Isabella Kniest

Right in your heart


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haben.

      Womöglich verlor ich meine Kreditkarte, oder sie wurde kaputt. Vielleicht musste ich sogar eine Übernachtung aufgrund unerwarteter Wetterturbulenzen in Wien oder Deutschland in Kauf nehmen. Im Januar stellten Schneestürme und Kälteeinbrüche schließlich keine Seltenheit dar.

      Sicher war sicher. Im Leben musste man auf alle Eventualitäten vorbereitet sein – speziell in meinem Job.

      Ich parkte neben der Filiale und stieg aus.

      Fühlte sich der Sandstrand auf den Malediven genauso an wie in Italien? War er grober, feiner, fester, leichter?

      Mit meiner Brieftasche in den Händen betrat ich das Geldinstitut.

      Ein fünfundzwanzigjähriger schwarzhaariger und äußerst fleißiger Bankangestellter Namens Sandro grüßte mich fröhlich.

      Er schob wohl wieder Überstunden.

      Braver Junge.

      Er war der Einzige der Bank-Sippe, welcher beinahe jeden Tag bis spät in die Nacht schuftete.

      »Sag mir mal, Sandro …« Ich schob die Bankkarte in den Geldautomaten. »Wie gelingt es dir eigentlich, ständig so gut drauf zu sein und trotzdem dermaßen viel zu arbeiten?«

      »Ich hab eine nette Freundin.«

      Ich atmete hörbar aus.

      Was hatte alle Welt mit diesem Beziehungsscheiß?

      Ich musste froh sein, alleine zu leben. Kein Stress, keine Putzerei, kein Wäschewaschen, kein Fremdgehen …

      O ja! Und keine üblen Launen, die durch die männliche Ansicht entstand, ich würde nie Lust auf Sex haben.

      »Mir können Männer gestohlen bleiben!« Ich tippte den Code ein. »Alleine lebt es sich bedeutend leichter.«

      »Wenn du den Richtigen triffst«, kam es schlagfertig zurück. »Wirst du deine Meinung ändern, glaub’s mir.«

      Und mir wurde es neuerlich übel, zudem begann mein Schädel zu brummen.

      Hatten heutzutage allesamt die Weisheit mit Löffeln gefressen, oder was?

      »Ich bleibe alleine. Das kannst du mir glauben.« Ich wählte fünfhundert Euro an und das Gerät begann zu arbeiten. Nach einigen Sekunden wurden fünf Einhunderter-Scheine aus einem kleinen unter dem Bildschirm befindlichen Schlitz herausgeschoben.

      »Und, wann fliegst du weg?«

      Ich steckte das Geld in die Brieftasche und blickte zu dem hoffnungsfrohen Romeo. »Noch heute.«

      Er warf mir ein breites Lächeln zu. »Na, dann wünsche ich dir viel Spaß und Erholung … Und vielleicht triffst du dort ja jemanden.«

      Innerlich schnitt ich eine Grimasse.

      Es wurde schlimmer und schlimmer …

      »Ich treffe gar keinen. Dafür werde ich schon sorgen!«

      Sein Lächeln verwandelte sich in ein Grinsen. »Du wirst dich echt nie ändern.«

      »Natürlich nicht. Was hast du denn erwartet?«

      »Einen Sinneswandel.« Sein Unverständnis drückte er durch ein nahezu unmerkliches Kopfschütteln aus. »Man kann nicht ewig alleine bleiben.«

      »Ich bin zweiunddreißig!«, gab ich schroff zurück und trat zum Tresen. »Nicht sechzig! … Ich bin keine alte Oma. Außerdem fehlen dir über zehn Jahre Lebenserfahrung, um derlei Meldungen zu schieben. Deshalb glaub mir, wenn ich dir sage: Man kann lediglich alleine glücklich werden.«

      »Ich verstehe dich doch«, versuchte Sandro im entschuldigenden Tonfall zu beruhigen. »Dessen ungeachtet ist das Leben viel schöner, wenn man einen Partner hat. Jemand, mit dem man gemeinsam Dinge unternimmt – seine Freizeit verbringt. Das braucht jeder. Sogar du!«

      »Nein. Solche Dinge brauchen bestenfalls Muschis.«

      »Hey! Ich bin keine Muschi!«

      »Hier Anwesende ausgeschlossen«, fügte ich augenrollend hinzu.

