Theo Gitzen

DAS BÖSE BRINGT DEN TOD


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hatte sich nicht nur schnell als genialer Vermittler für das Geschäft von GK-Cologne bewiesen, sondern genoss mittler-weile in der Firma und auch bei Großkunden eine gewisse Vertrauensstellung.

      Ganz offiziell tauschte er für seine Firma und auch andere, ausländische Geschäftspartner DM und Dollar gegen Libanesische Pfund (LBP) für Lohnzahlungen und Bestechungs-gelder, sowie LBP gegen DM und Dollar als stabile Wertanlage für Libanesen, auf dem Schwarzmarkt bei einem gewissen „Abanoub“ um.

      Das Zusatzgeschäft lief gut und je mehr der Bürgerkrieg Einzug hielt, desto größer wurden die Beträge, die er im Auftrag seiner „inoffiziellen“ Kundschaft tätigen sollten. Bis zu dem Tag an dem sich für Junis und seine geliebte Brigitte alles ändern sollte.

      Junis genoss hohes Vertrauen und an guten Tagen, hatte er bis zu 10.000 DM und viele Dollar, zum Tausch in seiner Akten-tasche.

      -:-

      Es war ein heißer Mittwochnachmittag im Juli 1975. Junis hatte mal wieder seine Aktentasche randvoll mit DM, Dollar und libanesischem Pfund unterwegs zum Treffen mit Abanoub im Stadtteil Manora.

      Unter all dem Geld, das er mit sich führte, war auch ein stattlicher Betrag von seinem Vater. Der mittlerweile einen Teil seiner Einnahmen in DM und Dollar tauschte. Auch für Halim und Fadi wurde die immer größer werdende Unruhe in Beirut spürbar und bereitete den beiden erhebliche Angst. Sie befürchteten, dass eines Tages die Bank of Libanon zusammen-brechen würde und sie so ihr ganzes Geld verlieren würden. So fingen auch sie an, ihre Einnahmen bei ihm, Junis, zu tauschen.

      Junis war heute irgendwie nicht bei der Sache.

      Es ging alles so schnell. Im Laufe der Monate hatte er sich immer mehr in Brigitte verliebt, ohne es ihr jedoch zu sagen,

      Das schlimmste jedoch war ihr Duft. Dieser betörend süßliche Duft aus einer Mischung von „hin -und- weg“, ließ seine Sinne dahin schweifen und ihn immer wieder in diesen Zustand von „unbändigem Verlangen“ abgleiten.

      Vor ein paar Wochen war es dann passiert. Rein zufällig sind sie sich in der Lobby begegnet. Brigitte lud ihn unverhohlen zu einen Cocktail an der Bar ein. Es passte alles. Der Cocktail, die Musik und vor allem Brigittes betörender Duft.

      Es war schon spät, als Brigitte plötzlich meinte, dass es für sie besser wäre, wenn sie nun ins Bett gehen würde, schließlich müsste sie morgen für die Delegation aus Deutschland fit sein.

      In Wirklichkeit vibrierte alles in Brigitte. Sie hatte schon den ganzen Abend das Verlangen Junis, diesen, leicht schüchtern wirkenden Mann, mit seinen großen Kulleraugen und den langen Wimpern, zu küssen und mit ihm ins Bett zu gehen. Sie stand auf und wie von Geisterhand stolperte sie über den Fuß des Barhockers und fiel Junis genau in die Arme. Ihre Gesichter glühten und der Duft diese betörenden Parfüms drang ihm in die Nase und mit einem Mal konnte er sich nicht mehr halten. Sanft nahm er Brigittes Kopf in seine Hände und ihre Lippen trafen sich. Es war wie eine Erlösung. Wild und Leidenschaftlich küssten sie sich und aus dem frühen Aufbruch wurde eine lange Nacht.

      Zwei Wochen später war Junis auf dem Weg zu Abonoub um das Geld seiner Auftraggeber zu tauschen.

      Junis war in Gedanken weit weg. Genauer gesagt bei Brigitte. Noch genauer gesagt bei ihr im Bett.

      Hatten sie doch gestern das erste Mal miteinander geschlafen.

      Es war für beide das erste Mal und immer noch war Junis wie im Rausch. Er roch ständig an dem Halstuch, welches ihm Brigitte mitgegeben hatte, und sog ihren süßlichen Duft – und es war nicht das Parfüm- ein.

      So in wunderschönen Gedanken verloren, merkte er gar nicht, dass er schon an Hausnummer 21 in der Rue General de Gaulle vorbeigelaufen war und betrat, ohne es zu merken, versehent-lich den Hauseingang von Haus Nr. 22. Er ging wie immer in die vierte Etage, öffnete wie in Trance die Tür und betrat den Raum.

