Isabella Kniest

Right in your heart


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viel sich noch ändern möge, ich würde an seiner Seite bleiben. Ich hatte es ihm versprochen. Und noch nie war es mir so leicht gefallen, ein Versprechen einzuhalten, wie dasjenige, welches ich ihm gegeben hatte – im Auge des Terrors, im Schatten der Angst.

      Sein Lächeln verwandelte sich in ein schmutziges Grinsen. »Lust auf einen kleinen Kampf?«

      Glucksend ließ ich den Blick über den leeren Strand schweifen. »Vergiss es. Der Wind ist mir definitiv zu kalt.«

      Er trat hinter mich, schlang die Arme um meinen Oberkörper und raunte mir ins Ohr. »Aber hier ist niemand außer uns. Und sollten unerwartet Leute auftauchen – dort hinten im hohen Gras würde uns niemand vermuten.«

      Augenschließend und völlige Sicherheit empfindend lehnte ich mich an seine gestählte Brust.

      »Du kannst mich nicht überreden.«

      »Der Sand?«, ahnte er.

      »Der Sand.«

      »Damals hat er dich auch nicht gestört.«

      »Wer weiß … Womöglich hat er mich gestört, aber ich habe dir nichts gesagt.«

      Ein tiefes Kichern ließ mich erschauern.

      »Ist dir kalt, oder passiert das meinetwegen?«, kam es mit der alten seit den Sommermonaten kontinuierlich zunehmenden Schlagfertigkeit zurück.

      »Sowohl, als auch.« Meine Stimme war ein einziges Flüstern.

      Wie schön es war, endlich wieder unbeschwert herumzublödeln. In der Vergangenheit waren diese Zeiten viel zu kurz geraten. Lediglich kleine Lichtblicke hatten sie dargestellt, ehe über uns eine neue Katastrophe hereingebrochen war.

      »Dann gehen wir in unser Hotel zurück?«, holte er mich aus den Gedanken.

      »Und was machen wir da?«

      »Es so lange treiben, bis wir unsere Augen nicht mehr aufhalten können.«

      Eine schaurig-schöne Vorstellung.

      »Wie damals?«

      Er küsste mir den Nacken. »Exakt. Wie der Morgen danach … Darf ich dich wieder von hinten nehmen?«

      »Klar, sofern du es auf die Art machst wie an jenem Morgen, habe ich nicht die geringsten Einwände.«

      »Dann fangen wir mit einer heißen Dusche an, gehen darauf ins Bett über und zum Nachtisch können wir es ja einmal im Stehen machen … an der Minibar … Das Licht dort bringt deine Muskeln unglaublich schön zur Geltung.«

      Dieser Verrückte!

      »Du bist unmöglich«, säuselte ich und betrachtete die stürmische Ostsee.

      »Nein, ich bin lediglich gut … und du stehst drauf.«

      Ich drehte mich zu ihm um und fasste nach seiner Hand. »Gut, dann gehen wir, Sexgott.«

      Ein außerordentliches Grinsen trat in Erscheinung. »Mach dich auf was gefasst. Morgen kommst du erst gar nicht mehr aus dem Bett.« Er beugte sich zu mir, legte die Lippen auf meine. »Womöglich bringe ich dich sogar so weit, dass du für den restlichen Urlaub nicht mehr vernünftig gehen kannst.«

      Gleichermaßen schlagartig, wie er diese erotische Aussage ausgesprochen hatte, machte er einen heftigen Rückzieher – wie zu oft in den vergangenen Wochen geschehen. »Habe ich wohl nicht übertrieben? Du weißt, ich will dich damit in keiner Weise bedrängen.« Seine Miene spiegelte sich sekündlich vergrößernde Verzweiflung wider. »Du kennst mich ja – ich liebe es einfach, dir diese schmutzigen Sachen zuzuraunen.«

      »Das weiß ich doch!« Kopfschüttelnd schenkte ich ihm ein sanftes Lächeln. »Ich habe dir gesagt, es ist Ordnung … Du bist nicht sie.« Für einen Moment der Erinnerung fachte diese verdammte fürchterliche Angst auf. Zum Glück verschwand sie ebenso schnell. »Außerdem musste ich nie das durchmachen, was du durchgemacht hast.«

      »Ach, Kleine.« Behutsam umfasste er mein Gesicht, welches von meinen wehenden Haaren umspielt wurde. »Du sagst es mir andauernd … dennoch kommt es mir vor, es würde dir mehr ausmachen.«

      Ich legte meine Hände auf seine.

