Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


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      Was ist dir? Gott!

      DON CESAR.

      Verflucht der Schoß, der mich

      Getragen! – Und verflucht sei deine Heimlichkeit,

      Die all dies Gräßliche verschuldet! Falle

      Der Donner nieder, der dein Herz zerschmettert,

      Nicht länger halt ich schonend ihn zurück –

      Ich selber, wiß es, ich erschlug den Bruder,

      In ihren Armen überrascht ich ihn,

      Sie ist es, die ich liebe, die zur Braut

      Ich mir gewählt – den Bruder aber fand ich

      In ihren Armen – alles weißt du nun!

      – Ist sie wahrhaftig seine, meine Schwester,

      So bin ich schuldig einer Greueltat,

      Die keine Reu und Büßung kann versöhnen!

      CHOR.

      Es ist gesprochen, du hast es vernommen,

      Das Schlimmste weißt du, nichts ist mehr zurück!

      Wie die Seher verkündet, so ist es gekommen,

      Denn noch niemand entfloh dem verhängten Geschick.

      Und wer sich vermißt, es klüglich zu wenden,

      Der muß es selber erbauend vollenden.

      ISABELLA.

      Was kümmerts mich noch, ob die Götter sich

      Als Lügner zeigen, oder sich als wahr

      Bestätigen? Mir haben sie das Ärgste

      Getan – Trotz biet ich ihnen, mich noch härter

      Zu treffen, als sie trafen – Wer für nichts mehr

      Zu zittern hat, der fürchtet sie nicht mehr.

      Ermordet liegt mir der geliebte Sohn,

      Und von dem lebenden scheid ich mich selbst.

      Er ist mein Sohn nicht – Einen Basilisken

      Hab ich erzeugt, genährt an meiner Brust,

      Der mir den bessern Sohn zu Tode stach.

      – Komm, meine Tochter! Hier ist unsers Bleibens

      Nicht mehr – den Rachegeistern überlaß ich

      Dies Haus – Ein Frevel führte mich herein,

      Ein Frevel treibt mich aus – Mit Widerwillen

      Hab ichs betreten, und mit Furcht bewohnt,

      Und in Verzweiflung räum ichs – Alles dies

      Erleid ich schuldlos, doch bei Ehren bleiben

      Die Orakel und gerettet sind die Götter.

      Sie geht ab. Diego folgt ihr.

      Beatrice. Don Cesar. Der Chor.

      DON CESAR Beatrice zurückhaltend.

      Bleib, Schwester! Scheide du nicht so von mir!

      Mag mir die Mutter fluchen, mag dies Blut

      Anklagend gegen mich zum Himmel rufen,

      Mich alle Welt verdammen! Aber du

      Fluche mir nicht! Von dir kann ichs nicht tragen.

      BEATRICE zeigt mit abgewandtem Gesicht auf den Leichnam.

      DON CESAR.

      Nicht den Geliebten hab ich dir getötet!

      Den Bruder hab ich dir und hab ihn mir

      Gemordet – dir gehört der Abgeschiedne jetzt

      Nicht näher an, als ich der Lebende,

      Und ich bin mitleidswüdiger als er,

      Denn er schied rein hinweg und ich bin schuldig.

      BEATRICE bricht in heftige Tränen aus.

      DON CESAR.

      Weine um den Bruder, ich will mit dir weinen,

      Und mehr noch – rächen will ich ihn! Doch nicht

      Um den Geliebten weine! Diesen Vorzug,

      Den du dem Toten gibst, ertrag ich nicht.

      Den einzgen Trost, den letzten, laß mich schöpfen

      Aus unsers Jammers bodenloser Tiefe,

      Daß er dir näher nicht gehört als ich –

      Denn unser furchtbar aufgelöstes Schicksal

      Macht unsre Rechte gleich, wie unser Unglück.

      In einen Fall verstrickt, drei liebende

      Geschwister, gehen wir vereinigt unter,

      Und teilen gleich der Tränen traurig Recht.

      Doch wenn ich denken muß, daß deine Trauer

      Mehr dem Geliebten als dem Bruder gilt,

      Dann mischt sich Wut und Neid in meinen Schmerz,

      Und mich verläßt der Wehmut letzter Trost.

      Nicht freudig, wie ich gerne will, kann ich

      Das letzte Opfer seinen Manen bringen,

      Doch sanft nachsenden will ich ihm die Seele,

      Weiß ich nur, daß du meinen Staub mit seinem

      In einem Aschenkruge sammeln wirst.

      Den Arm um sie schlingend, mit einer leidenschaftlich zärtlichen Heftigkeit.

      Dich liebt ich, wie ich nichts zuvor geliebt,

      Da du noch eine Fremde für mich warst.

      Weil ich dich liebte über alle Grenzen,

      Trag ich den schweren Fluch des Brudermords,

      Liebe zu dir war meine ganze Schuld.

      – Jetzt bist du meine Schwester und dein Mitleid

      Fodr ich von dir als einen heilgen Zoll.

      Er sieht sie mit ausforschenden Blicken und schmerzlicher Erwartung an, dann wendet er sich mit Heftigkeit von ihr.

      Nein, nein, nicht sehen kann ich diese Tränen –

      In dieses Toten Gegenwart verläßt

      Der Mut mich und die Brust zerreißt der Zweifel –

      – Laß mich im Irrtum! Weine im Verborgnen!

      Sieh nie mich wieder – niemals mehr – Nicht dich,

      Nicht deine Mutter will ich wiedersehen,

      Sie hat mich nie geliebt! Verraten endlich

      Hat sich ihr Herz, der Schmerz hat es geöffnet.

      Sie nannt ihn ihren bessern Sohn! – So hat sie

      Verstellung ausgeübt ihr ganzes Leben!

      – Und du bist falsch wie sie! Zwinge dich nicht!

      Zeig deinen Abscheu! Mein verhaßtes Antlitz

      Sollst du nicht wiedersehn! Geh hin auf ewig!

      Er geht ab. Sie steht unschlüssig, im Kampf widersprechender Gefühle, dann reißt sie sich los und geht.

      CHOR.

      – – – – – – –

      Wohl dem! Selig muß ich ihn preisen,

      Der in der Stille der ländlichen Flur,

      Fern von des Lebens