J.D. David

Sonnenfeuer


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die Männer an, die an seiner Seite die Schwarzen Pfeile befehligten. Einst eine Einheit aus Freital, waren sie nun der größte Widerstand gegen Celan, wenn man den Herzog von Fendron und den Reichsverweser Alois außen vor ließ. Dennoch waren es alles alte Männer. Auch er selbst spürte, dass der Zahn der Zeit an ihm nagte. Wenn sie Rethas befreien wollten, musste es bald geschehen. In einem oder zwei Jahren konnte es in der Tat zu spät sein. Nun war Frühling. Es war ein guter Winter gewesen. Die Männer waren stark und zahlreich. Sie hatten zwei wertvolle Geiseln. Die Stärke Tandors schien ihren Höhepunkt überschritten zu haben. Oder das Augenmerk Celans war nicht mehr auf das Herzogtum im Südosten gerichtet. Er nickte.

      „In Ordnung. Ihr habt Recht. Wir müssen unserer Aufgabe folgen. Wann, wenn nicht jetzt, gilt es Rethas zu befreien.“, sagte Arthur. „Und es muss in Freital beginnen. Wir werden die Stadt befreien, und von dort aus das Herzogtum. Wir müssen jeden Rethaner davon überzeugen, für uns zu kämpfen. Stadt für Stadt werden wir befreien, bis wir in der Halle von Grünburg sitzen.“

      „Oder unter der Erde.“, sagte Wanfried, blickte aber grimmig entschlossen. Die anderen Männer nickten, bis Rogard aufstand und die Klinge zog.

      „Treu und Ehr!“, rief der junge Mann und die Älteren erhoben sich und zogen die Schwerter aus den Scheiden.

      „Valorien!“

      Kapitel 9

      Lumos trieb sein Pferd voran. Hinter ihm hörte er die Hufe seiner Männer. Drei Tage lang hatten sie die Spuren verfolgt. Die Spuren der geflohenen Priesterin und ihrer Anhänger, die den Irrglauben in den Ländern seines Vaters verbreitet hatten. Ein Verbrechen, auf das es nur eine Strafe gab: den Tod. Er würde derjenige sein, der das Land von dieser Geißel befreien würde. Es säubern.

      Lumos musste sich regelmäßig ducken. Der Weg führte sie durch ein dichtes Waldgebiet in den nördlichen Ausläufern des Dämmertan. Dennoch wusste er, dass sie auf dem richtigen Weg waren. Es hatte Wochen gedauert sie zu finden. Eine Priesterin, die in den einstigen Kronlanden von Dorf zu Dorf zog. Die Leute hingen ihr an den Lippen. Selbst unter größter Folter hatte kaum jemand ihm erzählen wollen, wo er sie finden konnte. So überzeugt waren die Menschen von ihrem Glauben an diese Götter. Doch als er und seine Männer eine Fährte gefunden hatten, hatten sie sich festgebissen, wie Bluthunde. Egal wie viele Gläubige die Frau um sich scharen konnte, er hatte fast hundert Reiter hinter sich. Sie würde sich nicht mehr schützen können. Oder verstecken. Ihr Weg nach Westen, nach Fendron, war wohl die einzige Chance. Doch Lumos würde sie finden. Diesseits oder jenseits der Gronde.

      Mit einem Ruck am Zügel führte er sein Pferd in schnellem Galopp um die letzte Wegbiegung, bevor der Wald sich lichtete. Vor ihm tat sich ein Fluss auf, jedoch führte der Weg direkt zu einer Furt. Dies war also die Gronde, Grenze des Reiches seines Vaters. Er hatte nicht gedacht, dass sie schon so weit gekommen waren. Lumos hielt sein Pferd an, und seine Männer sammelten sich hinter ihm. Denn sie waren nicht alleine am Fluss.

      „Mein Herr, wir sollten umkehren.“, hörte Lumos die mahnende Stimme von Golbert neben sich. Auch er hatte die Soldaten auf der anderen Seite des Flusses gesehen. Ein großes Banner verriet, dass es herzogliche Truppen waren: Die Efeuranke und der blaue Stern auf weißem Grund bestand seit hunderten Jahren als Wappen der Familie von Forgat. Doch vor wenigen Jahren hatte er das Wappen erweitern lassen, um das goldene Dreieck der Trias, das zwischen den Spitzen des Efeus prangte. Jeder sollte sehen, dass Fendron von der Trias gesegnet und geschützt war.

      „Wieso?“, fragte Lumos kalt und schaute auf die andere Flussseite. Die Soldaten Fendrons beobachteten sie, machten aber keine Anstalten, ihnen entgegen zumarschieren, oder gar einen Angriff zu provozieren.

      „Euer Vater hat befohlen, unsere Aufgabe innerhalb der Grenzen Tandors zu vollenden. Wir haben diese Priesterin verjagt und ihre Jünger gefunden und bestraft. Es scheint mir, als könnten wir erfolgreich nach Taarl zurückkehren. Oder unser Land weiter absuchen.“, versuchte Golbert es positiv zu fassen. Das Argument, er wolle keinen unnötigen Kampf gegen Fendron vom Zaun brechen, ersparte er sich. Er glaubte nicht, dass dies bei Lumos auf offene Ohren stoßen würde.

