Isabella Kniest

Right in your heart


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sobald die Herren der Schöpfung riefen.

      Nein, mit mir nicht, Freunde! Mit mir nicht. Nie mehr!

      Ich packte den Trolley aus und startete die Canon EOS 5D Mark III.

      Fotos.

      Eine Fotosession würde mich auf andere Gedanken bringen. Das hatte bislang immer geholfen.

      In der deutschen Botschaft in Dubai.

      Gelaber. Andauernd dieses gottverdammte, diplomatische, schleimige Gelaber! Das linke Bein auf dem rechten Oberschenkel gelagert, fuhr sich Theo durchs kastanienbraune Haar, welches sich durch zu wenig Gel und zu viel Luftfeuchtigkeit allmählich zu locken begann. Wie er das hasste! Und diese gottverdammte Hitze – der er im klimatisierten Büro des deutschen Botschafters zum Glück für eine kurze Zeit entfliehen durfte.

      Unauffällig lockerte er die Krawatte.

      Bedeutend lieber hätte er das schwarze Leinenhemd getragen.

      Seine Gedanken schweiften zurück zu dem kleinen Spießrutenlauf quer durch die pulsierende Stadt Dubais. Dreimal das Taxi gewechselt (zweimal hatte sich dieser idiotische Fahrer verfahren!) und drei verschiedene Einkaufszentren aufgesucht, um durch Hinterausgänge in stark frequentierte Gassen unterzutauchen, ehe er letztendlich verschwitzt und erschöpft in der Botschaft eingetroffen war.

      Eine einzige Tortur war das gewesen! Eine einzige Tortur. Und die ganzen Mühen lediglich aufgrund verfickter Terroristen … und eines bescheuerten Berichts.

      »Ja, das war ein außerordentliches Manöver!«

      Der Schlipsträger mit der dunklen Hornbrille und den Schweinsaugen laberte seit einer halben Stunde mit seinem Boss im BKA in Berlin.

      Erst ging es um das typisch diplomatische Geplapper, dann um gewisse Kleinigkeiten, denen man in Zukunft mehr Beachtung schenken musste, – wollte sich Theo mit der Justiz nicht ernsthafte Probleme einhandeln – und schließlich erklangen die Lobeshymnen.

      Theo vermutete, dass sein Boss dem Diplomaten auf seine typisch sarkastisch-intellektuelle Weise nähergebracht hatte, was es bedeutete, in der Abteilung für Terrorismusbekämpfung zu arbeiten, und wie schwer es war, die Regeln einzuhalten, sich dem Gesetz und dem Protokoll zu beugen, wenn – sagen wir einmal – durchgeknallte, aber vor allem radikalisierte Muslime oder anderer Abschaum dir an den Kragen wollten.

      »Selbstverständlich«, schleimte der Botschafter. »Ich kann nicht in Worte fassen, wie dankbar die arabische Regierung Ihnen und Ihrer Abteilung ist. Herr Böhm hat ausgezeichnete Arbeit geleistet.«

      Natürlich hatte er ausgezeichnete Arbeit geleistet! Schließlich machte er seinen Job immer gut! Er war besser als die restlichen Luschen seiner Abteilung!

      Theo lehnte sich zurück und betrachtete sich in der spiegelnden drei Meter hohen wie breiten, mit bunten Mosaiksteinchen verzierten Wandverglasung.

      Obzwar er den schwarzen Anzug nicht ausstand, musste er sich eingestehen, verdammt gut darin auszusehen.

      Und das Wichtigste: Die Frauen standen drauf.

      »Ich bin Ihnen natürlich ebenfalls zum Dank verpflichtet«, sprach der Lackaffe übertrieben freundlich in den schwarzen Hörer.

      Wie lange hatte der Botschafter geübt, um dermaßen speichelleckermäßig zu klingen?

      Wahrscheinlich gab es da einen Kurs, den ein jeder politisch-motivierte Sack erfolgreich ablegen musste, ehe dieser irgendein Amt antreten durfte – hörten sich diese Typen doch allesamt gleich an. Selbst Mimik und Gestik erschienen ident.

      Angewidert widmete sich Theo wieder seinem Spiegelbild.

      Verdammt, diese verfluchten Locken!

      Seitdem er zu denken in der Lage war, verabscheute er sie.