      »Nope.« Er mutete richtig angefressen an. »Das lasse ich dir nicht durchgehen!« Für einen Augenblick hielt er inne. »… Außer, du reagierst so frustriert, weil du unausgeglichen bist.« Damit formten seine Lippen ein neues breites Grinsen, welches ich ihm am liebsten aus seiner geschniegelten Visage geschlagen hätte.

      Anstatt die Nerven zu verlieren, steckte ich die Autoschlüssel in die Hosentasche. »Du meinst wohl etwas Ähnliches wie Sex, oder?«

      Sandro schnippte mit den Fingern. »Ganz genau!«

      Ein frustriertes Grummeln drang aus meinem Mund. »Denkt eigentlich die ganze Ortschaft, ich sei sexuell frustriert, oder wie?«

      »Wie kommst du denn darauf?« Sandro klang ernsthaft überrascht, sein anwachsendes Feixen strafte sein Schauspiel jedoch Lügen.

      »Ihr seid alle total bescheuert. Ernsthaft!« Dies kundgetan, setzte ich an, mich Richtung Ausgang zu begeben. Da betrat eine vermummte Person die Filiale – vom Körperbau her höchstwahrscheinlich ein Mann – mit einer Pistole in der Hand, welche er selbstredend auf mich richtete.

      Ganz klasse!

      Echt Super!

      Es wurde immer besser heute …

      Und von einer Sekunde auf die andere kippte mein Schalter um. Dies bedeutete im Detail: Sämtliche unwichtigen Dinge wurden ausgeblendet, mein Gefühl wurde auf ein soziopathisches Niveau heruntergeschraubt und mein beschleunigter Herzschlag sowie meine erhöhte Atemfrequenz verringerten sich. Dadurch hielt sich mein Körper davon ab, in einen Ausnahmezustand zu verfallen. Hyperventilation hätte mir in einer solchen Situation nämlich wenig unterstützt.

      »Auf den Boden, oder ich knall dich ab!«, brüllte der Saftsack mit leicht slawischem Akzent und fuchtelte mit der Waffe wild durch die Luft.

      Dabei erhaschte ich einen Blick auf seinen Finger, welchen er einen Tick zu fest auf dem Abzug hielt.

      Glock 17, Gen 4. Gesicherte Waffe.

      Sehr interessant.

      »Hey, Pussy! Auf den Boden, habe ich gesagt!«

      Offensichtlich war der Pseudo-Bankräuber ein wenig nervös.

      Ich fasste nach der Dienstwaffe unter meiner Lederjacke und entsicherte sie, währenddessen ich sie auf den Kerl richtete. »Jetzt legst du dich auf den Boden, Muschi, oder ich vergesse mich.«

      Es trat eine Pause ein.

      Die Sekunden vergingen und vergingen.

      Der Sack machte weiterhin keine Anstalten, meinen Anweisungen Folge zu leisten.

      Damit wurde ich wütend.

      Richtig wütend.

      Unheimlich wütend.

      Als wäre dieser Tag nicht stressig genug gewesen. Als hätte ich mir nicht genügend dumme Sprüche anhören müssen!

      Und nun sollte ich überdies meinen Flieger verpassen – aus dem einzigen Grund, weil ein verfickter Balkan-Vollidiot glaubte, er könne eine Bank ausrauben … in meinem Kaff, in meiner Freizeit, und bei einem überstundenschiebenden Sandro?!

      »Hey, Fucker!« Ich nahm des Balkan-Depps Brustkorb ins Visier. »Willst du mir echt den Tag versauen? … Ja? Echt?« Langsam drückte ich den Abzug durch. »Dann tu es. Versau mir meine ersten Urlaubsstunden … dann versau ich dir dein Leben.«

      Seine Hand fing zu zittern an.

      Ich bemerkte eine Bewegung seines Daumens.

      Ein brachialer Stoß Adrenalin jagte mir in die Blutbahn.

      Die Waffe war scharf.

      Sollte ich abdrücken? Ihm direkt ins Herz schießen?

      Der darauffolgende elendige Papierkram hätte mir meinen Urlaub komplett