      Ja, es war schrecklich gewesen. Ja, ich hatte ein paar Wochen gebraucht … nun allerdings war dieses mich ständig begleitende beklemmende Gefühl verschwunden. Natürlich – Erinnerungen brachten mir diese Empfindungen zurück. Und doch konnte ich damit gut umgehen – genauso wie er es gelernt hatte, das Erlebte zu akzeptieren und mit seiner Vergangenheit abzuschließen.

      »Mit deiner Liebe … mit deiner Zärtlichkeit hast du mir meine Ängste schneller genommen, als ich es selbst jemals für möglich gehalten habe.«

      Diese von mir unendlich geliebte Unbeschwertheit begann seine kummervollen Züge aufzuhellen. »Wirklich? Es macht dir ernsthaft nichts mehr aus? Ich darf wirklich und ohne mir Sorgen zu machen, dir meine sexistischen Fantasien anvertrauen?«

      Ich nickte. »Sprich so schmutzig, wie du willst … du weißt, wie sehr mir das einheizt.«

      Damit entlockte ich ihm ein gigantisches Grinsen. »Na dann, auf ein Neues: Ich werde dich derart fertigmachen – du wirst den restlichen Urlaub nicht mehr aus den Federn kommen.« Er befeuchtete die Lippen – vermutlich vor sexueller Vorfreude, oder weil ihm etwas anderes Verruchtes eingefallen war. »Meinen Namen schreien … das war gestern, Kleine. Wenn ich dich dahin gebracht haben werde, wo ich dich haben will, wirst du erst gar nicht mehr schreien können.«

      »Na, das hoffe ich«, entgegnete ich kichernd und mit flirrenden Schmetterlingen im Bauch. »Nichts anderes erwarte ich mir von dir.«

      Als Antwort schlang er die muskulösen Arme um mich, presste mich an sich und schenkte mir einen leidenschaftlich wie zärtlichen Kuss, der mir selbst die winzigsten angedeuteten Sorgen der letzten Monate aus den Gedanken verbannte.

      »Du weißt aber schon«, murmelte ich ihm in den Mund. »Was du mir hier androhst, kann ich mit dir genauso machen – und ich werde es machen.«

      »O Scheiße, ja!« Er zog mich Richtung Hotel zurück. »Dann mach mich heute fertig. Mach mich so fertig, wie du willst …«

      Unser Gelächter wehte mit dem an Kraft zunehmenden Wind hinaus aufs Meer, über die mit schneeweißen Schaumkronen bestückten Wellen, welche sich höher und höher auftürmten.

      Und wie die Wellen anwuchsen, wuchsen in mir Hoffnung und Zuversicht für unsere Zukunft.

      Nun begann ein neues Leben.

      Ein Leben zu zweit. Ein Leben in Liebe.

      Zehn Monate zuvor

      Wenn man bedenkt, dass eine 9x19 Luger mit einer Geschwindigkeit von bis zu 580 Metern pro Sekunde auf ihr Ziel zurast, dabei eine Energie von bis zu 700 Joule aufbringt, kann ich es nicht nachvollziehen, weshalb gegenüber Männern vergleichsweise wenig Frauen eine Waffenbesitzkarte beantragen. Was gibt es denn bitte schön Besseres, als seinen Frust am Schießstand abzulassen – wie wild durch die Gegend zu ballern?

      »Volltreffer«, kommentierte Dan einen jeden einzelnen meiner Schüsse.

      Ich war äußerst lange nicht mehr beim Training gewesen.

      Wozu auch?

      In meiner Abteilung wurden gute Schießfähigkeiten ohnehin nicht sonderlich gebraucht.

      »Und noch einer.«

      Darüber hinaus kamen Einsätze mit aktivem Schusswaffengebrauch äußerst selten vor.

      »Noch ein Zehner.«

      In meinen Augenwinkeln durfte ich beobachten, wie mein Kollege seinen Lockenkopf sachte schüttelte. »Mann, Evina, wieso triffst du andauernd?«

      Es war schon eigenartig.

      Dan war mit Schusswaffen aufgewachsen. Sein Vater hatte