Dirk Meinhard

Sonnenkaiser


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nickte verständig. Er beugte sich vor und sprach etwas leiser weiter, als er sich nahe genug an Raedicks fleischigem Ohr befand. Der Mann dünstete eine Geruchswolke mit einer Mischung aus einem wahrnehmbaren Schweißgeruch und einem Rasierwasser mit einer fruchtigen Note, ähnlich einem überreifen Apfel, aus. Lauffert schien das nicht im Geringsten zu stören.

      >>Wir werden Ihnen bezüglich der Förderanträge von Vattengreen und RWE Solar keine Nachteile bescheren.<<

      Zwei Männer blieben vor der Sitzecke stehen, nickten den beiden freundlich zu und wanderten ins Gespräch vertieft weiter.

      >>Wenn man vom Teufel spricht!<<, schnaufte Raedick.

      >>Vielleicht hätte ich die beiden Herren von Vattengreen mal fragen sollen, wie ihre Verhandlungen mit Griechenland bezüglich ihrer neuen HGÜ-Leitung verlaufen!<<

      Ein leicht abfälliges Grinsen schlich sich in Raedicks Gesicht.

      >>Wo ist eigentlich Ihre Kanzlerin? Ich habe sie im Saal gesehen, aber die Regierungsgesandten scheinen ja bis auf wenige Ausnahmen lieber unter sich zu bleiben.<<

      Er schaute sich suchend um.

      >>Frau Reinders-Winkelmann hat unerwartet Besuch von einem Funktionär aus Brüssel bekommen. Die beiden haben sich in einen der Besprechungsräume zurückgezogen. Es scheint sich um eine dringende Angelegenheit zu handeln. Haben Sie einen Termin mit ihr?<<, fragte Lauffert.

      >>Während dieser Veranstaltung nicht. Aber Herr Jacobs wird mit ihr in ein paar Wochen über die Verteilung der zusätzlichen Strommengen sprechen, die bald über die erweiterten HGÜ-Leitungen aus Marokko nach Europa fließen.<<

      Raedick schaute sich weiter um, entdeckte aber keinen weiteren interessanten Gesprächspartner. Konversation mit Lauffert war nett, aber nach gewisser Zeit langweilte sie ihn einfach. Der Mann war nützlich, mehr nicht. Nach seiner politischen Karriere würde er einen gut bezahlten Posten im Wirtschaftsgremium von DesertEnergy in Brüssel bekommen, aber dafür musste der Minister noch ein wenig strampeln und die Konkurrenz von DesertEnergy bremsen, was ihm recht gut gelang.

      >>Ich bin immer wieder davon beeindruckt, wie engagiert DesertEnergy den Ausbau seiner Kapazitäten betreibt<<, setzte der Umweltminister seine Gefallensstrategie fort.

      >>Wir wollen die absolute Nummer Eins der Energieversorger werden. Das wird man nicht durch Stillhalten. Aber dank Ihnen ist der Weg nicht ganz so steinig.<<

      Lauffert kniff kurz etwas zu vertraulich ein Auge zu und beugte sich leicht vor.

      >>Der Neuentwurf des Gesetzes zum Betrieb von regionalen Stromerzeugern wird Ihnen sehr entgegenkommen! Ein paar Steine weniger!<<

      Sven Raedick nickte dem Umweltminister zu, während der weitersprach.

      >>Das Gesetz ist auch in Bezug auf die Sicherheitsaspekte relevant. Wenn lokale Versorger ausfallen, kann das sehr bedenkliche Auswirkungen haben. Dann wäre es gut, wenn diese abgeschotteten Versorgungsnetze wieder an das landesübergreifende Netz angeschlossen wären.<<

      >>Ich kann Ihnen da nur beipflichten. DesertEnergy wird in absehbarer Zeit in der Lage sein, das europäische Stromnetz mit deutlich größeren Energiemengen zu beliefern. Dann macht es Sinn, auch die autonomen Kleinversorger durch uns unterstützen zu lassen. Und Sie als Umweltminister sehen ohnehin auch die ökologische Relevanz.<<

      Lauffert nickte eifrig.

      >>Ja, gerade die sogenannten Biogasanlagen sind immer noch ein Problem bezüglich der CO2-Problematik. Wir haben unsere Ziele noch nicht erfüllt.<<

      Schwerfällig erhob sich Raedick, als er endlich den Mann entdeckte, mit dem er unbedingt noch sprechen wollte.

