Sarah Glicker

Love Against The Rules


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Noch nie bin ich in so eine Lage geraten. Mein Vater hat mir zwar gesagt, wie ich mich verhalten soll, aber das ist schon so lange her und ich weiß gerade nicht, wo mir der Kopf steht. Doch bevor ich noch einen Versuch unternehmen kann, ihnen zu entkommen, spüre ich wieder dieses Kribbeln in meinem Bauch. Ich brauche ihn nicht zu sehen, sondern weiß sofort, dass er in meiner Nähe ist. Mein Körper reagiert genauso auf ihn, wie es vorhin schon der Fall gewesen ist.

       Dann erkenne ich aus dem Augenwinkel, wie sich eine große Gestalt aus dem Schatten der umher tanzenden Lichter löst und auf uns zukommt. Ich drehe meinen Kopf zu Jayden und sehe, dass er den Mann, der mich immer noch an sich gezogen festhält, wütend anblickt.

       „Nimm deine Finger von ihr“, warnt er mit ruhiger, aber bedrohlicher Stimme. Trotz der Lautstärke im Club verfehlt sie ihre Wirkung nicht. Die Sanftheit, die auf der Tanzfläche noch vor ihm ausging, ist nun verschwunden.

       „Wieso sollte ich das machen?“

       „Sie gehört zu mir.“ Bei diesen Worten vermehren sich die Schmetterlinge in meinem Bauch. „Und sollte sie auch nur einen einzigen blauen Fleck bekommen, wird es für dich sehr unangenehm!“

       Ich weiß, dass er das gesagt hat, um dem Typen klarzumachen, dass er mich in Ruhe lassen soll. Trotzdem haben diese Wörter eine Wirkung auf mich, die mich unruhig werden lässt. Ich erschauere am ganzen Körper und spüre, wie meine Brustwarzen sich beim Klang seiner gefährlichen Stimme aufrichten.

       Der Typ hält mich immer noch fest, lockert aber seinen Griff, sodass ich wenigstens keine Schmerzen mehr habe. Dabei lässt er Jayden nicht aus den Augen, bis der noch näher kommt. Schließlich lässt er mich doch los und tritt einen Schritt zurück. Hinter Jayden erscheint ein weiterer Mann, der die beiden Männer bestimmt in die Richtung des Ausgangs führt. Ich weiß nicht, wer er ist, doch ich bin ihm dankbar dafür.

       „Ich bin gleich wieder da“, verkündet Lisa und verschwindet, nachdem es einige Sekunden ruhig zwischen uns war. Im Stillen danke ich ihr dafür, dass sie uns alleine lässt.

       Ohne zu zögern kommt Jayden zu mir und legt seine Arme beschützend um mich. Erst jetzt merke ich, dass ich am ganzen Körper zittere. Beruhigend streicht er mir über den Rücken.

       „Ist alles in Ordnung?“, fragt er mich nun wieder mit sanfter Stimme.

       „Ja, es ist alles wieder in Ordnung.“

       „Die beiden waren heute das letzte Mal in einem meiner Clubs. Männer, die Frauen belästigen, haben hier nichts zu suchen. Egal, ob sie betrunken sind oder nicht. So etwas dulde ich nicht.“

       „Mir ist nichts passiert“, versuche ich, ihn nun zu beruhigen, da ich die Wut in seiner Stimme höre.

       „In Zukunft werde ich wohl neben dir stehen müssen, damit die Männer dich in Ruhe lassen, Kaylee“, erklärt er mir und beugt sich zu mir hinunter. Sofort weiß ich, dass er mich küssen will.

       Sobald seine Zungenspitze über meine Lippen streicht, verschwinden alle Gedanken und es gibt nur noch ihn. Ohne darüber nachzudenken, öffne ich meinen Mund und gewähre ihm damit Einlass.

       Sein Kuss verführt mich.

       Ich gehe in ihm auf, wie ich es noch nie erlebt habe. Leider beendet er ihn viel zu schnell. Als Jayden sich ein Stück von mir löst, spüre ich wieder diese Leere in mir aufsteigen, die ich vorher noch nie so gespürt habe.

       „Wann kommt deine Freundin wieder?“

       „Lisa wird mit Sicherheit erst dann wieder aufkreuzen, wenn sie sich sicher ist, dass sie nicht mehr stört“, antworte ich leise, da ich nicht genau weiß, ob ich ihm das so sagen kann oder nicht. Ich bin aber auch nicht in der Lage lauter zu sprechen.

       Meine Gedanken sind immer noch bei unserem Kuss und mein Herz beruhigt sich einfach nicht. Diese Mischung sorgt dafür, dass ich nach Atem ringe.

       Obwohl wir uns in einer lauten Disco befinden, versteht er mich offenbar, denn er nickt kurz.