      „Das werden wir sehen.“, sagte Lumos und trieb sein Pferd langsam nach vorne in den Fluss hinein. Golbert schaute dem jungen Mann ungläubig nach, signalisierte dann aber den anderen Reitern, ihm zu folgen. Immerhin würde er seinen Kopf nicht lange behalten, wenn Lumos von fendronischen Soldaten gefangen genommen würde.

      In dem Moment, als die Pferde in den Fluss ritten, bewegte sich auch etwas am anderen Ufer. Die Fußsoldaten öffneten eine Passage und mehrere Reiter preschten nach vorne in die Furt hinein. Ihnen folgten weitere Fußsoldaten, um sie zu flankieren.

      Die Reiter wurden von einem Mann in einer glänzenden Rüstung angeführt: Forgat von Fendron. Er trug die braunen Haare lang, die trotz seines Alters noch dicht waren und nur vereinzelt von grauen Strähnen durchzogen waren. Sein Blick wirkte entschlossen, als er Lumos musterte. Im Vergleich zu den meisten anderen Kriegern hing an seinem Gürtel kein Schwert, sondern ein Streitkolben, dessen Schlagfläche das goldene Dreieck der Trias bildete. Neben ihm ritt eine Frau auf einem Schimmel. Ihr Gesicht verriet ihr vorangeschrittenes Alter. Doch die Haare waren ebenschwarz wie eh und je und ihr Körperbau wirkte noch jugendlich. Sie trug ein weites, weißes Kleid, das voll von goldenen Stickereien waren. Direkt hinter den beiden ritt ein Bannerträger mit einem prächtigen herzoglichen Wappen, flankiert wurden sie von schweren Reitern, die geschlossene Rüstungen trugen. Mit den Soldaten am Ufer standen Lumos bestimmt zweihundert Gegner entgegen.

      In der Mitte des Flusses hielten die Reiter beider Seiten inne, sodass Lumos und Forgat nur noch wenige Schritte trennten. Der Thronfolger von Tandor ließ sein Pferd noch einige Schritte nach vorne traben, sodass er vor seinen Männern stand, und so tat es ihm auch Forgat nach, bis sich die Pferde fast berührten.

      „Lumos!“, begrüßte Forgat den jüngeren Mann kalt.

      „Forgat. Du versperrst mir den Weg.“, sagte Lumos ruhig.

      „Ich glaube, dein Weg endet hier. Kehr um nach Taarl und sag deinem Vater, dass dieses Land unter dem heiligen Schutz der Trias steht und er es niemals sein Eigen nennen wird. Ich glaube, das kann Celan nicht oft genug hören.“

      Lumos lächelte verächtlich und ließ dann seinen Blick zu der Priesterin wandern, die er musterte. „Ich habe diese Hexe gejagt, die an deiner Seite reitet. Wenn du sie uns gibst, befehle ich meinen Männern umzukehren.“

      Forgat zog seine Augen zu Schlitzen zusammen. „Alisa ist nicht nur die Hohepriesterin der Trias in Fendron, sondern steht auch unter meinem persönlichen Schutz.“

      „Dann sollte sie in Fendron bleiben.“

      Forgat antwortete nicht direkt. Er verharrte auf der Stelle und hielt die Tandorer genau im Auge. Es war eine Pattsituation, wo jeder falsche Zug zu einer Katastrophe führen konnte. Aber er wusste mehr Männer hinter sich. Und die führende Kraft Thorians.

      „Lumos. Verschwinde. Du wirst in Fendron nur Blut finden. Aber ich will keinen Kampf mit dir. Geh einfach.“

      Noch immer machte Lumos keine Anstalten sich zu bewegen. Sein Blick blieb auf Alisa behaftet, als höre er Forgat gar nicht. Er spürte, wie der Herzog unruhiger wurde. Ob er wohl Angst hatte? Lumos wusste, dass er selbst ein guter Kämpfer war. Er war sich sicher, dass dies auch über die Grenzen Tandors hinaus bekannt war. Aus dem Augenwinkel erkannte er, wie Forgat langsam seine Hand zum Gürtel führte, um die Befestigung des Streitkolbens zu lösen.

      „Euer Gnaden, wir sollten nun gehen.“, hörte Lumos auf einmal erneut Golberts Stimme. Der Freiherr hatte zu ihm aufgeschlossen. Lumos fluchte innerlich. Fast hätte er Forgat da gehabt, ihn anzugreifen. Ein Kampf, den der Herzog nur hätte verlieren können, dessen war er sich sicher. Doch das Eingreifen Golberts schien die Situation zu verändern, denn er spürte, wie Forgat sich entspannte.

      Lumos schaute noch einmal zu der Priesterin und spuckte aus, dann wendete er sein Pferd. Er fokussierte mit seinen Augen noch den Herzog, bevor er den Blick abwandte und durch eine Gasse seiner Reiter ritt, die sich ihm öffnete. Wortlos.

      Forgat