Peter Wolff

Im Bann von covid-19


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verlangt uns als Gesellschaft einiges ab.

      Es gibt Kontaktverbote, Grundrechte werden eingeschränkt, Regeln aufgestellt und durchgesetzt.

      Argwöhnisch beäugen Nachbarn, wer wann mit wem warum vor die Tür geht. Und vielleicht mal hustet.

      Wildfremde Menschen werfen demjenigen böse Blicke zu, der sich an der frischen Luft körperlich ertüchtigt.

      Bei all den Regeln kann der Überblick verlorengehen, können Nachbarn, Passanten auf der Straße oder auch Behörden durchaus das Maß der Verhältnismäßigkeit verlieren.

      Weil auch sie mit der Situation bisweilen überfordert sind.

      Vielleicht verhält es sich einfach so, dass das Virus mit Gerechtigkeit nicht zu bekämpfen ist.

      Niemand kann vorhersagen, ob die Gesetze und Regelungen in Deutschland die Corona-Krise effektiv und ausreichend bekämpfen.

      Weil niemand vorhersagen kann, wie sich die Infiziertenzahlen entwickeln werden. werden.

      Wenn auch die sinkenden Inzidenzzahlen bis Mitte Februar 2021 dem zweiten Lockdown wirksam aussehen lassen.

      Doch wie soll es – auch angesichts der neuen Mutationen – danach weitergehen? K

      Keiner weiß genau, was verhältnismäßig ist.

      Dies liegt auch daran, dass man immer noch zu wenig über das Corona-Virus und die neuen Varianten weiß.

      Manche finden die Gesetze und Regeln pas end, andere nicht. Einige sind mehr, andere weniger betroffen von den Verhaltensmaßregeln.

      Und so gibt es Menschen, die relativ gut mit den Regeln leben können und solche, die sich beschweren, die Probleme haben, die Beschränkungen zu akzeptieren.

      Die neuen Corona-Regeln sind ein Kompromiss. So ist das halt in einer Demokratie.

      Es mag kein perfekter sein, aber er scheint derzeit unvermeidlich.

      Schlicht und ergreifend deswegen, weil es keine Alternative dazu gibt, dass wir uns alle ein wenig zurücknehmen und es akzeptieren, temporär mit Einschränkungen unserer Freiheit und Grundrechte zu leben.

      10 - Versammlungsfreiheit und Demonstrationsverbot

       "Politisch missliebige Demonstrationen zu unterbinden, das sind DDR-Methoden"

       ( Jörg Meuthen, *29.06.1961, AfD-Bundessprecher, im August 2020)

      Die Bundesregierung macht es sich ganz sicher nicht leicht, als sie am 28.10.2020 zum zweiten Mal ein Maßnahmen-Paket zur Eindämmung des Corona-Infektionsgeschehens verkündet. Es geht erneut darum, das gesellschaftliche Treiben lahmzulegen, voraussichtlich einen Monat lang.

      Virologen würden sagen, so Angela Merkel, die Kontakte müssten um 75 Prozent reduziert werden, auf ein “absolut nötiges Minimum” (68).

      Deutschland befindet sich wieder in einer Ausnahmesituation. Einer Situation veränderten Rechts mit reduzierten Rechten für die Bürger und ausgeweiteten Rechten für die Staatsmacht. Die meisten der beschlossenen Maßnahmen greifen tief in das private Leben der Menschen in Deutschland ein.

      Je länger die Corona-Vorgaben der Bundesregierung andauern, desto mehr regt sich Widerstand in der Bevölkerung. Es kommt verstärkt zu Demonstrationen. Denn die Maßnahmen schränken zahlreiche Grundrechte stark ein. So auch die Versammlungsfreiheit.

      Was, wenn man dagegen demonstrieren will? Das muss grundsätzlich möglich sein, meint das Bundesverfassungs-gericht. Es hat in einem Beschluss deutlich gemacht, dass pauschale Verbote von Demonstrationen nicht verfassungs-konform sind.

