dass er es jetzt tut. Auch wenn ich mir gedacht habe, dass es irgendwann auf den Tisch kommt.
„Man könnte sagen, dass ich die Rebellin in meiner Familie bin. Das war ich schon immer. Mich hat noch nie interessiert, was mein Dad sagt. Deswegen sind wir schon unzählige Male aneinander geraten. Ich war zwar etwas unsicher, ob ich in deinen Club kommen soll, aber ich habe mir noch nie etwas von meinen Eltern vorschreiben lassen“, erkläre ich ihm schließlich. „Beziehungsweise, es ist schon einige Jahre her.“
„Ich habe das alles so nicht geplant.“ Ich sehe ihm an, dass es ihm nicht leicht fällt, diese Worte auszusprechen. Und wieder frage ich mich, was hier eigentlich los ist.
Jayden sitzt mir gegenüber und schaut mich wie ein kleines Kind an, das Ärger bekommen hat. Er sieht verloren aus, auch wenn ich keinen Grund weiß, wieso er das sein sollte.
Ich löse nicht eine Sekunde den Blick von ihm. Jede Reaktion will ich mitbekommen. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass ich so mehr erfahre.
Über den Tisch hinweg greift er nach meiner Hand und sofort spüre ich wieder das Feuer in meinem Körper aufflammen. Als ich jedoch Schritte hinter mir höre, drehe ich mich um und sehe, dass Julie uns zwei Teller bringt.
Pizza!
Belustigt wende ich mich wieder Jayden zu, der mit den Achseln zuckt.
„Ich dachte mir, Pizza mag jeder“, erklärt er.
Schöner könnte dieser Abend gar nicht sein. Wir unterhalten uns über unsere Kindheit, unsere Schulzeit, machen Scherze und irgendwann fällt auch das Thema auf unsere Verflossenen. Als ich ihm von John, dem Kollegen meines Vaters, erzähle, schaut er mich unverwandt an.
„Wie lange seit ihr zusammen gewesen?“, erkundigt er sich. Dabei bekomme ich den Eindruck, dass es ihm nicht leicht fällt, darüber zu sprechen. Doch auch für mich ist das nicht einfach.
„Nur ein paar Monate.“ Ich kann es nachvollziehen, dass Jayden hellhörig geworden ist und deswegen mehr über meine Beziehung zu John wissen will. Schließlich ermittelt er auch gegen ihn.
„So wie ich deinen Vater einschätze, hat er sich sicherlich darüber gefreut.“
„Das hat er. Ich bin mir sogar sicher, dass er heimlich schon unsere Hochzeit geplant hat. Allerdings habe ich schnell gemerkt, dass so ein Mann nichts für mich ist. Er war immer freundlich und gut zu mir, aber leider auch in jeder erdenklichen Hinsicht wie mein Vater. Und das gefällt mir nicht.“
„Du standest an zweites Stelle.“ Es ist nur ein Satz. Doch damit zeigt er mir, wie gut er mich kennt.
„Wahrscheinlich kann man es so nennen“, antworte ich, nachdem ich kurz darüber nachgedacht habe. Doch es stimmt.
Mann kann es verrückt nennen, dass ich mich überhaupt mit ihm darüber unterhalte. Aber John war für drei Monate ein Teil meines Lebens. Auch wenn wir uns nicht sehr oft gesehen haben, da er immer Überstunden gemacht hat. Aber für mich gibt es keinen Grund, wieso ich es verheimlichen sollte. Auch, wenn ich ehrlich gesagt nicht sehr stolz darauf bin.
Ich genieße das Zusammensein mit Jayden. Jedes Mal, wenn er mich anlächelt, macht mein Herz einen Salto. Seine Anwesenheit trägt zu meinem Wohlbefinden bei.
Nach einer Weile kommt ein frischer Wind auf, sodass es kühler wird. Als Jayden mitbekommt, dass ich zittere, steht er auf, nimmt meine Hand und führt mich wieder in das Innere der Wohnung, wo wir das große Wohnzimmer betreten. Dort setze ich mich auf das riesige Sofa, während er verschwindet. Ich nehme an, dass er in der Küche ist, denn nach wenigen Sekunden kommt er wieder und hält zwei Gläser Wein in den Händen.
Noch nie habe ich mich in der Gegenwart eines Mannes, den ich noch nicht lange kenne, so wohlgefühlt. Wir teilen die gleichen Interessen, mögen dieselben Filme und Musik. Beinahe ist es so, als würden wir hier jeden Tag gemeinsam sitzen.
