J.D. David

Sonnenfeuer


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General Taskor.“, sagte sie und ging dann weiter auf Berlan zu.

      „Sonya!“, sagte noch Hega, die auch deutlich überrascht schien, um die Prinzessin zurück zu halten, doch Sonya ließ sich nicht beirren. Sie ging auf Berlan zu, bis sie nur noch zwei Schritte von ihm entfernt war und knickste dann vor dem Hünen leicht.

      „Mein Herr von Fendron. Im Namen meiner Mutter, der Königin von Kargat und des Volkes von Kargat bitte ich um Euren Schutz in den Mauern Dornats. Lange hörte ich von den Taten Eurer Männer. Während große Teile unseres Landes in euch nur Räuber und Vagabunden sahen, habe ich immer öfter vernommen, dass es nur die Reichen und Mächtigen waren, die eure Opfer wurden. Und das selten Gewalt gebraucht wurde, wenn es nicht notwendig war. Wenn ihr euch in der Tat als Beschützer unseres Volkes seht, dann bitte ich Euch darum, uns hier in Dornat aufzunehmen. Doch ich bitte Euch um mehr: Dieses Land ist noch nicht verloren. Es brennt unter dem Banner der Sonne, doch so lange es Männer und Frauen gibt, die an Kargat glauben, besteht unser Land. Helft uns, diesen Krieg zu führen, auf dass unser Volk nicht unter dem Joch des Kaisers leiden muss. Wenn wir obsiegen, soll die Herrschaft des Adels nicht mehr die Gleiche sein, wie vorher. Auf dass sich Banden wie das Nachtrudel nicht bilden müssen.“

      Die sanfte Stimme der Prinzessin schwang durch die Halle und zog absolute Stille nach sich. Von den Worten Sonyas waren wohl sowohl die anwesenden Räuber, als auch Taskor, Hega und ihre Begleiter sowohl überrascht, wie auch beeindruckt. Doch es war die Königin, die als nächstes reagierte und nach vorne ging, um sich neben ihre Tochter zu stellen. Vielleicht war es eine Nachwirkung der Worte Sonyas, vielleicht auch das sichere Auftreten Hegas, aber als sie sich vor Berlan stellte, neigte dieser den Kopf und verbeugte sich vor ihr.

      „Berlan. Wir kennen uns nicht. Dennoch erkenne ich einen Mann der Ehre in dir, trotz deiner Taten gegen meinen Mann und das Reich. Doch wie du schon sagtest: der Feind ist nun ein anderer. Ich schließe mich den Worten meiner Tochter an. Wenn du und deine Männer uns zur Seite stehen, sollen alle eure Verbrechen vergessen sein. Denn es gilt Kargat zu befreien, egal wie gering unsere Hoffnung auch sein mag.“

      Berlan schaute auf und wollte anscheinend etwas antworten, als auch Taskor an die Seite der beiden Frauen trat.

      „Wenn du der Kopf hinter dieser Anlage bist, dann gilt dir meine Hochachtung. Gegen jemand, der seine Männer so führt, will ich nicht gerne kämpfen. An dessen Seite sehe ich aber noch Hoffnung für Kargat.“

      Berlan richtete sich auf und streckte seinen Rücken durch. Sein Blick wanderte über die drei, blieb aber schließlich bei Hega stehen.

      „Königliche Majestät, ich habe mit voller Überzeugung gegen Euch und Euren Mann gekämpft, da das Volk unter der Gier und der Macht des Adels gelitten hat. Und um Fehler aus meinem vorherigen Leben wieder gut zu machen. Doch ich werde mir Eure Worte zu Herzen nehmen. Ich muss darüber nachdenken.“, antwortete er. Dann wandte er sich an den Jungen neben ihn.

      „Sivert, bitte führe unsere Gäste in die alte Schmiede. Dort sollte man ein gutes Lager für sie einrichten können. Rufus, darum wirst du dich kümmern.“, befahl Berlan. Der Junge nickte nur und quittierte die Anweisung mit einem kurzen „Ja, Vater!“ Dann wandte sich der Hauptmann an den alten Mann neben ihn.

      „Felbart. Lass die Männer wissen, dass diese Leute meine Gäste sind, und nicht unsere Gefangenen. Sie sollen entsprechend behandeln werden.“ Der Räuber nickte wortlos, bevor sich Berlan wieder an Hega wandte.

      „Königliche Majestät, Ihr werdet hier Schutz und Unterschlupf finden. Gebt mir eine Nacht, dann werden wir wieder sprechen.“

      Hega nickte mit einem Lächeln. „Ich danke dir, Berlan, für die Gastfreundschaft.“

      Berlan schaute auf seine rechte Hand hinunter. Es hatte die gesamte Nacht geregnet, und so lag Dornat in Schlamm und Wasser unter ihm, die Feuer waren erloschen. Trotz des aufkeimenden Frühlings war es ein kühler Morgen, und er hatte sich seinen Fellumhang umgelegt, bevor er auf die alte Mauer gestiegen war. Oft hatte er hier oben gestanden, auf das Lager geschaut, das er geschaffen hatte, und an all seine Taten gedacht. Gute wie Schlechte.