      Im konkreten Fall unterbindet die Stadt Gießen im April zwei Versammlungen, die unter dem Motto "Gesundheit stärken statt Grundrechte schwächen - Schutz vor Viren, nicht vor Menschen" angemeldet worden waren.

      Die Stadt verbietet die Demonstrationen. Begründung: Nach der hessischen Corona-Verordnung seien Versammlungen von mehr als zwei Personen, die nicht dem gleichen Hausstand angehören, generell verboten. Der Veranstalter legt Widerspruch ein. Dieser wird vom hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen.

      Das Bundesverfassungsgericht hebt diese Entscheidung am 16.04.2020 auf. Die hessische Verordnung enthalte kein generelles Verbot von Versammlungen von mehr als zwei Personen.

      Vor einem Verbot müssten alle Umstände des Einzelfalls und damit auch die zugesicherten Schutzmaßnahmen hinreichend geprüft werden. Dies sei nicht geschehen. Damit habe die Stadt Gießen den Antragsteller offensichtlich in seinem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verletzt (69).

      Der Fall steht stellvertretend für viele ähnlich gelagerte Streitigkeiten im Zusammenhang mit Aufmärschen gegen die Corona-Maßnahmen.

      Protestaktionen gegen die Corona-Politik finden seit April 2020 regelmäßig statt.

      Insbesondere wegen mangelnder Distanzierung oder Verbreitung von Falschinformationen zur Covid-19-Pandemie, Verschwörungstheorien und verfassungsfeindlichen Aussagen sind einige dieser Demonstrationen durchaus umstritten.

      Was denken Sie: Sollten Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen erlaubt sein? Oder ist es in der aktuellen Notsituation statthaft, Protestkundgebungen zu untersagen?

      Und was sagt das Grundgesetz?

      Soviel vorweg: Das Recht auf freie Meinungsäußerung und darauf, diese auch nach außen hin vertreten zu dürfen, ist einer der größten Errungenschaften unserer Zivilisation.

      Diese ist bei weitem nicht weltweit gegeben. Wir dürfen froh und glücklich sein, in einem Land zu leben, dass, was diese Grundrechte betrifft, zweifelsfrei zu den „Vorzeigestaaten“ gehört. Fragen Sie mal nach in China, Saudi-Arabien oder Nordkorea, oder, wer's lieber europäisch mag, im wunderschönen Reiseland Türkei, in Belarus oder Aserbaidschan.

      Das Recht, zu demonstrieren ist im Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, Art.8GG, verankert.

      Art.8 GG lautet seit Inkrafttreten des Grundgesetzes am 24. Mai 1949 wie folgt:

      (1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

      Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden (70).

      Die Versammlungsfreiheit kann also durch kollidierendes Verfassungsrecht eingeschränkt werden. Von besonderer praktischer Bedeutung ist hierbei die Staatspflicht zum Schutz von Leib und Leben seiner Bürger.

      Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wird regelmäßig auf die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes als rechtliche Grundlage für Maßnahmen der zuständigen Infektionsbehörde verwiesen, wenn es um die Frage geht, ob Demonstrationen in Zeiten wie den Aktuellen erlaubt sind oder nicht.

      Für den Fall der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten stellt § 28 Abs. 1 IfSG die maßgebliche Ermächtigungs-grundlage dar. Diese Vorschrift hat auszugsweise folgenden Wortlaut: „Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt (…), so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten.

      Unter den Voraussetzungen von Satz 1 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten (…) schließen.“

      Darüber hinaus gibt §32 des IfsG den Landesregierungen die Möglichkeit, per Rechtsverordnung An- und Versammlungen komplett zu verbieten.

      Eben dieser Paragraph erlaubt es den Landesregierungen ferner, auch das Grundrecht der Freizügigkeit,