Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


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leuchtend Sternbild, wollen wir mit Trost

      Dir nahe sein und deine Seele stärken.

      ISABELLA.

      Lebe, mein Sohn! Für deine Mutter lebe!

      Ich kanns nicht tragen, alles zu verlieren!

      Sie schlingt ihre Arme mit leidenschaftlicher Heftigkeit um ihn, er macht sich sanft von ihr los und reicht ihr die Hand mit abgewandtem Gesicht.

      DON CESAR.

      Leb wohl!

      ISABELLA.

      Ach, wohl erfahr ichs schmerzlich fühlend nun,

      Daß nichts die Mutter über dich vermag!

      Gibts keine andre Stimme, welche dir

      Zum Herzen mächtger als die meine dringt?

      Sie geht nach dem Eingang der Szene.

      Komm, meine Tochter! Wenn der tote Bruder

      Ihn so gewaltig nachzieht in die Gruft,

      So mag vielleicht die Schwester, die geliebte,

      Mit schöner Lebenshoffnung Zauberschein

      Zurück ihn locken in das Licht der Sonne.

      Beatrice erscheint am Eingange der Szene. Donna Isabella. Don Cesar und der Chor.

      DON CESAR bei ihrem Anblick heftig bewegt sich verhüllend.

      O Mutter! Mutter! Was ersannest du?

      ISABELLA führt sie vorwärts.

      Die Mutter hat umsonst zu ihm gefleht,

      Beschwöre du, erfleh ihn, daß er lebe.

      DON CESAR.

      Arglistge Mutter! Also prüfst du mich!

      In neuen Kampf willst du zurück mich stürzen?

      Das Licht der Sonne mir noch teuer machen

      Auf meinem Wege zu der ewgen Nacht?

      – Da steht der holde Lebensengel mächtig

      Vor mir und tausend Blumen schüttet er

      Und tausend goldne Früchte lebenduftend

      Aus reichem Füllhorn strömend vor mir aus,

      Das Herz geht auf im warmen Strahl der Sonne,

      Und neu erwacht in der erstorbnen Brust

      Die Hoffnung wieder und die Lebenslust.

      ISABELLA.

      Fleh ihn, dich oder niemand wird er hören,

      Daß er den Stab nicht raube dir und mir.

      BEATRICE.

      Ein Opfer fodert der geliebte Tote,

      Es soll ihm werden, Mutter – Aber mich

      Laß dieses Opfer sein! Dem Tode war ich

      Geweiht, eh ich das Leben sah. Mich fodert

      Der Fluch, der dieses Haus verfolgt, und Raub

      Am Himmel ist das Leben, das ich lebe.

      Ich bins, die ihn gemordet, eures Streits

      Entschlafne Furien gewecket – Mir

      Gebührt es, seine Manen zu versöhnen!

      CHOR.

      O jammervolle Mutter! Hin zum Tod

      Drängen sich eifernd alle deine Kinder,

      Und lassen dich allein, verlassen, stehen

      Im freudlos öden, liebeleeren Leben.

      BEATRICE.

      Du, Bruder, rette dein geliebtes Haupt,

      Für deine Mutter lebe! Sie bedarf

      Des Sohns, erst heute fand sie eine Tochter,

      Und leicht entbehrt sie, was sie nie besaß.

      DON CESAR mit tief verwundeter Seele.

      Wir mögen leben, Mutter, oder sterben,

      Wenn sie nur dem Geliebten sich vereinigt!

      BEATRICE.

      Beneidest du des Bruders toten Staub?

      DON CESAR.

      Er lebt in deinem Schmerz ein selig Leben,

      Ich werde ewig tot sein bei den Toten.

      BEATRICE.

      O Bruder!

      DON CESAR mit dem Ausdruck der heftigsten Leidenschaft.

      Schwester, weinest du um mich?

      BEATRICE.

      Lebe für unsre Mutter!

      DON CESAR läßt ihre Hand los, zurücktretend.

      Für die Mutter?

      BEATRICE neigt sich an seine Brust.

      Lebe für sie und tröste deine Schwester.

      CHOR.

      Sie hat gesiegt! Dem rührenden Flehen

      Der Schwester konnt er nicht widerstehen.

      Trostlose Mutter! Gib Raum der Hoffnung,

      Er erwählt das Leben, dir bleibt dein Sohn!

      In diesem Augenblick läßt sich ein Chorgesang hören, die Flügeltüre wird geöffnet, man sieht in der Kirche den Katafalk aufgerichtet und den Sarg von Kandelabern umgeben.

      DON CESAR gegen den Sarg gewendet.

      Nein, Bruder! Nicht dein Opfer will ich dir

      Entziehen – deine Stimme aus dem Sarg

      Ruft mächtger dringend als der Mutter Tränen

      Und mächtger als der Liebe Flehn – Ich halte

      In meinen Armen, was das irdsche Leben

      Zu einem Los der Götter machen kann –

      Doch ich, der Mörder, sollte glücklich sein,

      Und deine heilge Unschuld ungerächet

      Im tiefen Grabe liegen – das verhüte

      Der allgerechte Lenker unsrer Tage,

      Daß solche Teilung sei in seiner Welt –

      – Die Tränen sah ich, die auch mir geflossen,

      Befriedigt ist mein Herz, ich folge dir.

      Er durchsticht sich mit einem Dolch und gleitet sterbend an seiner Schwester nieder, die sich der Mutter in die Arme wirft.

      CHOR nach einem tiefen Schweigen.

      Erschüttert steh ich, weiß nicht, ob ich ihn

      Bejammern oder preisen soll sein Los.

      Dies eine fühl ich und erkenn es klar,

      Das Leben ist der Güter höchstes nicht,

      Der Übel größtes aber ist die Schuld.

Die Jungfrau von Orleans

      Karl der Siebente, König von Frankreich.

      Königin Isabeau, seine Mutter.

      Agnes Sorel, seine Geliebte.

      Philipp der Gute, Herzog von Burgund.

      Graf Dunois, Bastard von Orleans.

      La Hire,

      Du