Dirk Meinhard

Sonnenkaiser


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      Reinders-Winkelmann schaute Hurley überrascht an.

      >>Sie schaffen es endlich, die Zugänge von FreePeople ins Internet über russische Satelliten zu unterbinden?<<

      Die Kanzlerin setzte sich gespannt auf.

      >>Leider nein! Dazu müsste entweder Russland seine Position zu uns massiv ändern oder die Amerikaner ihre militärische Abenteuerlust in den Weltraum ausweiten und diese Satelliten ausschalten. Es wird sich also in dieser Hinsicht absehbar nichts ändern!<<

      Die Kanzlerin setzte zu einem genervten Augenrollen an.

      >>Machen Sie es nicht so spannend.<<

      Hurley schien die nächsten Momente zu genießen. Er betrachtete seine Fingernägel und zog dann die Mundwinkel hoch.

      >>GlobSecure hat eine neue Task Force gegründet, um Lohring endlich dingfest zu machen!<<

      Die Kanzlerin rollte mit den Augen.

      >>Sie gehen heute alle unsere Baustellen mit mir durch, oder? Unsere Freunde vom Service für innere Sicherheit. Ich könnte diese dumme Kuh von Vorgängerin samt ihrer Mandatsbande noch immer dafür steinigen, dass sie auch diesen Blödsinn durchwinken ließ. Aufgabe hoheitlicher Rechte und Übergabe von Sicherheitsaufgaben an private Unternehmen, aufgeweichte Waffengesetze. Wir haben mehr SecGuards im Land als Polizisten. GlobSecure besitzt mehr bewaffnete Jetkopter, als die Bundeswehr insgesamt an Fluggerät aufbieten kann.<<

      Wütend schlug sie mit der Faust auf ihre Armlehne und zuckte kurz zusammen, als ein Schmerz in ihren Unterarm schoss. Stirnrunzelnd rieb sie sich den Arm.

      >>Berichten Sie!<<

      >>Die Taskforce ist auf der Suche nach einem Mann, der eine für uns sehr nützliche Freundschaft zu pflegen scheint.<<

      Die Kanzlerin beugte sich interessiert nach vorne. Ihre schlechte Laune wirkte plötzlich wie weggefegt.

      >>Erzählen Sie mehr! Das klingt vielversprechend! Aber fassen Sie sich kurz. Wir sind gleich da!<<

      Hurley seufzte kurz und spulte seine Neuigkeiten in Rekordzeit herunter.

      5.

      >>Guten Abend, Minister Lauffert!<<

      Der Mann mit dem sichtlichen Übergewicht reichte dem Minister, einem behäbig wirkenden Endvierziger mit kinnlangen Haaren und einem dünnen Kotelettenbart, die Hand. Der Handschlag wurde mit weichem nachgiebigem Druck erwidert.

      >>Herr Raedick, ich freue mich, dass Sie es doch noch hierher geschafft haben.<<

      Laufferts Mimik drückte große Begeisterung aus. Kurz schielte der Umweltminister an Raedick vorbei, der ihn direkt am Ausgang des Sitzungssaals abgefangen hatte.

      >>Ja, es war mir wichtig, die Umweltminister von Spanien und Deutschland zu treffen und zu dem Thema dieser Tagung Ihre Meinungen persönlich zu hören, statt nur als Meeting Note.<<

      Lauffert nickte etwas zu übereifrig.

      Weitere Teilnehmer der Tagung strömten aus dem Ausgang und verteilten sich auf die Stehtische und Sitzecken. Ein großes Rudel Servicekräfte schwärmte sofort aus, um den Gästen die Auswahl des Catering anzubieten. Im Hintergrund erklang leise Musik.

      Raedick deutete in Richtung eines Panoramafensters gegenüber dem Sitzungssaal.

      >>Lassen Sie uns einen Platz suchen. Ich stehe nicht sehr gerne!<<

      Die beiden Männer hielten auf eine kleine Sitzgruppe, bestehend aus drei breiten dunkelroten Ledersesseln und einem kleinen Glastisch, zu. Raedick bestimmte mit seinem bedächtigen Gang aufgrund seiner Körperfülle das Tempo, schob dabei ungerührt einige Personen zur Seite.

      Bevor eine Frau in einem dunklen Hosenanzug Platz nehmen konnte, schob Raedick auch sie mit seiner Körpermaße weg und ließ sich in einen der Sessel fallen. Mit einem unwirschen Kommentar und einem stechenden Blick wich die Frau zum nächsten Stehtisch aus.