      >>Lassen Sie uns das noch einmal in Ruhe erörtern. Was halten Sie davon, wenn Sie mich nächste Woche auf meiner Jacht besuchen? Sie könnten mich auf einer kurzen Reise von Marseille nach Barcelona begleiten. Dann hätten wir genug Zeit, uns eingehend zu unterhalten.<<

      Der Umweltminister strahlte über das ganze Gesicht, während er aufsprang und Raedicks breite Hand schüttelte.

      >>Diese Einladung werde ich nur zu gerne annehmen. Ihr Schiff soll ja sehr eindrucksvoll sein. Und ein Brennstoffzellenantrieb. Das würde ich mir nur zu gerne einmal ansehen.<<

      >>Lassen Sie uns in der nächsten Pause noch einmal ein wenig reden! Jetzt muss ich dringend noch jemand begrüßen!<<

      Er drückte sich aus seinem Sessel, stapfte davon und ließ Lauffert stehen. An der dem Tagungssaal gegenüberliegenden Seite des Raumes befanden sich einige kleine Besprechungsräume, hinter deren Milchglasscheiben genügend Anonymität und Ungestörtheit zu finden war. Mehrere Sicherheitskräfte riegelten den Bereich ab und sorgten zusätzlich für Zugangsbeschränkungen zu diesen Räumen.

      An einem einzelnen Stehtisch direkt davor stand jetzt Henderson neben einem zweiten groß gewachsenen Mann mit stoppelkurzen dunklen Haaren und einem Drei-Tage-Bart. Unter dem Sakko konnte man die kräftige Statur gut erkennen. Die beiden Männer wirkten fast wie Brüder, waren aber nur beruflich miteinander verbunden.

      >>Herr VanDreed! Was für eine Überraschung!<<

      Den Wettbewerb um den kräftigeren Händedruck verlor Raedick eindeutig. Der eher wie ein Soldat wirkende Vorstandsmanager von GlobSecure, nickte mit kühler Freundlichkeit, in die sich ein Hauch von Spott mischte.

      >>Schau an! Einer unserer Sonnenkaiser! Wie gefällt Ihnen die Show da drinnen? Wird ganz schön teuer für Sie, wenn Reinders-Winkelmann und Präsident Benoir diese Sicherheitsreserven durchsetzen.<<

      Raedick zuckte mit den Schultern. Der andere GlobSecure-Manager schaute auf sein Smartphone, nickte beiden Männern kurz zu und schlenderte in Richtung der Besprechungsräume.

      >>Zum Glück sind solche Entscheidungen auf Parlamentsebene nicht einmal in Brüssel zeitnah umsetzungsfähig.<<

      Eine Augenbraue in Raedicks Gesicht zuckte kurz.

      >>Und notfalls gibt es noch den Kapitalfondsvertrag?<<, stichelte sein Gegenüber.

      >>Würden Sie auf eigene Kosten das Sicherheitsniveau der Windparks in Marokko und Algerien steigern? Dachte ich mir! Das Thema für den Nachmittag wird daher ganz ihren Geschmack treffen. Der spanische Verteidigungsminister referiert zusammen mit seinem Think Tank über optimierte militärische Absicherung der europäischen Energienetze. Da wird dann Ihr Einsatzpotenzial optimiert, nach gleichen Prinzipien.<<

      VanDreed rang sich ein Grinsen ab.

      >>Auf diesen Tagungen wird viel heiße Luft produziert. Politische Wichtigtuer versuchen hier zu glänzen, weil sie ansonsten nicht viel bewegen können. Sobald die Kapitalfonds mit Blick auf die Erträge kurz mit den Verträgen winken, ist ganz schnell wieder Ruhe!<<

      VanDreed deutete in Richtung von Umweltminister Lauffert, der sich zu Carné gesellt hatte und gestikulierend erzählte. Kurz überzeugte er sich davon, dass niemand zu nahe bei ihnen stand, um zuhören zu können.

      >>Haben Sie sich zu unserem gemeinsames Projekt schon Gedanken gemacht?<<

      Der DesertEnergy-Manager stockte kurz, überrascht von dem Themenwechsel, der überhaupt nicht an diesen Ort passte.

      >>Ja, das habe ich! Aber ich glaube, wir sollten das nicht hier erörtern! Ich bin in ein paar Tagen in Barcelona und kann zu Ihnen nach Madrid fliegen, um das Vorgehen im Detail durchzusprechen!<<

      In Raedicks Augen funkelte es.

      >>Das wird ein kleines Erdbeben auslösen! Und vieles sehr einfach machen!<<

      >>Erdbeben? Das wäre eine Katastrophe für unsere Energieparks! Wovon sprechen Sie?<<

      Der starke französische Akzent ließ Raedick zusammenzucken. Carné tauchte plötzlich in seinem Gesichtsfeld auf und grinste ihn an.