„Ich habe den Abend mit dir sehr genossen“, flüstert er, als ich mich mitten in der Nacht von ihm verabschiede. Am liebsten würde ich bei ihm bleiben, mich an ihn kuscheln und so einschlafen. Aber diesen Wunsch verscheuche ich schnell.
Er führt mich zum Aufzug. Sobald wir vor ihm stehen, legen sich seine Hände auf meine Hüften. Er steht so dicht vor mir, dass ich kaum noch einen klaren Gedanken fassen kann.
Darf ich so etwas überhaupt beim ersten Date fühlen? Sollten sich Gefühle nicht langsam entwickeln?
„Er ging leider viel zu schnell vorbei“, gebe ich zurück und schaue ihm dabei in die Augen.
Jayden beugt sich herunter und küsst mich zärtlich. Doch dieser Kuss wird schnell leidenschaftlicher und sorgt dafür, dass ich außer Atem bin, als er sich schließlich von mir löst. Sein Blick ist dunkler geworden, doch er macht keine weiteren Annäherungsversuche.
„Sehen wir uns in den nächsten Tagen?“, fragt er mich. Zur Antwort nicke ich nur. Gerne würde ich diesen Abend wiederholen und noch mehr Zeit mit ihm verbringen.
Jayden verschränkt seine Finger mit meinen und führt mich in den Aufzug, wo bereits Reylee auf mich wartet. Ich drehe mich noch mal zu Jayden um und gebe ihm einen sanften Kuss auf die Wange. Er entfernt sich ein paar Schritte von mir. Als die Türen sich schließen lächle ich noch einmal.
Kapitel 3
Dieses Date war anders, als alle, die ich in der Vergangenheit hatte. Das kann ich nicht von der Hand weisen.
Im Guten anders.
Jayden hat mich von der ersten Sekunde an tief berührt. Das hatte er schon im Club geschafft. Doch an diesem Abend war es noch ein wenig anders. Alleine, wie die Terrasse geschmückt war, hat mir gezeigt, dass er einen weichen Kern hat. Einen weichen Kern, denn wahrscheinlich nicht viele zu Gesicht bekommen. Trotzdem haben mein Bauch und mein Kopf mir geraten, vorsichtig zu sein. Schließlich läuft gegen ihn ein Strafverfahren.
Dieser Punkt stört mich allerdings nicht so sehr wie die Tatsache, dass es mein Vater ist, der gegen ihn ermittelt. Und nicht nur gegen Jayden, sondern auch gegen seinen Vater und seinen Geschäftspartner. Und ich kann ehrlich gesagt nicht einschätzen, wie mein Vater reagieren wird, wenn er davon erfährt, dass ich mich mit ihm getroffen habe.
Aber bei Jayden kann ich nicht vorsichtig sein. Mein Herz hat dafür keinen Grund gesehen und den finde ich auch jetzt noch nicht.
Ich seufze, während ich meinen Kopf auf den Küchentisch sinken lasse. Den ganzen Tag denke ich nun schon darüber nach und versuche eine Lösung zu finden. Aber ich habe das Gefühl, dass die Verzweiflung nicht besser wird.
Die letzte Nacht habe ich nicht viel geschlafen, weil ich immer wieder an den gestrigen Abend denken musste.
Ich bin froh darüber, dass Jayden mich nichts zu den Ermittlungen gefragt hat. Aber selbst wenn er dies getan hätte, ich wüsste darauf keine Antworten. Schließlich rede ich mit meinem Vater nicht darüber. Ich unterhalte mich eh nur selten mit ihm, aber darüber überhaupt nicht. Alles was ich weiß, weiß ich entweder aus der Zeitung oder von meiner Schwester Lynn. Sie wäre da die bessere Wahl gewesen.
Bei dem Gedanken, dass meine Schwester diesen Abend mit Jayden hätte verbringen können, werde ich sofort eifersüchtig. Sie ist all das, was ich nicht bin. Früher hat es mich gestört, dass sie immer bevorzugt wurde, aber mittlerweile interessiert es mich nicht mehr. Irgendwie finde ich es sogar gut, da meine Eltern so ihre Erwartungen an mich heruntergeschraubt haben. Ich brauche nicht mehr so zu tun, als würde ich mich für den Job meines Vaters interessieren und als würde ich das gleiche Leben wie meine Mutter führen wollen. Nein, das übernimmt jetzt meine Schwester. Sie möchte später all die Aufgaben übernehmen, die jetzt unsere Mutter macht. Dabei muss sie nur immer einen Schritt hinter ihrem Mann stehen und freundlich lächeln.
Ich weiß, dass er sich nicht mit ihr, sondern mit mir getroffen hat. Aber das Gefühl der Eifersucht lässt sich nicht ausschalten.
„Ich will alles wissen“,