       Nur mühsam schaffe ich es, mich unter Kontrolle zu bekommen. Und jetzt fällt mir auch auf, dass er mich mit Namen angesprochen hat. Folglich weiß er auch, wer mein Vater ist. Ich horche in mich hinein. Es stört mich nicht so sehr, wie es vielleicht sollte. Schließlich hat er mir mit dem Kuss gezeigt, dass es ihm nichts ausmacht. Zumindest hoffe ich das.

       „Komm mit. Hier ist es mir zu laut“, ruft er mir zu und zieht mich im nächsten Augenblick mit sich zu mehreren Türen, die sich in einem kleinen Nebengang befinden. Eine von ihnen öffnet er mit einer Schlüsselkarte. Bevor wir den Raum betreten, erkenne ich den Rausschmeißer, der die beiden Männer dem Club verwiesen hat. Er steht zwei Schritte von uns entfernt. Jayden sagt etwas zu ihm und schiebt mich einige Sekunden später in ein riesiges Büro, dass komplett mit schwarzen Möbel eingerichtet ist.

       Bereits auf den ersten Blick erkennt man, dass es nicht sehr oft genutzt wird. Die Möbel sehen aus, als wären sie gerade geliefert worden. Die Arbeitsfläche des Schreibtisches beherbergt nur einen Block, einen Stift und einen Brieföffner. Das Sideboard, das dahinter steht, würde aus einem schwarzen und glänzend poliertem Holz gefertigt. Vor dem Ledersofa in der gegenüberliegenden Ecke steht ein kleiner Tisch, auf dem sich ein zierlicher Blumenstrauß befindet.

       Jayden schließt hinter mir die Tür und fährt sich nervös durch die Haare

       Was ist hier los?

       Eigentlich hätte ich damit gerechnet, dass er mich rausschmeißt, sobald er weiß, wer ich bin. Dass ich jetzt hier stehe habe ich nicht gedacht.

       Diesen Abend kann man nur als verrückt bezeichnen.

       „Ich habe das alles nicht geplant“, flüstert er und wendet sich von mir ab.

       Das ist der Zeitpunkt, an dem ich überhaupt nichts mehr verstehe. Am liebsten würde ich ihn fragen, was er mit seiner Aussage meint, traue mich aber nicht. Ein paar Sekunden steht er einfach so mit dem Rücken zu mir da. Zu gerne würde ich wissen, was in seinem Kopf vor sich geht.

       „Ich habe das alles nicht geplant“, wiederholt er. Keiner rührt sich oder sagt etwas. Ich weiß nicht, ob Sekunden oder Minuten vergehen. Als er sich endlich zu mir umdreht, verschlägt es mir die Sprache.

       In seinen Augen erkenne ich Unsicherheit und Sorge. Das sind Gefühle, die ich nicht mit ihm in Zusammenhang gebracht hätte. Dieser Mann, der überall so dargestellt wird, als würde es keine Situation geben, die ihn jemals zweifeln lassen würde, hat die Hände in den Hosentaschen vergraben, lässt die Schultern hängen und schaut mich mit einem Gesichtsausdruck an, der mir ein Stechen im Brustkorb beschert.

       Am liebsten würde ich ihn in den Arm nehmen, aber da ich nicht weiß, wie er darauf reagieren würde, stehe ich nur da und betrachte ihn. Dabei stelle ich fest, dass er im echten Leben sogar noch besser aussieht, als auf den ganzen Bildern. Seine Ausstrahlung ist noch stärker und seine Erscheinung noch imposanter.

       „Ich werde dir die Wahrheit sagen, weil ich finde, dass du es verdient hast.“

       Neugierig ziehe ich die Augenbrauen nach oben.

       „Ich habe dich heute nicht zum ersten Mal gesehen. Es gibt ein Bild von dir, dass ich stundenlang betrachtet habe.“

       Verwirrt lasse ich meinen Blick auf ihm ruhen.

       „Wovon sprichst du?“, frage ich ihn. Für mich ergeben seine Worte keinen Sinn.

       Sein Blick trifft meinen. Ich weiß ganz genau, egal, was jetzt passiert, diesen Augenblick werde ich niemals vergessen.

       „Triff dich morgen Abend mit mir zum Essen“, bittet er mich aus heiterem Himmel und kommt dabei ein paar Schritte auf mich zu.

       Dieser Mann verwirrt mich. Erst redet er von einem Bild und plötzlich will er sich mit mir zum Essen treffen? Ich komme nicht mehr mit.

       „Warum?“

       „Ich möchte mehr Zeit mit dir verbringen und so die Chance haben, dich kennenzulernen. Wahrscheinlich hast du keine Ahnung, wovon ich rede, wenn ich dir sagen,