      Er meinte das Blut an seiner Hand kleben zu sehen. Zu viel Blut, das er vergossen hatte, aus Hass, Neid und Eitelkeit. Leid, das er über seine Heimat gebracht hatte. Valorien und Fendron. Dennoch hatten diese falschen Taten ihn zu dem Mann gemacht, der er heute war. Die Taten, und Elsa. Wie oft hatte er hier schon gestanden und überlegt, was sie nun über ihn denken würde. Ob sie ihn von irgendwo her beobachtete. Ihre gemeinsame Zeit war zu kurz gewesen, und dennoch hatte sie ihn für immer geprägt.

      Er schaute auf und blickte zum Horizont nach Norden. Fern der weiten Ebenen vor Dornat, über dem Horizont hinaus lag Valorien. Mit jedem Jahr hatte er weniger an die alte Heimat denken müssen, und dennoch verließ ihn das Gefühl auch nicht, eines Tages doch zurück zu kehren. Gleichzeitig dachte er an den Abschied aus dem Reich seines Vaters. Der König hatte es als Gnade verstanden ihm das Leben zu schenken. Doch für ihn war es die größte Strafe gewesen, die er sich vorstellen konnte. Verbannt, alleine, ohne Macht, ohne Männer, zurückgelassen. Ohne Ziel und Richtung. So war er durch das benachbarte Kargat geirrt, hatte sich durchgeschlagen, irgendwie. Erst als er Elsa getroffen hatte, hatte sich alles geändert. Sie hatte ihn geändert. Er dachte, er hätte Frieden gefunden. Mit ihr und Sivert. Es schien so unwirklich, bei all dem, was er erlebt hatte. Wer er war. Dennoch war dieses bisschen Frieden und einfaches Leben vielleicht ein gnädiges Ende. Doch das Schicksal hatte andere Pläne.

      Wenn der Herr seiner neuen Heimat nicht noch mehr Steuern hätte pressen wollen, würde er wohl nicht hier stehen. Doch er tat es, und Menschen starben. Elsa starb. Erst hatte Berlan gedacht, dass ihn Rache trieb. Rache und Hass, wie einst, in Fendron. Doch an der Seite seiner neuen Kameraden erkannte er, dass es sich nicht lohnte, für Rache zu kämpfen. Es lohnte sich aber für jene zu kämpfen, die sich nicht wehren konnten. Obwohl es Genugtuung war, dem Mörder seiner Frau die Klinge in den Leib zu rammen, erschien es noch sinnvoller, all das Gold wieder unter dem Volk zu verteilen. Es schien das Richtige. Es schien, als hätte Elsa es so gewollt. Damals hatte er nicht absehen können, dass er dereinst an dieser Stelle stehen würde.

      Jahr um Jahr wurde ihre Bande größer. Der König wurde aufmerksam auf sie, die Reichen und Mächtigen begannen sie zu fürchten und mit der Präzision und Führungskraft eines Heerführers baute er die Truppe auf, die sich nun das Nachtrudel nannte. Dornat war die Idee von Felbart, seines ersten Gefährten, gewesen. Es hatte sich als Glücksgriff erwiesen, nachdem Berlan die Ängste und den Aberglauben seiner Männer bekämpft hatte. Und nun war die Königin von Kargat innerhalb seiner Mauern und bat ihn, nicht mehr gegen die Krone Kargats zu kämpfen, sondern für sie?

      „Hauptmann.“, hörte er die Stimme von Rufus. Berlan drehte sich um und erkannte Hega und Taskor, die sich auch mit Umhängen vor der Kälte schützten. Ohne seine schwarze Rüstung wirkte der General fast wie ein einfacher alter Mann. Nur in seinen Augen erkannte man das Feuer des Kampfes. Auch die Königin wirkte weniger majestätisch. Beide waren in einer verzweifelten Lage. Doch diese Verzweiflung hatte er auch einst gefühlt. Der Grund waren die Diener jener Krone gewesen. Diener, wie General Taskor.

      „Danke Rufus. Du kannst uns alleine lassen.“, antwortete Berlan bestimmt und der Mann wandte sich mit einem Nicken ab.

      „Berlan, hast du über meine Worte nachgedacht?“, fragte die Königin direkt hinaus, als sie sich mit Taskor zusammen neben Berlan auf die Mauer stellte.

      „Ja, das habe ich, königliche Majestät.“, sagte er und wandte seinen Blick wieder über das weite Land, das zu ihren Füßen lag. „In den letzten Jahren hatte Kargat einen großen Feind: Euren Mann, den König und seine Marionetten, die über das Land herrschten. Unnötige Kriege, Eitelkeit, Raffgier und Brutalität forderten den Zoll von Eurem Volk. Nun stellt Ihr Euch vor mich und fordert, genau dieses Volk zu schützen? Ich tat das all die letzten Jahre, während Ihr in Härengar gespeist und gefeiert habt. Die Männer des Kaiserreiches behaupten von sich, dass das Feuer der Sonne Läuterung sei und Frieden bringt. Vielleicht haben sie Recht. Vielleicht war es Zeit, dieses Land wie eine Wunde auszubrennen. Also, wieso sollte ich Euch helfen, königliche Majestät?“

      Hega erkannte,