Isabella Kniest

Right in your heart


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… oder irgendeine andere hochpreisige Aufmerksamkeit.

      Gut, sein Gehalt war nicht der Schlechteste, allerdings bedeutete das nicht automatisch, zu den Top Ten Verdienern Deutschlands zu zählen.

      Weshalb wollten Weiber andauernd das Teuerste vom Teuersten? Konnten die nicht einmal mit einer Kleinigkeit zufrieden sein?

      Darüber hinaus hatte er ihr ständig Geschenke mitgebracht: Blumen, Schokolade, Kinotickets … und das gänzlich ohne spezielle Anlässe.

      Also, was wollte sie denn noch?

      Er fuhr sich durchs Haar.

      …

      Ein Kind, schoss es ihm in den Sinn. Ja, stets hatte sie sich ein Kind gewünscht. Bloß konnte er es sich absolut nicht vorstellen, ein liebender Vater zu werden. Zumal ihn sein Beruf ständig zum Reisen verpflichtete.

      Er schloss die Lider.

      Dieses gottverdammte Kindthema war eine einzige Qual gewesen!

      Jedes Mal, wenn er nach einem anstrengenden Auftrag nach Hause gekommen war, hatte sie ihm mit diesem Quatsch in den Ohren gelegen.

      Ein Beispiel gefällig?

      »Ich will ein Kind. Mach mir ein Kind. Ich will nicht länger alleine zu Hause rumhocken, während du durch die Weltgeschichte tingelst. Ich brauchte eine Aufgabe. Eine Frau braucht ein Kind!«

      Monatelang ging es auf diese Tour durch. Solchermaßen lange, bis er ihr Folgendes vorgeschlagen hatte: »Besorge dir einen Hund. Dann musst du Gassi gehen, mit ihm spielen und ihn füttern. Da hast du grundsätzlich die gleiche Verantwortung zu tragen wie mit einem Kind.«

      Zu seinem Pech war sie über diesen Vergleich nicht so erbaut gewesen, wie er sich dies erhofft hatte.

      Nun gut, er musste zugeben, es hatte wohl ein wenig hart geklungen …

      Dennoch … es stimmte!

      Weshalb ein Kind? Dermaßen viel Verantwortung! Nachwuchs machte man sich nicht angesichts möglicher Langeweile! Ein Kind klebte dir bis zu deinem Lebensende am Arsch! Wieso begriffen diese dummen Puten das nicht?

      Tja, letzten Endes brachte sie ihren Willen trotzdem durch, indem sie schlichtweg – und ohne sein Wissen oder Einverständnis – die Pille abgesetzt hatte.

      »Ich bin schwanger«, hatte sie in den Hörer geflötet.

      Diese Erinnerung entfesselte ihm selbst jetzt einen eisigen Schauer.

      Und kein halbes Jahr später waren sie getrennte Leute gewesen.

      Er überlegte.

      Wie alt war sein Sohn jetzt? Vier? Fünf? Er wusste es nicht – und es interessierte ihn nicht. Schließlich wollte Mara keinen Kontakt mit ihm, genauso wenig wie Unterhalt.

      Ihm war es sehr recht. Er verabscheute Verpflichtungen.

      Alle zwei Wochen einen Hosenscheißer besuchen und die heile Familienwelt vorspielen konnte er sich ohnehin nicht vorstellen. Er wollte frei sein – und das war er nun. Seit über drei Jahre.

      Jeder Tag ein einziger Genuss.

      Dachte er da an seine Ehe zurück, fragte er sich immer öfter, weshalb er sich auf diesen Quatsch eingelassen hatte.

      Weil sämtliche seiner Kollegen verheiratet waren? Weil Mara seine Hemden gebügelt hatte? Weil der Sex geil war?

      Nein.

      Weil er ein einziger Idiot gewesen war! Weil er aufgrund einer bescheuerten Mini-Midlife-Crisis ausgelöst durch seinen dreißigsten Geburtstag die nackte Panik ereilt hatte. Damals hatte er ernsthaft vermutet, sein Leben wäre vorbei – mit den Frauen wäre es vorbei. Hätte er bloß gewusst, dass seine besten Jahre erst vor ihm lagen! Er hätte sich niemals auf eine Ehe eingelassen.