      >>Das war die Pressesprecherin der deutschen Kanzlerin!<<

      Lauffert schaute der Frau hinterher, die den Vorfall scheinbar schon wieder vergessen hatte und sich mit ihrem Smartphone beschäftigte.

      >>Sie hätte sich ja auf den freien Platz setzen können.<<

      Mit einem Taschentuch wischte Raedick sich über das füllige Gesicht.

      >>Lauffert! Ich freue mich, Sie wiederzusehen. Ich bin gerade rechtzeitig zu Ihrer Ansprache gekommen. Sie haben interessante Ansätze geliefert, wenn auch viele Fragen nicht beantwortet sind.<<

      Eine Servicekraft in schwarzer Hose und gestreiftem Hemd, die ein Tablett mit Gläsern auf einer Hand balancierte, umrundete mit elegantem Schwung eine kleine Gruppe, die in knappem Abstand von der Sitzecke stand und beugte sich leicht vor. Lauffert nickte dem Mann zu und nahm zwei Sektgläser von dem Tablett herunter.

      >>Konsistente Sicherheitsaspekte kontinentaler klimaneutraler Energieversorgung.<<

      Raedick nahm eines der Gläser entgegen, prostete Lauffert zu und nahm einen großen Schluck. Der Sekt war ihm zwar nicht trocken genug, aber er leerte das Glas trotzdem mit einem zweiten Schluck. Immerhin war das Messezentrum gut klimatisiert und er schwitzte unter seinem Anzug nicht allzu sehr.

      >>Wer kommt auf solche hochtrabenden Titel für Tagungen<<?

      >>Irgendeinen Namen muss das Kind ja haben. Und die Regierungen von Frankreich, Spanien und Deutschland haben ein klares Interesse an einer hundertprozentig sicheren und ökologisch einwandfreien Energieversorgung. Ihr Unternehmen trägt dazu maßgeblich bei.<<

      >>Ich habe Ihre Ideen bereits hinreichend nachgelesen und überdacht. Wen wollen Sie dafür begeistern, Milliarden auszugeben? Sollen unsere Kunden diese Rechnung bezahlen?<<

      Lauffert hob beschwichtigend die Hände.

      >>Natürlich ist der Bau zusätzlicher mehrerer tausend Wasserstoffkavernen samt Elektrolyteinheiten in diesen Ländern ein gewaltiges Unterfangen, aber notwendig, um eine mehrtägige Sicherheitsreserve aufzubauen. Und wir gehen von einem Planungshorizont von zehn Jahren aus.<<

      Raedick schüttelte den Kopf.

      >>Das wird noch ein steiniger Weg für Sie. Aber vielleicht finden wir einen Weg zu einem gesunden Kompromiss.<<

      >>Ich habe Ihren Vorstandskollegen Carné auch schon gesehen! Wird Herr Jacobs auch noch eintreffen?<<

      Der Umweltminister deutete zu einer Gruppe von Männern, die ein Stück weiter in angeregter Unterhaltung standen. Ein Mann mit fast klassisch anmutenden Gesichtszügen, denen eines Schauspielers aus den Fünfzigerjahren nicht unähnlich, und dichtem schwarzen Haarschopf stand in einem perfekt sitzenden mittelgrauen Anzug neben einem kräftigen Mann mit fleckiger Kopfhaut, schütterem nach hinten gekämmten grauen Haaren und buschigen Augenbrauen, der trotz seiner dem Anlass angemessenen Kleidung eher wie ein Türsteher in einer Vorstadtdisco wirkte.

      Der Schauspielertyp war Carné, Vorstandsmitglied von DesertEnergy, zuständig für das Geschäft in Frankreich. Der Vorstadtgorilla hieß Henderson, der einen solchen Posten bei GlobSecure bekleidete. Während der erste eine geradlinige Karriere in europäischen Finanzunternehmen absolviert hatte, bevor er den Weg zu DesertEnergy gefunden hatte, hatte Henderson eine militärische Laufbahn hinter sich gebracht, bis er aus einer Position als Major im NATO-Verbund in eine der bestbezahlten Positionen der europäischen Unternehmenslandschaft wechselte. Ihm wurde nachgesagt, er hätte sogar einige Jahre bei der Fremdenlegion verbracht und recht erfolgreich vor der asiatischen Küste Piraten gejagt.

      >>Nein, unser Vorstandsvorsitzender hat neben einigen internen wichtigen Terminen heute und morgen Besuch vom ägyptischen Staatsminister. Es geht um die Erörterungen zum Aufbau von Beziehungen für