Isabella Kniest

Right in your heart


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einiger Zeit hatte sich Dan eine Smith & Wesson SW 1911 bestellt. Und .45 Patronen waren bekannterweise nicht eben günstig.

      »Okay. Abgemacht … Hast du deine Waffe eigentlich schon erhalten?«

      Er verneinte. »Erst nächste Woche. Verschärfte Einfuhrbestimmungen aufgrund anhaltender Terrorgefahr.«

      »Ahh, okay. Verstehe.«

      Ein weiteres Mal blickte ich auf meine Glock 17.

      Schön war etwas anderes.

      »Wann werden wir im Dienst wohl endlich unsere eigene Waffe tragen dürfen? In den USA ist das gang und gäbe.«

      Dan füllte sein Magazin auf. »In unserem Leben sicherlich nicht mehr.«

      »Weshalb überhaupt eine Glock? Die ist schlichtweg gemeingefährlich! Jedenfalls die Sache mit dem Verschluss. Einmal hätte ich mir beinahe den halben Daumen weggerissen.« Ich hielt die Mündung Richtung Zielscheibe, führte ein volles Magazin ein und betätigte den Verschlussfanghebel. Dann sicherte ich sie. »Diese Waffe ist absolut nichts für Anfänger. Obwohl jeder Depp das Gegenteil behauptet.«

      »Das stimmt, der Verschluss ist echt scheiße. Aber dafür gibt es verbreiterte Griffe.«

      »Die einem Mann mit vernünftigen Händen –« Ich besah die zierlichen Händchen meines ein Meter siebzig großen Kollegen und steckte meine Waffe in das rechte Holster. »Trotzdem nicht viel nützen würden.«

      »Hey!«, kam es beleidigt von der Seite. »Kritisierst du etwa gerade meine Körpergröße?« Theatralisch sicherte er seine Waffe und steckte sie weg. »Du kritisierst echt meine Körpergröße?«

      Dan und seine Komplexe!

      Weshalb regte er sich eigentlich auf?

      Er war mit einer wunderschönen Frau verheiratet, die ihm zwei Kinder geschenkt hatte. Daneben besaß er ein schickes Massivhaus mit zweitausend Quadratmetern Grund sowie einen beheizten Pool. Da brauchte er sich wahrhaftig nicht über irgendwelche unbedeutenden Äußerlichkeiten aufzuregen.

      Zumal großgewachsene Männer heutzutage Mangelware darstellten.

      »Nun.« Ich überlegte absichtlich lange. »Nein, eigentlich nicht. Ich stelle hier ausschließlich eine Tatsache fest.«

      »Ja, sicher doch!«, presste er sichtlich pikiert hervor. »Was sonst!«

      Ich verkniff mir ein Grinsen. »Sei keine Muschi.«

      »Dann kritisiere mich nicht.«

      Ich stieß einen gut hörbaren Seufzer aus. »Das ist aber Fakt! Du bist zierlicher. Deshalb kommst du mit der Glock super zurecht. Wenn jedoch ein Mann mit einer vernünftigen Körpergröße … sagen wir einmal über die eins achtzig – ein solches Ding in die Hand nimmt, ist sie verschwunden und die Haut zwischen Daumen und Zeigefinger mit ziemlicher Sicherheit weggerissen.«

      Dan krauste die Stirn. »Dann sollen sich diese Adonise doch eine CZ besorgen.«

      »Und damit wären wir wieder beim eigentlichen Thema: Ich will endlich meine eigene Waffe benutzen!«

      Er griff nach seiner auf der Garderobe hängenden Jacke. »Deine Wilson?«

      Ich nickte. »Ja. Sie liegt super in der Hand.«

      »Kostet aber auch eine Stange.«

      Die Schulter zuckend zog ich mir meine Lederjacke über und steuerte die Tür an. »Dafür steht sie für Qualität.«

      »Hey! Warte Mal!«

      Ich drehte mich zu ihm um.

      »Was ist mit der Zielscheibe?«

      »Die wechselst du aus.«

      »Du hast mich aber beleidigt«, gab er angenervt zurück.