      Klar, sie hatten eine schöne Zeit verbracht. Mara war hübsch, experimentierfreudig im Bett – sofern sie denn einmal Lust hatte, wohl angemerkt – und kümmerte sich vorbildlich um den Haushalt. Ansonsten lebten sie in zwei verschiedenen Welten: Sie träumte von einem Ehemann, der jedes Wochenende zu Hause verweilte und mit Kind und Kegel in den Park fuhr, um Picknicks abzuhalten. Er dagegen wollte eine Frau, auf die er sich verlassen konnte. Eine Frau, die hinter ihm stand und an der auch er sich lehnen durfte, wenn es ihm schlecht ging. Ein Kumpel, mit dem man die Höhen und Tiefen des Lebens bestritt.

      Dass seine Ex-Frau lediglich das Hausmütterchen spielen wollte, wäre noch irgendwo verkraftbar gewesen, wogen die Vorteile, die sich dadurch ergaben, relativ hoch: ein warmes Essen auf dem Tisch, frisch gewaschene Wäsche und eine saubere Wohnung. Anders wurde es, wenn sie ihm mit dem ewig gleichen Palaver in den Ohren lag: »Du hast keine Zeit, du bist nie da, du willst nur Sex, du hörst nicht zu, du willst keine Kinder, du, du, du …«

      Und was hasste er mehr als Vorwürfe? Exakt! Klagende, frustrierte, fremdgehende Weiber.

      Betrogen.

      Nach drei Jahren Ehe betrogen.

      Das war wie ein Schlag ins Gesicht gewesen.

      War das Kind bereits ein Schock … doch ihn zu allem Überfluss betrügen – ja, das schmerzte.

      Wahnsinnig.

      Zugegeben, sie hatten keine Bilderbuchehe geführt, aber ihn deshalb betrügen? Wenn sie es leid war, sich mit ihm herumzuplagen, weshalb hatte sie nicht einfach die Scheidung eingereicht?

      Aber das i-Tüpfelchen folgte erst: Ein Versicherungsvertreter! Ein gottverdammter Versicherungsvertreter seiner Hausbank hatte sie gefickt!

      Der schiere Gedanke daran entfachte in ihm eine leichte Übelkeit.

      Erst regte sie sich auf, er wolle zu viel Sex – und dann ging sie ihm fremd!

      Verstehe einer die Weiber!

      Seufzend lehnte er sich zurück, die Hände hinter dem Kopf verschränkt.

      Es stimmte zwar, in seiner Sturm- und Drangphase hatte er nichts anbrennen lassen – wahrhaftig gar nichts. Eines hatte und würde er jedoch niemals tun: Seine Partnerin betrügen. War er in einer Beziehung, gab es keine anderen Frauen. Punkt. Das hatte schlichtweg etwas mit Respekt und Anstand zu tun.

      Ginge es ihm um reinen Sex, ließe er sich schließlich erst gar nicht auf eine Beziehung ein. Dann lebte er wie jetzt: frei und ungebunden.

      »Ich werde Ihnen die restlichen Bescheide per Mail zukommen lassen«, riss der Botschafter ihn aus seinen Gedanken.

      Nun, wie auch immer. Was geschehen war, war geschehen. Jetzt genoss er sein Leben. Und wie! Jeden Tag eine andere Frau … Alleine in Dubai musste er ernsthaft aufpassen. Die Gepflogenheiten dieses Landes waren ihm einfach noch zu unbekannt.

      Zugegebenermaßen hatte sein Kollege John ihm vor der Kulisse nackt tanzender Weiber und zwischen einigen wohlschmeckenden Whiskeys einen kurzen Überblick verschafft. Bedauerlicherweise war ihm von diesem Briefing nichts in Erinnerungen geblieben, außer ein paar arabische Beleidigungen und das sexy Dekolleté einer rassigen Brasilianerin.

      Aber wer konnte auch ahnen, dass er ein zweites Mal hierher beordert werden würde? Zu seinen Aufgabengebieten zählten üblicherweise die USA und Europa.

      »Ja, ich werde es ihm ausrichten.«

      Theo richtete seine Aufmerksamkeit zurück zum Botschafter, der noch ein paar Mal nickte, ehe dieser endlich den Hörer auflegte.

      »Sie haben hervorragende Arbeit geleistet«, wiederholte dieser zuckersüß. »Und ich bedaure die Unterbrechung Ihres Urlaubs zutiefst.«

      Du kannst mich mal am Arsch lecken, dachte er und warf dem Heini ein unverbindliches antrainiertes Lächeln zu. »Ist schon in Ordnung. So ist das nun mal, wenn man für Interpol arbeitet, nicht wahr?«

      Ich hätte ein ganz gewöhnlicher Polizist bleiben sollen. Keine verkackten Aufträge am anderen Ende der Welt, keine Urlaubsunterbrechungen, keine Idioten, die einem den Kopf wegschießen wollen. Vielleicht wäre mir dann