Sarah Glicker

You Belong To Me


Скачать книгу

doch gehe ich den letzten Schritt auf die Tür zu.

       „Aiden? Bist du das?“ Obwohl ich nicht glauben kann, dass er nichts sagen würde, klammert sich mein Innerstes doch an diese Hoffnung.

       Im nächsten Moment knallt etwas gegen das Holz und lässt es erzittern. Aus einem Reflex heraus weiche ich zurück. Wie sich herausstellt, genau im richtigen Moment, denn es kracht erneut und die Tür gibt nach. Sie schwingt auf und fliegt gegen die Wand dahinter. Der Anblick, der sich mir bietet, sorgt dafür, dass ich erstarre.

       Vor mir steht der Mann, der mich vor einer Woche bedroht hat. Seine Narbe an der Stirn und die kalten Augen würde ich überall erkennen.

       „Hier ist nicht Aiden“, presst er zwischen den Zähnen hervor.

       „Was wollen Sie von mir?“

       Meine Stimme klingt panisch, aber das ist mir egal. Ich bin froh, dass ich überhaupt einen Ton herausbekomme.

       „Du hast keine Ahnung, wer du bist, oder?“

       Da ich nicht weiß was all das zu bedeuten hat, schüttle ich nur den Kopf. Eine Weile ist es ruhig im Zimmer. Er betrachtet mich aufmerksam, während meine Sinne Flucht schreien. Doch er versperrt mir den Weg, sodass es mir nicht möglich ist, das Zimmer zu verlassen.

       Langsam kommt er näher und grinst mich dabei hinterhältig an.

       „Ich werde es dir gerne erklären. Sobald du es weißt, wirst du auch verstehen, wieso ich so lange gewartet habe.“ Er macht einen weiteren Schritt auf mich zu. Seine Gestalt ragt düster über mir empor.

       Als er nach mir greifen will, nutze ich den wenigen Platz, den er mir lässt, und weiche ihm aus.

       „Du willst also spielen?“ Seine Stimme ist scharf wie ein Messer. Sie hinterlässt unsichtbare Spuren in meinem Inneren und lässt mich erschaudern.

       „Ich will, dass Sie mich in Ruhe lassen!“, schreie ich ihn an.

       Sein Lachen ist heiser.

       Die angespannte Körperhaltung zeigt mir, dass es nur darauf wartet, dass ich mich ein weiteres Mal bewege. Er beobachtet mich wie ein Raubtier.

       „Hilfe!“, rufe ich so laut, wie es meine zittrige Stimme zulässt.

       „Das hättest du besser nicht gemacht“, raunt er und wirft mir einen wütenden Blick zu.

       Kaum hat er seinen Satz beendet, schmeißt er sich auf mich, sodass ich keine Zeit habe zu reagieren. Unsanft lande ich auf dem Boden und schlage mir dabei meinen Kopf an dem Bett von Hannah an. Es fällt mir schwer bei Bewusstsein zu bleiben, aber ich will es ihm nicht so einfach machen. Ich will wenigstens die Chance haben, mich zu verteidigen.

       Schreiend trete und schlage ich blind um mich. Ein paarmal treffe ich ihn, allerdings nicht hart genug, damit er von mir ablässt. Sein Knurren klingt gefährlich, sodass mein Wille, ihm zu entkommen, noch stärker wird. Ich werde mich von ihm nicht einschüchtern lassen. Immer wieder treffe ich ihn. Trotzdem lockert sich sein Griff an meiner Hüfte nicht.

       Eher das Gegenteil ist der Fall. Je mehr ich mich wehre, umso fester umschließt er mich. Meine Verzweiflung wächst mit jeder Sekunde, in der meine Kraft verschwindet. Ich könnte mir selber in den Hintern treten, weil ich Hannah nicht öfter in das Sportstudio begleitet habe.

       „Mom, hilf mir“, flüstere ich leise, als ich der Tatsache, dass er mich umbringen wird, nicht mehr ausweichen kann.

       Das Gesicht meiner Mutter taucht vor meinen Augen auf. Ich höre, wie sie mir immer wieder sagt, dass ich weiterkämpfen soll, aber ich habe keine Kraft mehr, um mich ihm noch länger zu widersetzen.

       Rittlings setzt er sich auf mich und schlägt mir ins Gesicht. Mein Kopf fliegt zur Seite und ich sehe Sterne vor mir.

       Als der Typ nach meinem Hals greifen will, wird er nach hinten und von mir weggezogen, während ich daliege und nach Luft schnappe. Mein Körper arbeitet gegen die Ohnmacht an, die mich überfallen will. Es dauert ein paar Sekunden, bis ich die Kraft aufbringen kann, um mich aufzurichten. Die Kopfschmerzen sorgen dafür, dass ich nur verschwommen sehen kann. Trotzdem erkenne ich, wie ein zweiter Mann meinen Angreifer gegen die Wand drückt. Seinen Arm drückt er gegen den Hals des Mannes, der mich umbringen wollte.