      Niemand war da. Weder Abanoub, noch die Möbel.

      Schlagartig verschwand der Schleier in seinem Kopf.

      Junge wo bist du - fragte sich Junis – und ein seltsames Gefühl durchströmte seine Brust.

      Irgendetwas schien nicht zu stimmen. Auf die Idee, dass er sich im Hauseingang geirrt hatte, kam er nicht.

      Magisch zog ihn das offene Fenster an. Als wenn dahinter die Antwort auf seine Frage zu finden sei.

      Er wollte sich gerade aus dem Fenster lehnen, als er von Ge-genüber eine bedrohliche Stimme fragen hörte.

      „Wo ist das Geld!?“

      „Ich habe kein Geld“ - hörte er Abanoub, dessen rauchig helle Stimme er kannte, ängstlich, fast wimmernd antworten.

      Er sah wie der Fremde eine Pistole auf Abonoub, der auf einem Stuhl vor ihm saß, richtete

      „Zum letzte Mal“ - wo ist das Geld – „das du uns schuldest?“

      „Beim Leben meiner Mutter - glaub mir- ich habe kein Geld“ - wimmerte Abonoub erneut.

      „Ich werde es finden“- sagte der Fremde und hielt seine Pistole an den Kopf von Abonoub.

      Junis schien das Herz aus dem Hals zu schlagen. Er konnte nicht verstehen was da geschah. Sein Mund war geöffnet, seine Augen starr auf das Geschehen gerichtet.

      Bumm - ein lauter Knall und Abonoub sackte leblos in sich zusammen. Langsam- unendlich langsam kippte er vom Stuhl.

      Der Fremde drehte sich langsam um und schaute in Richtung Junis.

      Wie vom Blitz getroffen reagierte Junis und warf sich in die Ecke auf den Boden. Er hörte auf zu atmen um kein Geräusch zu verursachen, aber sein Herz pochte so laut, dass er glaubte der Fremde könnte ihn hören und jeden Moment, obwohl er im Nebenhaus war, hereinkommen und ihn ebenfalls erschießen.

      Nur ganz langsam bemerkte er, dass er bei seinem Sprung vor eine kleine unscheinbare Tür in der Wand gefallen war und diese aufgestoßen hatte. Voller Angst vor dem Fremden und am ganzen Körper zitternd kroch er durch die kleine Tür und verschloss sie hinter sich. In diesem Moment sehnte er sich nach seiner Mama, bei der er, als kleiner Junge, auch immer unter den Rock gekrochen war, wenn er vor irgendetwas Angst hatte. Sie hatte ihn dann so lange sitzen lassen, bis er sich beruhigt hatte und von selbst wieder unter dem Rock hervor kam.

      Doch diesmal war da kein Rock unter den er sich hätte verkriechen können. Vielmehr lag er auf einem staubigen Boden und im Kot von Tauben, die sich dort eingenistet hatten.

      Er war äußerst angespannt. Seine Ohren lauschten angestrengt ob jemand die Treppe hinauf kommen würde und ob sich die kleine Tür öffnen und das er das Klicken eines Revolvers, der auf ihn gerichtet war, hören würde.

      Er wusste nicht wie lange er so mit verschlossenen Augen da gelegen hatte. Es schien ihm eine Ewigkeit zu sein. Er zitterte immer noch am ganzen Körper. Langsam hob er seinen Kopf und öffnete vorsichtig die Augen. Er versuchte sich zu orientieren. Genau vor ihm war eine kleine Lücke in der Mauer durch die ein wenig Luft in diesen stickigen Verschlag drang. Rechts von ihm standen zwei Kisten über und über voll mit Taubenkot. Es ekelte ihn und er spürte den scharfen, ammoniakhaltigen Geruch in seiner Nase. Jetzt bloß nicht niesen schoss es ihm durch den Kopf. Vorsichtig drehte er sich in die andere Richtung und wollte sich gerade aufrichten, als sein Blick auf einen mittelgroßen Lederkoffer fiel. Dieser Lederkoffer war merkwürdigerweise an einer Schnur befestigt. Im Gegensatz zu dem ganzen Dreck und Staub der überall verbreitet war, war der Koffer seltsamerweise staub- und dreckfrei. Er wirkte fast neu.

      Von dem seltsamen Koffer angezogen, vergaß Junis seine Angst vor dem Fremden. Ganz langsam griff er nach dem Koffer und zog ihn zu sich herüber.

      Was wohl darin ist – fragte sich Junis – und warum hängt der an einem Seil?

      Er öffnete die zwei Lederschlaufen und hob ganz vorsichtig den Deckel an. Hoffentlich ist da kein abgeschlagener Kopf drin oder gar eine Giftschlange.

      Junis Kiefer klappten förmlich auseinander.

      Mit weit geöffnetem Mund