Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...


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      Mit unserm Glauben? So unmöglich ists,

      Die Götter, die hochwohnenden, zu treffen,

      Als in den Mond mit einem Pfeil zu schießen.

      Vermauert ist dem Sterblichen die Zukunft,

      Und kein Gebet durchbohrt den ehrnen Himmel.

      Ob rechts die Vögel fliegen oder links,

      Die Sterne so sich oder anders fügen,

      Nicht Sinn ist in dem Buche der Natur,

      Die Traumkunst träumt und alle Zeichen trügen.

      ZWEITER CHOR.

      Halt ein, Unglückliche! Wehe! Wehe!

      Du leugnest der Sonne leuchtendes Licht

      Mit blinden Augen! Die Götter leben,

      Erkenne sie, die dich furchtbar umgeben!

      BEATRICE.

      O Mutter! Mutter! Warum hast du mich

      Gerettet! Warum warfst du mich nicht hin

      Dem Fluch, der, eh ich war, mich schon verfolgte?

      Blödsichtge Mutter! Warum dünktest du

      Dich weiser, als die alles Schauenden,

      Die Nah und Fernes aneinander knüpfen,

      Und in der Zukunft späte Saaten sehn?

      Dir selbst und mir, uns allen zum Verderben

      Hast du den Todesgöttern ihren Raub,

      Den sie gefodert, frevelnd vorenthalten!

      Jetzt nehmen sie ihn zweifach, dreifach selbst.

      Nicht dank ich dir das traurige Geschenk,

      Dem Schmerz, dem Jammer hast du mich erhalten!

      ERSTER CHOR in heftiger Bewegung nach der Türe sehend.

      Brechet auf, ihr Wunden,

      Fließet, fließet!

      In schwarzen Güssen

      Stürzet hervor, ihr Bäche des Bluts.

      Eherner Füße

      Rauschen vernehm ich,

      Höllischer Schlangen

      Zischendes Tönen,

      Ich erkenne der Furien Schritt!

      Stürzet ein, ihr Wände,

      Versink, o Schwelle,

      Unter der schrecklichen Füße Tritt!

      Schwarze Dämpfe, entsteiget, entsteiget

      Qualmend dem Abgrund! Verschlinget des Tages

      Lieblichen Schein!

      Schützende Götter des Hauses, entweichet,

      Lasset die rächenden Göttinnen ein!

      Don Cesar. Isabella. Beatrice. Der Chor.

      Beim Eintritt des Don Cesar zerteilt sich der Chor in fliehender Bewegung vor ihm, er bleibt allein in der Mitte der Szene stehen.

      BEATRICE.

      Weh mir, er ists!

      ISABELLA tritt ihm entgegen.

      O mein Sohn Cesar! Muß ich so

      Dich wiedersehen – O blick her und sieh

      Den Frevel einer gottverfluchten Hand!

      Führt ihn zu dem Leichnam.

      DON CESAR tritt mit Entsetzen zurück, das Gesicht verhüllend.

      ERSTER CHOR.

      Brechet auf, ihr Wunden!

      Fließet, fließet!

      In schwarzen Güssen

      Strömet hervor, ihr Bäche des Bluts!

      ISABELLA.

      Du schauderst und erstarrst! – Ja, das ist alles,

      Was dir noch übrig ist von deinem Bruder!

      Da liegen meine Hoffnungen – Sie stirbt

      Im Keim, die junge Blume eures Friedens,

      Und keine schöne Früchte sollt ich schauen.

      DON CESAR.

      Tröste dich, Mutter. Redlich wollten wir

      Den Frieden, aber Blut beschloß der Himmel.

      ISABELLA.

      O ich weiß, du liebtest ihn, ich sah entzückt

      Die schönen Bande zwischen euch sich flechten!

      An deinem Herzen wolltest du ihn tragen,

      Ihm reich ersetzen die verlornen Jahre.

      Der blutge Mord kam deiner schönen Liebe

      Zuvor – jetzt kannst du nichts mehr als ihn rächen.

      DON CESAR.

      Komm, Mutter, komm! hier ist kein Ort für dich,

      Entreiß dich diesem unglückselgen Anblick!

      Er will sie fortziehen.

      ISABELLA fällt ihm um den Hals.

      Du lebst mir noch! Du jetzt mein Einziger!

      BEATRICE.

      Weh, Mutter! Was beginnst du?

      DON CESAR.

      Weine dich aus

      An diesem treuen Busen. Unverloren

      Ist dir der Sohn, denn seine Liebe lebt

      Unsterblich fort in deines Cesars Brust.

      ERSTER CHOR.

      Brechet auf, ihr Wunden!

      Redet, ihr stummen!

      In schwarzen Fluren

      Stürzet hervor, ihr Bäche des Bluts.

      ISABELLA beider Hände fassend.

      O meine Kinder!

      DON CESAR.

      Wie entzückt es mich,

      In deinen Armen sie zu sehen, Mutter!

      Ja, laß sie deine Tochter sein! Die Schwester –

      ISABELLA unterbricht ihn.

      Dir dank ich die Gerettete, mein Sohn!

      Du hieltest Wort, du hast sie mir gesendet.

      DON CESAR erstaunt.

      Wen, Mutter, sagst du, hab ich dir gesendet?

      ISABELLA.

      Sie mein ich, die du vor dir siehst, die Schwester.

      DON CESAR.

      Sie meine Schwester!

      ISABELLA.

      Welche andre sonst?

      DON CESAR.

      Meine Schwester?

      ISABELLA.

      Die du selber mir gesendet.

      DON CESAR.

      Und seine Schwester!

      CHOR.

      Wehe! Wehe! Wehe!

      BEATRICE.

      O meine Mutter!

      ISABELLA.

      Ich erstaune – Redet!

      DON CESAR.