      »Und du hast damit angefangen. Außerdem muss ich heute pünktlich zu Hause sein.«

      Verdruss wich Verständnis. »Ach ja, dein erster Urlaub seit …?«

      »Seitdem ich zum Arbeiten angefangen habe«, beendete ich seinen Satz. »Morgen um diese Zeit stecke ich die Füße in den weißen Sand und schlürfe irgendwelche Sundowner.«

      Mein Kollege seufzte. »Das erinnert mich an meine Flitterwochen.«

      O Gott!

      Jetzt fing er neuerlich mit diesem romantischen Gesülze an!

      Ehe ich ihm etwas Schnippisches an den Kopf werfen konnte, härtete sich seine Miene. »Evina.«

      »Ja?«

      »Du weißt bestimmt noch, was du über einen Partner gesagt hast, oder?«

      »Wie … was?« Ich runzelte die Stirn. »Was meinst du?«

      »Tu nicht so! Du sagtest zu mir, wenn du jemanden triffst, bei dem du dir hundertprozentig sicher bist, lässt du diesen Mann nie mehr los.«

      O Mann …

      Ja, das hatte ich ihm einmal in einer meiner seltenen schwachen Stunden meines Lebens erzählt – nämlich nach drei Gläsern Whiskey, um genau zu sein.

      »Worauf willst du hinaus?«

      »Du hast das ernst gemeint … also lass dich dann auch echt darauf ein.«

      Ich drehte mich einmal im Kreis. »Bisher habe ich niemanden gefunden. Oder siehst du hier jemanden, der zu mir passt?«

      Seine Lippen formten ein breites Grinsen. »Nun, vielleicht im Urlaub?«

      »Ja, sicher. Ganz bestimmt!« Kopfschüttelnd drückte ich die Türschnalle hinunter.

      »Na, ist schon gut«, entgegnete Dan kichernd. »Schönen Urlaub. Und bring mir irgendetwas mit.«

      Zum Abschied warf ich ihm mein glückseligstes Lächeln hin – und er rief mir schnell zu: »Wenn du einen alleinstehenden Mann auf diese Weise anlächelst, kannst du dir sicher sein, von demjenigen sofort geheiratet zu werden.«

      Auf diesen Schwachsinn erwiderte ich erst gar nichts mehr, sondern tat das einzig Richtige: Ich eilte zu meinem Spind.

      Die Malediven.

      Wie lange hatte ich für diesen Urlaub gespart?

      Jahre. Ernsthaft. Jahre.

      Und nun war es endlich so weit! In zwei Stunden ging mein Flug. Meine Koffer gepackt hatte ich bereits gestern. Jetzt musste ich bloß vernünftig essen, mich kurz runterduschen, das Handgepäck zurechtlegen – und es konnte losgehen.

      Die schwarze Tasche umgehängt und mich bei den restlichen Kollegen verabschiedet, die sich bezüglich mangelnder Arbeit im Kaffeezimmer eine kleine Pause genehmigten, trat ich aus dem weiß gestrichenen Gebäude – und atmete die kalte Januarluft tief ein.

      Sie roch metallisch und schwer.

      Die Nacht hatte sich längst über das Land gelegt. Sterne sah ich bedauerlicherweise keine. Diese wurden von dichten Schneewolken verdeckt. Das aufgeregte Bellen eines in der Nachbarschaft wohnenden Hundes wurde zum Teil vom Lärm der überdurchschnittlich viel befahrenen, aber einzigen Hauptstraße dieses langweiligen Kaffs verschluckt.

      Eine Welle Vorfreude verdrängte meinen restlichen Frust und brachte meine Beine in Bewegung.

      Fünf Tage Sommer, Sonne, Strand und Meer.

      Und erst die daraus resultierenden Urlaubsfotos! Wie sehr freute ich mich, das kristallklare Wasser, den weißen Sandstrand und die kleinen ins Meer gebauten Bungalows zu fotografieren!

      Ich öffnete meinen Wagen, einen schwarzen Honda Civic aus Neunzehnhundertsechsundneunzig, warf die Tasche auf den Beifahrersitz und startete den laufruhigen 1,6 Liter Ottomotor.

      Nahezu geräuschlos fuhr ich aus der Einfahrt Richtung Bank.

      Ich brauchte etwas Bargeld. Zwar würde ich auf der Insel überwiegend mit Kreditkarte bezahlen, darüber