       Kurz habe ich die Hoffnung, dass der Typ in der Falle sitzt, doch er schafft es, sich zu befreien. Bevor der Neuankömmling reagieren kann, sprintet er aus dem Zimmer. Es geht alles so schnell, dass ich es gar nicht verarbeiten kann. Unter mir gibt mein Arm nach, sodass ich zurück auf den Boden sinke.

       „Sofia! Ist alles klar bei dir?“

       Es dauert ein paar Sekunden, bis ich die Stimme zuordnen kann. Aiden. Er blickt mich besorgt an, als er mit großen Schritten auf mich zukommt. Vorsichtig hebt er mich auf seine Arme und geht auf das Bett von Hannah zu. Nachdem er mich auf die weiche Matratze gesetzt hat, schließe ich meine Augen, wobei mir ein leises Stöhnen entfährt.

       „Mir tut jeder Knochen weh. Sogar die, von denen ich nicht einmal wusste, dass ich sie habe. Und mein Kopf fühlt sich an, als wäre gerade ein Zug über ihn hinweg gefahren. Aber soweit ich es beurteilen kann, ist nichts gebrochen“, antworte ich, nachdem ich eine Bestandsaufnahme meines Körpers durchgeführt habe.

       Langsam sinkt Augen vor mir auf die Knie. Seine rechte Hand umklammert meine Finger, während er mit der linken vorsichtig über meine Arme und meinen Hals fährt. Schließlich bleibt sie auf meiner Wange liegen. Genau auf der Stelle, die von dem Schlag noch immer brennt. Sanft streicht er darüber, während seine Augen meinen Körper abtasten.

       „Kanntest du ihn?“, unterbricht er die Stille, die sich nach dem Chaos über das Zimmer gelegt hat. Er spricht so friedlich, dass sich meine angeschlagenen Nerven ein wenig beruhigen, denn ich zittere am ganzen Körper und kann nichts dagegen tun.

       „Nein … Ja … Ach, ich weiß es selbst nicht“, flüstere ich seufzend und lasse meinen Kopf dabei in den Nacken fallen, um die verspannten Muskeln zu lösen. Als ich meinen Blick wieder zu Aiden senke, erkenne ich den fragenden Ausdruck in seinen Augen. Bevor ich es verhindern kann, erzähle ich ihm alles. Es fühlt sich komisch an, ausgerechnet ihn ins Vertrauen zu ziehen, aber genauso befreiend. Endlich kann ich jemandem von dieser Geschichte berichten.

       Ohne mich zu unterbrechen, hört er mir zu, bis ich schließlich zum Schluss komme. Jetzt, wo endlich alles heraus ist, kann ich besser atmen und bin ruhiger.

       Aiden lässt mich keine Sekunde aus den Augen, während er vor mir hockt. Seine Hände halte meine fest umklammert. So zeigt er mir, dass ich nicht alleine bin. In der Hoffnung, dass ich erfahre, was in seinem Kopf vor sich geht, betrachte ich den Ausdruck in seinem Gesicht, aber ich kann nicht erkennen, was er denkt.

       „Hey, es wird alles gut werden. Er ist weg und kann dir nichts mehr antun. Aber wieso hast du es mir nicht sofort gesagt?“, fragt er mich schließlich. Ich habe das Gefühl, als hätte ich mich verhört.

       „Was?“, kommt es mir leise über die Lippen.

       „Wieso hast du mich angelogen?“, wiederholt er seine Worte.

       „Wovon redest du?“ Auf meinem Gesicht macht sich ein verwirrter Ausdruck breit.

       „Als ich dich gefragt habe, ob etwas Schönes in dem Brief stand.“

       Langsam dämmert mir, worauf es hinauswill. Ein paar Minuten ist es ruhig zwischen uns. Wir lassen den jeweils anderen nicht aus den Augen.

       „Entschuldige, dass ich meine Lebensgeschichte nicht gleich jedem anvertraue, den ich zum ersten Mal sehe. Nicht einmal meine Freundin weiß darüber Bescheid.“

       Mir ist es egal, ob er mich gerettet hat, oder nicht. Er hat kein Recht dazu, mir deswegen ein schlechtes Gewissen zu machen.

       Aiden presst die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen. In der nächsten Sekunde schließt er die Augen und sammelt sich, bevor er mich wieder ansieht.

       „Ich meine das nicht böse.“ Seine Stimme hört sich nun nicht mehr vorwurfsvoll