Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


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an der Brust der Natur.

      Denn das Herz wird mir schwer in der Fürsten Palästen,

      Wenn ich herab vom Gipfel des Glücks

      Stürzen sehe die Höchsten, die Besten

      In der Schnelle des Augenblicks!

      Und auch der hat sich wohl gebettet,

      Der aus der stürmischen Lebenswelle

      Zeitig gewarnt sich herausgerettet

      In des Klosters friedliche Zelle.

      Der die stachelnde Sucht der Ehren

      Von sich warf und die eitle Lust,

      Und die Wünsche, die ewig begehren,

      Eingeschläfert in ruhiger Brust,

      Ihn ergeift in dem Lebensgewühle

      Nicht der Leidenschaft wilde Gewalt,

      Nimmer in seinem stillen Asyle

      Sieht er der Menschheit traurge Gestalt.

      Nur in bestimmter Höhe ziehet

      Das Verbrechen hin und das Ungemach,

      Wie die Pest die erhabenen Orte fliehet,

      Dem Qualm der Städte wälzt es sich nach,

      Auf den Bergen ist die Freiheit! Der Hauch der Grüfte

      Steigt nicht hinauf in die reinen Lüfte,

      Die Welt ist vollkommen überall,

      Wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual.

      Don Cesar. Der Chor.

      DON CESAR gefaßter.

      Das Recht des Herrschers üb ich aus zum letztenmal,

      Dem Grab zu übergeben diesen teuren Leib,

      Denn dieses ist der Toten letzte Herrlichkeit.

      Vernehmt denn meines Willens ernstlichen Beschluß,

      Und wie ichs euch gebiete, also übt es aus

      Genau – Euch ist in frischem Angedenken noch

      Das ernste Amt, denn nicht von langen Zeiten ists,

      Daß ihr zur Gruft begleitet eures Fürsten Leib.

      Die Totenklage ist in diesen Mauren kaum

      Verhallt und eine Leiche drängt die andre fort

      Ins Grab, daß eine Fackel an der andern sich

      Anzünden, auf der Treppe Stufen sich der Zug

      Der Klagemänner fast begegnen mag.

      So ordnet denn ein feierlich Begräbnisfest

      In dieses Schlosses Kirche, die des Vaters Staub

      Verwahrt, geräuschlos bei verschloßnen Pforten an,

      Und alles werde, wie es damals war, vollbracht.

      CHOR.

      Mit schnellen Händen soll dies Werk bereitet sein,

      O Herr – denn aufgerichtet steht der Katafalk

      Ein Denkmal jener ernsten Festlichkeit noch da,

      Und an den Bau des Todes rührte keine Hand.

      DON CESAR.

      Das war kein glücklich Zeichen, daß des Grabes Mund

      Geöffnet blieb im Hause der Lebendigen.

      Wie kams, daß man das unglückselige Gerüst

      Nicht nach vollbrachtem Dienste alsobald zerbrach?

      CHOR.

      Die Not der Zeiten und der jammervolle Zwist,

      Der gleich nachher, Messina feindlich teilend, sich

      Entflammt, zog unsre Augen von den Toten ab,

      Und öde blieb, verschlossen, dieses Heiligtum.

      DON CESAR.

      Ans Werk denn eilet ungesäumt! Noch diese Nacht

      Vollende sich das mitternächtliche Geschäft!

      Die nächste Sonne finde von Verbrechen rein

      Das Haus, und leuchte einem fröhlichern Geschlecht.

      Der zweite Chor entfernt sich mit Don Manuels Leichnam.

      ERSTER CHOR.

      Soll ich der Mönche fromme Brüderschaft hieher

      Berufen, daß sie nach der Kirche altem Brauch

      Das Seelenamt verwalte und mit heilgem Lied

      Zur ewgen Ruh einsegne den Begrabenen?

      DON CESAR.

      Ihr frommes Lied mag fort und fort an unserm Grab

      Auf ewge Zeiten schallen bei der Kerze Schein,

      Doch heute nicht bedarf es ihres reinen Amts,

      Der blutge Mord verscheucht das Heilige.

      CHOR.

      Beschließe nichts gewaltsam Blutiges, o Herr,

      Wider dich selber wütend mit Verzweiflungstat:

      Denn auf der Welt lebt niemand, der dich strafen kann,

      Und fromme Büßung kauft den Zorn des Himmels ab.

      DON CESAR.

      Nicht auf der Welt lebt, wer mich richtend strafen kann,

      Drum muß ich selber an mir selber es vollziehn.

      Bußfertge Sühne, weiß ich, nimmt der Himmel an,

      Doch nur mit Blute büßt sich ab der blutge Mord.

      CHOR.

      Des Jammers Fluten, die auf dieses Haus gestürmt,

      Ziemt dir zu brechen, nicht zu häufen Leid auf Leid.

      DON CESAR.

      Den alten Fluch des Hauses lös ich sterbend auf,

      Der freie Tod nur bricht die Kette des Geschicks.

      CHOR.

      Zum Herrn bist du dich schuldig dem verwaisten Land,

      Weil du des andern Herrscherhauptes uns beraubt.

      DON CESAR.

      Zuerst den Todesgöttern zahl ich meine Schuld,

      Ein andrer Gott mag sorgen für die Lebenden.

      CHOR.

      Soweit die Sonne leuchtet, ist die Hoffnung auch,

      Nur von dem Tod gewinnt sich nichts! Bedenk es wohl.

      DON CESAR.

      Du selbst bedenke schweigend deine Dienerpflicht,

      Mich laß dem Geist gehorchen, der mich furchtbar treibt,

      Denn in das Innre kann kein Glücklicher mir schaun.

      Und ehrst du fürchtend auch den Herrscher nicht in mir,

      Den Verbrecher fürchte, den der Flüche schwerster drückt,

      Das Haupt verehre des Unglücklichen,

      Das auch den Göttern heilig ist – Wer das erfuhr,

      Was ich erleide und im Busen fühle,

      Gibt keinem Irdischen mehr Rechenschaft.

      Donna Isabella. Don Cesar. Der Chor.

      ISABELLA kommt mit zögernden Schritten und wirft unschlüssige Blicke auf Don Cesar. Endlich tritt sie ihm näher und spricht mit gefaßtem Ton.