irdischen Maßstab. Doch bevor sie die Erde verlassen haben, haben sie dort etwas für die Nachwelt zurückgelassen; und zwar all das Wissen, welches ihre Spezies besessen hatte, bevor diese Pyramidenkreatur in ihre Welt kam und diese vergiftete. Sie speicherten es in einem schwarzen Zylinder aus einem künstlich hergestellten Gestein und versiegelten dieses Speichermedium in einem Spezialbehälter. Dieser Spezialbehälter ist so eine Art Castor, nur eine Millionen Mal stabiler und zuverlässiger. Auf der Erde überdauerte dieser Spezialbehälter die Jahrmilliarden, befand sich mal auf der Spitze des höchsten Berges, mal auf dem Grund eines tiefen Ozeans. Er ruhte unter hunderten von Metern Deckgestein begraben unter der Erde, lag in strömenden Gewässern und bei Wind und Wetter in wilden Landschaften herum, durch welche die Dinosaurier zogen. Es mag unglaublich klingen, nahezu fantastisch, aber die Silici sind uns von der Intelligenz so weit voraus, dass sie genau die geodynamischen Prozesse vorausberechnen konnten, damit der Zylinder, der Stein der Weisen, zu genau diesem Zeitpunkt an der Oberfläche liegt und zwar in Argentinien in der Pampa von Patagonien. Dort brauchte ich ihn nur noch aufzuheben, auch wenn das nicht so einfach war. Es passt alles in totaler Perfektion zueinander! Denk doch nur an meinen Traum in Buenos Aires, wo mich etwas rief, nach Patagonien zu reisen! Alles hat seinen Sinn! Der Kreis schließt sich, mein Bester! Der Kreis schließt sich!“

      Andreas saß dort im Sessel mir gegenüber, hielt das Bier fest in der rechten Faust und schaute derartig glücklich drein, als sei er in diesem Moment Vater geworden und habe gleichzeitig der Liebe seines Lebens das Jawort gegeben.

      Ein Grummeln braute sich in meinem Magen zusammen, während eine dunkle Vorahnung am Horizont meines Geistes aufzog.

      Jim Morrison sang im Hintergrund leise über eine Dame, welche in der Love Street lebe und dort Affen, faule Diamanten und festliche Kleider besitze.

       Jim, einer der besten Sänger aller Zeiten, ist seit fast fünfzig Jahren tot, aber seine Musik klingt von der Audiodatei und aus Andreas Soundsystem, als sei das Stück erst gestern abgemischt worden. Als er gelebt hat, waren Computer noch groß wie Wohnzimmerschränke und der