      Im Laufe der Jahre hatten sie sich zum Glück ein wenig verändert. Hatte er anfangs noch wie David Hasselhoff ausgesehen – und das war wahrhaftig eine einzige Qual gewesen! – zeigte sein Haupthaar nun leichte Wellen mit vereinzelten großzügigen Locken, nicht diese Korkenzieherlocken, die ihn an griechische Gottheiten erinnerten.

      Er bekam das Grausen.

      Seine Mutter hatte seine Locken heiß geliebt, dementsprechend selten war sein Haar geschnitten worden. Das wiederum hatte Theo zum Gespött der gesamten Schule gemacht.

      »Na Rapunzel … hey Tarzan … seht mal, da kommt Schmachtlocke.«

      Verfluchte Rotznasen!

      Wenigstens seine Mutter hatte ihm einen netteren Kosenamen verpasst: mein kleiner Engel.

      Er musste lächeln.

      Wenn sie wüsste, wie viele Frauen dieser kleine Engel bereits flachgelegt hatte, und in den nächsten Tagen noch würde …

      Dubai.

      Heiße Nächte. Geile Bräute. Exklusive Hotels.

      Wenn er schon hier war, konnte er sich zumindest ein paar hübsche dunkle Frauen aufreißen. Konträr dazu verbot der muslimische Glaube alles, was Spaß machte. Das hatte er während seines allerersten Einsatzes vor zwei Wochen auf amüsante Weise erfahren müssen.

      Eine wunderschöne junge Frau mit anständigen Kurven, dunklen Augen und vollen Lippen hatte ihn für den Bruchteil einer Sekunde angeblickt – und er selbstverständlich packte die Gelegenheit beim Schopf und sprach sie an.

      Und damit ging’s los: Erstens verstand sie kein Englisch, genauso wenig Französisch und noch weniger Deutsch oder Italienisch, zweitens wurde er von einem ziemlich behaarten und fetten Typen angelabert, der, wie sich später herausstellte, der zukünftige Ehemann des heißen Fegers werden sollte.

      Das würde er nie verstehen. Weshalb wurden die hübschesten Frauen stets mit den hässlichsten Typen verheiratet?

      Wie auch immer.

      Fetti war von seinem Flirtversuch logischerweise nicht eben begeistert. Aufgrund dessen – und vermutlich bezüglich irgendwelcher Ehrenkodexe oder eines Ramadanblödsinns – wollte dieser ihm seine Grenzen aufzeigen, indem er und seine drei Cousins oder Brüder – ganz genau wusste Theo das nicht, jedoch ähnelten diese ekelhaften Typen sich wie ein Ei dem anderen – fluchend und mit erhobenen Fäusten auf ihn losgingen.

      Nun, Theo reagierte selbstredend diplomatisch: Er nahm die Beine in die Hand. Obwohl er einem guten Kampf üblicherweise ebenso wenig widerstehen konnte wie einer hübschen Frau, war Rückzug in dieser Situation die einzig vernünftige Entscheidung gewesen, hätte ihm eine Schlägerei bestenfalls strafrechtliche und dienstliche Konsequenzen eingehandelt.

      Er hätte auf seinen Kollegen hören sollen.

      Und dennoch, diese dunkelhaarige Schönheit hätte er gerne vernascht.

      Die Sprachbarriere wäre sogar zu etwas zunutze gewesen! Damit hätte er sich eine Menge hohles und kitschig-romantisches Gelaber seinerseits wie Vorwürfe, Kritik und/oder uninteressantes zum Besten gebendes Allgemeinwissen ihrerseits erspart. Lediglich eine heiße Nacht und kein Wiedersehen – keine Verpflichtungen, keine Dramen, keine Sorgen.

      Besser ging’s doch gar nicht!

      »Natürlich. Ich werde es dem Scheich mit Geneigtheit ausrichten.«

      Worum ging es jetzt wohl wieder? Bestechungsgelder für billigeres Öl?

      Theos Blick wanderte zu der mächtigen bauchigen dunkelroten Vase, welche sich selbstbewusst in der linken Ecke des bestimmt siebzig Quadratmeter großen Büros präsentierte.

      Ein teures Machwerk irgendeines durchgeknallten Künstlers?

      Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit.

      Er schaute etwas genauer hin. Irgendwie erinnerte diese ihn an den roten Topf, bepflanzt mit der Amaryllis, welchen er seiner nunmehrigen Ex-Frau zu ihrem ersten Jahrestag geschenkt hatte.

      Mann,